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Er hat einst das Niedersachsenlied gesungen Ehemaliger DSDS-Kandidat ist jetzt Produzent

Er hat einst das Niedersachsenlied gesungen, war bei DSDS und ist jetzt sein eigener Chef: Ein Gespräch mit dem Sänger und Produzenten Bendix Amonat über Songtexte, Talentshows und den eigenen Traum.
09.01.2019, 19:48 Uhr
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Von Marc Hagedorn

Irgendwann im Laufe des Gesprächs fragt sich Bendix Amonat, was wohl passiert wäre, wenn Klaus Meine den Song gesungen hätte. Wenn Klaus Meine, der Hannoveraner, der Niedersachse, der Weltstar und Sänger der Scorpions mit seiner schneidenden Stimme gesungen hätte: „Denn weil mein Herz schlägt mit Gefühl und Verstand, ist Niedersachsen mein Lieblingsland, über Wälder bis zum Nordseestrand.“ Ob es besser funktioniert hätte?

Bei Bendix Amonat hat es nicht funktioniert. Das neue Niedersachsenlied hat sich nicht durchgesetzt. Die Landesregierung wirbt auf ihrer Homepage zwar immer noch mit dem Song, man kann „Niedersachsen, mein Lieblingsland“, das inzwischen zwölf Jahre alt ist, immer noch direkt herunterladen. Aber Bendix Amonat ist da ehrlich, er sagt: „Da hat Neu gegen Alt verloren.“

Neu, das ist das Lied, das sich die Landesregierung zum 60. Geburtstag hatte schenken lassen, gesponsert vom Energieriesen EnBW, geschrieben und getextet von Mitgliedern der Popgruppe Marquess und gesungen von Bendix Amonat. Alt, das ist das Niedersachenlied, das der Pädagoge Hermann Grote Ende der 1920er-Jahre, genauer weiß man es nicht, getextet und komponiert hat. „Fest wie unsere Eichen halten alle Zeiten wir stand, wenn Stürme brausen übers deutsche Vaterland“, hat Grote gedichtet, „wir sind die Niedersachsen, sturmerprobt und erdverwachsen, Heil Herzog Widukinds Stamm.“

Vom Gesangsstudenten zum Produzenten

Als Bendix Amonat noch Gesangsstudent war, hat er beim Radiosender NDR-1-Niedersachsen gejobbt, ist mit dem Infomobil durchs Land gefahren, und immer mittags um zwölf, so meint er sich zu erinnern, habe der Sender das alte Niedersachsenlied gespielt. Wenn Hörer dann zum NDR-Mobil kamen, dann kannten sie stets das Lied, das den Rang einer Landeshymne hat. Das neue Niedersachsenlied kannten nur sehr wenige.

Der Song selbst ist Popmusik im ursprünglichen Sinne. Eingängig, melodisch, zeitlos, aber auch ein bisschen beliebig und austauschbar. Er hätte auch von Max Giesinger, Michael Schulte oder Johannes Oerding sein können, die heute sehr erfolgreich an der Grenze von Pop, Schlager und Singer-Songwriter-Musik unterwegs sind. „Gut produziert“, sagt Bendix Amonat, der inzwischen selbst Produzent ist. Aber in der Beliebigkeit des neuen Niedersachsenliedes sieht er das Problem. Es gibt auch ein Video dazu, man sieht einen Fischkutter in der Nordsee, Bilder vom Strand, aus dem Harz und aus der Lüneburger Heide, Autos, Pferde, Landwirtschaft, eine Werft und Fußball, also alles, was Niedersachsen zu Niedersachsen macht. Oder von dem man glaubt, dass es Niedersachsen zu Niedersachsen macht.

„Vielleicht hätte es etwas rauer sein müssen“, sagt Amonat, musikalisch mit mehr Ecken und Kanten und vielleicht auch textlich. Wobei: Was hat ein Texter schon für Möglichkeiten, wenn eine Ode an die geliebte Heimat bestellt ist? „Da ist dann natürlich viel heile Welt“, sagt Amonat, „vom Harz bis ans Meer, 1000 Mal gehört.“ Bendix Amonat ist bemerkenswert direkt in seinem Urteil, er sagt, dass er den Song gern gesungen hat, aber deshalb muss er ihn ja nicht automatisch auch super finden.

Einer der ersten Kandidaten bei DSDS

Bendix Amonat lebt seit 15 Jahren in Hannover, er bezeichnet sich als Niedersachsen, auch wenn er gebürtiger Kieler ist. Er ist „sturmerprobt und erdverwachsen“. Er war 2003 einer der ersten Kandidaten bei „Deutschland sucht den Superstar“ und kam mit zwei Songs von George Michael bis unter die letzten 20. Dann war Schluss. Die Jury um den Scharfrichter Dieter Bohlen bescheinigte ihm eine sehr gute Stimme, aber auch „das Fehlen des letzten Willens, es unbedingt schaffen zu wollen“, wie sich Bendix Amonat erinnert. Er muss dabei schmunzeln. Wenn mit „unbedingt schaffen“ gemeint war, im Showbiz und im Privatfernsehen zu landen, dann hatten Bohlen und Co. Recht – darauf hatte es Amonat nie wirklich abgesehen.

„Ich sage heute jedem, der an einem Casting teilnehmen will: Vergiss nie, dass es in keiner Sekunde um die Musik geht oder um den Sänger. Das ist ein Unterhaltungsformat, das so inszeniert wird, wie es für den Zuschauer am unterhaltsamsten ist. Und wenn eine Staffel zu Ende ist, werden die Plakate für die nächste Staffel geklebt und nicht für den Gewinner. Nicht falsch verstehen: Die Teilnehmer sind alle nicht schlecht. Aber an welche Sieger erinnert man sich denn noch?“ Eine „nette Erfahrung“ nennt Bendix Amonat heute die Zeit bei DSDS.

Die eigene Gesangsschule

Es stimmt aber, dass er immer den Traum hatte, mit Musik Geld zu verdienen wie seine Eltern. Dafür hat er ihren Weg gewählt und den Job von der Pike auf gelernt. Musik war im Hause Amonat allgegenwärtig. Der Vater war Berufsmusiker bei der Bundeswehr und leitete nebenher eine Big Band, in der auch die Mutter mitspielte, Saxofon. Der Sohnemann Bendix stieß mit 16 als Sänger dazu. Bendix Amonat hat Gesang für den Bereich Jazz und Pop in Hannover studiert, 16 Plätze gab es damals, er hat die Ausbildung mit dem Diplom abgeschlossen und seit 2009 eine eigene Gesangsschule, die Bendix Voice Academy. „Ich hab’s geschafft, ich bin Chef, Lehrer, Bürokraft und Hausmeister“, sagt er. Fünf Lehrer sind bei ihm angestellt, er hat drei Unterrichtsräume und ein Studio, an zwei Tagen unterrichtet er selbst, an drei Tagen produziert er, 50 bis 60 Stunden kommen da schnell zusammen.

Ab und an steht er auch noch selbst auf der Bühne, bei seiner Stimme wäre es eine Schande, wenn er das nicht täte. Dem Song „The Sound of San Francisco“ der Global Deejays hat er seine Stimme geliehen, das Stück schaffte es bis auf Platz drei der Charts und zu Gold-Status. Jetzt singt Bendix Amonat viel poppigen Jazz und tritt demnächst mit der Big Band Celle und dem Polizeiorchester Niedersachsen auf. Das neue Niedersachsen-Lied wird er dann nicht singen. Er hat es überhaupt eher selten gesungen. Wenn er genauer darüber nachdenkt, war es vor großem Publikum sogar nur ein einziges Mal, mit den Jungs von Marquess beim Festakt zum 60. Geburtstag des Landes in der Tui-Arena. Aber was heißt schon gesungen? „Zum einzigen Mal in meinem Leben zu Vollplayback“, sagt er, und es hat ihm überhaupt nicht gefallen. Es war einfach eine verzwickte Angelegenheit mit dem neuen Niedersachsenlied.

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