Osterholz-Scharmbeck. Johann Lindemann sitzt auf seinem Stammplatz auf der Terrasse des Vereinsheims. „Hier habe ich alles im Blick“, sagt er. In der Tat, dem 68-Jährigen entgeht nichts. Er achtet zum Beispiel darauf, dass alle Boote vorwärts an ihrem zugewiesenen Platz anlegen, dass die Stege in Ordnung sind und dass der Grund nicht verschlickt. Dies alles und noch einiges mehr sind die Aufgaben von Johann Lindemann – der Grasberger ist Hafenmeister des Segel-Clubs Hamme in Osterholz-Scharmbeck.
Fünf Jahre übt Johann Lindemann diese Funktion nun aus. Von seinem Elan der ersten Zeit hat er dabei nichts verloren. Dies hat vor allem damit zu tun, dass sich darüber im Klaren war, mit wie viel Verantwortung diese Aufgabe einher geht. „Ich wusste, dass viel auf mich zukommt, aber überfordert bin ich bis heute nicht“, meint er, während er seinen Blick von seinem Stammplatz immer wieder über das Gelände schweifen lässt.
Als Hafenmeister dirigiert Johann Lindemann die Schiffseigner in der Regel vom Ufer beziehungsweise von einem der Stege aus. Dabei kann er sich durchaus in die Lage derer hineinversetzen, die da von der Hamme aus den Stichkanal hinaufschippern. Denn Johann Lindemann ist selbst seit 20 Jahren Skipper. Sein Boot lag zuerst in Bremervörde. Aber dann sollte es ein größeres Boot sein. So kam Johann Lindemann nach Osterholz-Scharmbeck. Dort verkaufte er sein Boot und befährt heute mit einer Zehn-Meter-Yacht des Typs „Fidego“, ein Holländer, die Gewässer. Was aus Johann Lindemanns erstem Boot geworden ist, weiß er ziemlich genau – das hat er an einen Clubkameraden vermacht.
Zwei Scheine nötig
Der Osterholz-Scharmbecker Hafenmeister erklärt die Besonderheit des hiesigen Wassersportreviers: „Wir brauchen hier zwei Scheine.“ Den sogenannten Sportbootführerschein, den benötigt, wer ein Boot mit Motor betreiben möchte, gibt es für Binnen- und Seegewässer. Für das Gebiet zwischen dem Segel-Club Hamme und der Ritterhuder Schleuse reicht ein Binnenschein aus. Ab dort ist die Hamme Bundeswasserstraße und darf nur mit dem Seeschein befahren werden.
Dies und noch mehr kontrolliert die Wasserschutzpolizei. Zuständig für Osterholz-Scharmbeck ist die Dienststelle in Nienburg. An der Hamme sind die Beamten regelmäßig zu Gast, um die Skipper unter die Lupe zu nehmen. Kann einer von ihnen die notwendigen Dokumente nicht vorweisen, kennen sie in der Regel kein Pardon. Gleiches gilt, wenn der Verein die Sicherheitsbestimmungen im Hafen nicht einhalten sollte. Dies fällt dann auf Johann Lindemann als Verantwortlichen zurück.
Aber soweit lässt der es gar nicht erst kommen, sein Hafen hält er stets in Schuss. So sorgt er dafür, dass die für alle Mitglieder des Segel-Clubs laut Satzung verpflichtenden Arbeitsdienste geleistet werden. Probleme, die Arbeitsdienste zu besetzen, gibt es laut Johann Lindemann nicht. Im Gegenteil, jedes einzelne Mitglied ziehe mit.
Für den Hafenmeister ist dies auch ein Zeichen der guten Club-Gemeinschaft. Darin ist der Hafenmeister so etwas wie ein Vorbild – frei nach dem Motto: „Wenn wir nicht mehr weiter wissen, fragen wir mal den Johann. Der weiß immer Rat.“ Und wenn Johann Lindemann davon erzählt, hellen sich seine Gesichtszüge förmlich auf.
Arbeitsdienste einteilen, Plätze für die vereinsfremden Skipper zuweisen und vieles mehr: Johann Lindemann weiß, wie er seine Leute beim sprichwörtlichen Schopfe fassen kann. Denn Menschen zu motivieren, ist so etwas wie seine Lebensaufgabe: als ehemaliger Unternehmer und als Verantwortlicher bei der Feuerwehr. In Grasberg hat er einen Betrieb für Baggerarbeiten im Lohnbetrieb aufgebaut. Und bei der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde sorgte er über 20 Jahre dafür, dass die Kameraden richtig ausgebildet wurden.
Ans Aufhören denkt der 68-Jährige denn auch noch längst nicht. „Man macht das ja als Hobby, das macht Freude“, sagt Johann Lindemann, während sein Blick einmal mehr übers Segel-Club-Areal huscht. Er ergänzt: „Diese Aufgabe hält mich gesund.“ Und zu tun gebe es hier immer etwas. Leider habe der Verein aufgrund des verordneten Lockdowns durch die Corona-Pandemie in dieser Saison nicht so durchstarten können, wie gewünscht. Johann Lindemann hofft aber, dass es spätestens im August wieder in die Vollen geht.
Ob eingeschränkt oder nicht, für Johann Lindemann spielt das keine Rolle. Er ist sich ziemlich sicher, dass er 2020 genauso viel Zeit für seinen Verein aufwenden wird, wie in den vergangenen Jahren. Nach seinen Angaben sind es 200 bis 250 Stunden. Die kommen nicht nur durch die Arbeit rund um den Osterholz-Scharmbecker Hafen zusammen. Zuhause gehört auch noch viel Büroarbeit dazu. Außerdem legt Johann Lindemann für den Segel-Club in zwölf Monaten geschätzte 2500 Kilometer zurück. Aber: Das mache er gerne, betont er noch mal und lässt wieder den Blick schweifen.