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Musikalische Lesung im Verdener Domherrenhaus / Gefühlswelt der Schauspielerin eindrucksvoll dokumentiert Erinnerungen an Romy Schneider

Mit einer musikalischen Lesung im Domherrenhaus hat ein Schauspieler-Musiker-Trio jetzt der Künstlerin Romy Schneider gedacht.
18.07.2012, 05:00 Uhr
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Von Susanne Ehrlich

Mit einer musikalischen Lesung im Domherrenhaus hat ein Schauspieler-Musiker-Trio jetzt der Künstlerin Romy Schneider gedacht.

Verden. Vor 30 Jahren starb Romy Schneider, Traumprinzessin des deutschen und Femme fatale des französischen Films, im Alter von nur 43 Jahren an "gebrochenem Herzen". Mit einer musikalischen Lesung im Domherrenhaus gedachten die Schauspieler Julia Nehus und Hans König sowie Pianist und Komponist Benny Grenz der legendären Künstlerin.

Im Fokus der "Lyricals", wie die Künstler die intensiven inneren Monologe vor einer zarten, lyrischen Piano-Kulisse nannten, stand Romy Schneiders Liebesgeschichte mit dem französischen Schauspieler Alain Delon. Ihr Beginn markierte in den eindringlichen Erinnerungen der Schauspielerin den Zeitpunkt der Wandlung des gehorsamen und arglosen Mädels, das gegen seinen Willen immer weiter als "Sissy" aufbereitet und damit in eine permanente Glamour- und Kitsch-Schublade gesteckt werden sollte, in die lebenshungrige, das Unbekannte und Riskante suchende Frau ihrer Zeit.

Die Darsteller hatten Texte aus dem Buch "Ich, Romy: Tagebuch eines Lebens" von der Schneider-Biographin Renate Seydel ausgewählt, in der auch ihr erster und lebenslang ihre Gefühlswelt dominierender Geliebter zu Wort kommt. Mit einer Trauerrede Delons auf die eben verstorbene Romy beginnt die Lesung. Noch schweigt die Musik; das Publikum ist allein mit Delons Trauer, seinen Selbstvorwürfen, seiner über den Tod hinausgehenden Liebe und Bewunderung für die Frau, die ihm gleichwohl nicht zur Gefährtin eines ganzen Lebens taugen konnte. Man sieht ihn über das Totenlager einer erst 43-jährigen, wunderschönen Frau geneigt – welch sinnlose Verschwendung und wie viel zerstörte Hoffnung! Der Schmerz, mit dem Hans König Delons literarische Totenwache gestaltet, weckte Mitgefühl mit dessen nachfolgenden Frauen: Jede Liebe musste fortan im Zeichen dieser Trauer und der Sehnsucht nach dem Unwiederbringlichen stehen.

Mit dem Lied "Als du fortgingst" (La Chanson d‘ Hélène), das Romy selbst in einem ihrer Filme sang, gestaltete Julia Nehus ein intensives und lebendiges Dokument einer Gefühlswelt, in der trotz aller Berühmtheit, obgleich alle Welt ihr zu Füßen lag, stets die Trauer und Zerrissenheit dominierten.

Zu viel Einsamkeit

Und nun wurde die ganze wechselvolle Biographie der Schauspieler-Tochter, die bereits mit 15 Jahren erstmals vor der Kamera stand, in autobiografischen Dokumenten und literarischen Erinnerungen aufgerollt. Bereits mit dem Widerwillen gegen "Sissy" und die mit ihr verbundenen Erwartungen und Forderungen der Welt an die heranwachsende Jugendliche wurde erstmals die tiefe innere Zerrissenheit spürbar, die Romy bis zu ihrem Tod begleitete. Doch zu diesem Zeitpunkt klang Romys Innenschau noch optimistisch, neugierig, spöttisch. Großartig zeichnete Nehus den inneren Wandel der Schauspielerin nach, die viel zu früh zu viel Einsamkeit ertragen musste. "Ein richtiges Zuhause, ganz normal" – das ist die Sehnsucht, die nach der Trennung von Delon und weiteren Ernüchterungen übrig bleibt und einmal mehr bestürzend deutlich macht, dass das Glück immer dort zu sein scheint, wo man selbst eben nicht ist. Die Vernunftehe mit dem 14 Jahre älteren Harry Meyen brachte ihr immerhin die zweite große Liebe ihres Lebens – den über alles geliebten Sohn David. Doch diesem Glück in den innigen Textdokumenten nachzuspüren, war nur umso schmerzlicher, weil die Zuhörer wussten, wie es enden musste.

Mit dem unendlich zärtlich und sehr leise gesungenen Lied "Ne me quitte pas" erschuf Nehus den berührendsten Moment des Abends: Ihr 14-jähriger Sohn war tot, und von nun an schien nichts mehr zu zählen. Die atmosphärischen Metamorphosen der Piano-Begleitung durch Benny Grenz kommentierten und vertieften die im Text transportierten Empfindungen, und jeder der Anwesenden hatte am Ende das Gefühl, die Frau, deren Konterfei von jedem Bild der das Publikum umgebenden Ausstellung blickte, persönlich kennengelernt zu haben und nun auch persönlich betrauern zu müssen.

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