Der Termin war bestens gewählt. Einen Tag vor dem Rückrunden-Start der Fußball-Bundesliga war er zu Gast in der Rekumer Kirche: Christian Stoll. Stolli – der Stadionsprecher des SV Werder, Kolumnist im Bremer Blätterwald, Nordbremer Jung und eben ein profunder Fußball-Kenner.
Und eben dieser Christian Stoll war nun aktueller Talk-Gast der sogenannten Supp-Kultur, einer Veranstaltungsreihe der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Rekum. Einer noch recht jungen Veranstaltung – Stoll war erst der neunte Gast – die sich aber längst über die Rekumer Grenzen hinaus einen Namen gemacht hat. Gute Unterhaltung, gute Suppe – dieser Mix erwies sich auch diesmal als Zuschauermagnet. Thomas Schliefke staunte ob der gut gefüllten Stuhlreihen. Ähnlich gefüllt waren die Reihen nur beim Besuch von Hennig Scherf.
Kein Thema ausgelassen
„Stolli macht Henning Scherf ja Konkurrenz“, schmunzelte der Moderator. Und dies wahrlich nicht nur, was die Auslastung des Veranstaltungsorts anging. Christian Stoll zog die Gäste auch ebenso in den Bann wie der Altbürgermeister. Über Gott und die Welt und natürlich über den SV Werder plauderte der 59-Jährige. Stets offen, mit viel Humor, aber auch ernst und nachdenklich und manches Mal sehr emotional. Dass er den Radsport eigentlich noch mehr liebt als den Fußball, erfuhren die Zuhörer unter anderem. Auch dass der ehemalige Torhüter liebend gerne mal in der zweiten Liga gespielt hätte, mit 175 Zentimetern aber zu klein für die große Fußball-Karriere war.
Christian Stoll, der Geschichte, Literaturwissenschaften und Journalismus studiert hat, ließ an diesem Abend kein Thema aus. Die Politik („Ich bin ein Werte-Konservativer“) ebenso wenig, wie sein Verhältnis zu seiner neuen Heimat Berlin und der alten Heimat Bremen. „Bremer bleibt man immer, auch wenn hier vieles nicht stimmt.“ Bei solchen Sätzen erlebten die Rekumer auch einen besorgten Christian Stoll. Dafür machte der Werder-Fan Stolli allen grün-weißen Anhängern in der Rekumer Kirche Mut. „Werder schafft das. Werder kann Rückrunde.“ Lauter Beifall erfüllt den Raum.
Geschafft hat es aber auch Christian Stoll selbst. Geschafft, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Denn vor zehn Jahren zeigte ihm sein Körper die Rote Karte. Burn-out verbunden mit einer Depression. „Ich habe mich selbst verschwendet, habe ein Leben auf der Überholspur geführt.“ Doch die Überholspur endete in der Klinik. Drei Jahre saß er nur auf der Tribüne, mitspielen ging nicht mehr.
„Der liebe Gott hat mir geholfen, hat mir gutgetan“, sagte Christian Stoll. Er sei gläubig, doch mit der Institution Kirche habe er auch seine Probleme. Es wurde still, als Stoll auch offen über die Schattenseiten seines sonst so facettenreichen Lebens erzählte. Doch bald schon wieder erklang Gelächter, als er auf Publikumsfragen, geschrieben auf Bierdeckeln, antwortete. Etwa zu seiner Fußballzeit in Bremen. Besonders gern sei er mit Neurönnebeck zum Derby gegen Farge-Rekum gekommen. „Da haben wir nämlich immer gewonnen.“
Gewonnen hat Christian Stolli auch diesmal wieder in Rekum – viele Sympathien. Gewonnen haben aber auch alle Besucher, die den „überaus launigen und emotionalen Abend“ (Moderator Thomas Schliefke) mit Werders Stadionsprecher inklusive der orientalischen Brokkoli-Suppe genossen.
Einen guten Abend erleben durfte auch Hayno Akkermann. Denn der Pastor der Rekumer Kirchengemeinde hatte letztlich die Initialzündung zu dieser Veranstaltungsreihe gegeben. „In einer Zeitschrift habe ich gelesen, dass eine Kirchengemeinde in Nordrhein-Westfalen so etwas macht. Und da ich gerne Suppen esse, habe ich den Vorschlag gemacht, das auch hier in Rekum anzubieten." Die Idee fand Anklang, aktuell organisieren rund ein Dutzend Männer und Frauen der Kirchengemeinde den Abend. „Mittlerweile weiß jeder, was er zu tun hat“, erzählte Thomas Schliefke
Dreimal im Jahr lädt das Team zur abendlichen Supp-Kultur. „Die Gäste-Vorschläge kommen direkt aus dem Team“, sagt Thomas Schliefke. Wir sprechen dann die Leute an, ob sie zu uns kommen wollen. Auch Hennig Scherf hat Thomas Schliefke damals auf einem Fest im Bremer Norden angesprochen. Und genauso tat es Ilona Burrow-Pfeiff bei Christian Stoll, bei einem Fest auf der Bahrsplate. Stoll sagte sein Kommen sofort zu. Eine Talkrunde in der Kirche – das ist ganz nach Stollis Geschmack.
Die zehnte Supp-Kultur, ist auf Freitag, 8. Mai, terminiert. „Dann kommt ein Tätowierer“, so viel verriet Thomas Schliefke zum Abschied.