Die Protestaktionen gegen einen erneuten Atommülltransport über den Hafen Nordenham nehmen konkrete Formen an. Bei einem Treffen der im Arbeitskreis Wesermarsch organisierten Atomkraftgegner wurden jetzt erste Aktionen besprochen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Beobachtungsgruppe, wie Hans-Otto Meyer-Ott vom Arbeitskreis Wesermarsch mitteilt, denn die Route und der Termin des jüngst genehmigten Transports unterliegen – wie berichtet – der Geheimhaltung.
Die Beobachtungsgruppe soll deshalb unter anderem die Vorbereitungen im Privathafen von Rhenus Midgard in Nordenham beobachten, wo schon in der Vergangenheit mehrfach hochradioaktive Fracht umgeschlagen wurde. Laut Meyer-Ott werden für den Weitertransport der rund 115 Tonnen schweren Castor-Behälter von Nordenham ins Zwischenlager Biblis spezielle Bahnwaggons benötigt. Werden sie bereitgestellt, ist das ein Zeichen, dass der Transport der Castor-Behälter kurz bevorsteht.
Ein weiterer Beobachtungsgegenstand ist das Geschehen in Sellafield. Der Arbeitskreis geht davon aus, dass das für den Transport von hochradioaktivem Material ausgerüstete Spezialschiff „Oceanic Pintail“ zum Einsatz kommt. Der 1987 gebaute Frachter fährt unter der Flagge Großbritanniens und machte schon mehrmals in Nordenham fest. Unter anderem 2012 und 2015 soll er dort Berichten zufolge mit abgebrannten Brennelementen aus einem Berliner Forschungsreaktor beladen worden sein. Sein Heimathafen ist Barrow-in-Furness, eine gute Autostunde von der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield entfernt.
Protestaktionen entlang der Strecke
Macht sich der Frachter mit dem Atommüll aus Sellafield auf den Weg, bleiben dem Arbeitskreis laut Meyer-Ott drei bis vier Tage, um Atomkraftgegner für die geplanten Protestaktionen in Nordenham und entlang der Strecke zu mobilisieren. Neben Aktionen in Nordenham seien unter anderem Mahnwachen in Bremen und Oldenburg geplant, „um zu vermitteln, dass hier etwas Illegales geschieht“. Gemeint ist das Vorhaben, Atommüll aus der Wiederaufarbeitung im Zwischenlager des Atomkraftwerks Biblis einzulagern, das ausschließlich für die eigenen Atomabfälle gebaut und genehmigt worden sei.
Was Atommülltransporte für eine Region bedeuten, wissen vor allem die Menschen im Umfeld des Zwischenlagers Gorleben. Um einen Eindruck davon zu vermitteln, will der Arbeitskreis den langjährigen Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke, zu einer öffentlichen Veranstaltung in die Wesermarsch einladen. 2019 erschien sein Buch „Der Kastor kommt. Eine Beziehungsgeschichte“.
Laut Meyer-Ott nahmen an dem Treffen des Arbeitskreises Vertreter von Initiativen aus der gesamten Region von Wilhelmshaven bis Bremen und von Cuxhaven bis Oldenburg teil. Bevor der Transport stattfinden kann, waren sie sich einig, müsse auf alle Fälle eine berufsgenossenschaftliche Überprüfung auf der „Oceanic Pintail“ durchgeführt werden, um die Sicherheit der Besatzung, der übrigen Beteiligten und der Bevölkerung zu gewährleisten. Hintergrund sind die Erfahrungen mit der „Atlantic Osprey“.
Noch sechs Jahre, nachdem die französische Atomaufsicht ASN erhebliche Mängel bei der Handhabung, Beförderung und Entladung sowie beim Schutz der Besatzung vor einer Strahlenbelastung festgestellt hatte, durfte die mit plutoniumhaltigen MOX-Brennelementen beladene „Atlantic Osprey“ im September 2012 in den Hafen von Nordenham einlaufen. Erst zwei Jahre später wurde sie außer Dienst gestellt und schließlich zerlegt.