Der Vegesacker Beirat hat am Donnerstagabend in einer hitzigen Debatte über die weitere Entwicklung des Einzelhandelsstandortes an der Kreuzung Hammersbecker Straße / Meinert-Löffler-Straße gesprochen. Die Ergebnisse in Kurzform: Für den alten Aumunder Bahnhof wird es eng, das Millionen-Bauvorhaben von M-Projekt auf dem Schlachthofgelände findet Zustimmung und Rewe soll an der Georg-Gleistein-Straße endlich neu bauen dürfen.
Im gefüllten Sitzungssaal des Ortsamtes entbrannte zunächst eine Diskussion über die Erweiterungspläne des Discounters Aldi, die dieser in Aumund verwirklichen möchte. Für die Expansion des Handelskonzerns soll, wie berichtet, das alte Bahnhofsgebäude auf dem Nachbargrundstück an der Meinert-Löffler-Straße 2 abgerissen werden. Aldi hatte im Vorfeld der Beiratssitzung zugestimmt, über den Bauantrag öffentlich beraten zu lassen.
Der Bauausschuss hatte am 2. Juli dieses Jahres den Bauantrag des Discounters erhalten, der vorsieht, das Gebäude des Marktes in Richtung Eisenbahnlinie zu vergrößern. Um den Verkehr für die Warenanlieferung zu regeln, möchte Aldi das Grundstück des alten Bahnhofs zu einem Lkw-Wendeplatz umgestalten. Nach der Berichterstattung über einen möglichen Abriss des Aumunder Bahnhofsgebäudes hat sich bekanntlich Widerstand formiert, unter anderem hat die frühere Beiratssprecherin Anke Nerger eine Petition eingereicht. Und das Landesamt für Denkmalpflege hat mitgeteilt, dass das Gebäude zwar nicht denkmalgeschützt sei, aber als erhaltenswert gelte.
Maximilian Donaubauer, Leiter des Bauamts Bremen-Nord, betonte, dass das Bahnhofsgebäude vor rund 30 Jahren privatisiert worden sei und es keine Erhaltungssatzung im Bebauungsplan gebe. „Der Abriss ist verfahrensfrei und wir sehen keine Möglichkeit, dieses Gebäude zu halten“, sagte Donaubauer.
Aldi-Sprecher Detlef Müller erklärte, das Unternehmen habe die Anlieferungssituation gründlich geprüft und auch das Amt für Verkehr habe die Lösung für gut befunden. „Pro Tag liefern drei Lkw an, zwei am Morgen vor Geschäftsbeginn und einer während des Tages“, führte Müller aus. Daraufhin entgegnete Cord Degenhard von den „Bürgern in Wut“, dass die Wählervereinigung zwar dafür sei, dass der Discounter sich erweitern könne, „aber für nur drei Lkw am Tag soll der Bahnhof verschwinden?“ Aldi könne auch nach anderen Varianten suchen, meinte Degenhard.
Aus den Zuschauerreihen erhob sich der bisherige Besitzer des alten Bahnhofs. Der Aumunder Privatmann teilte mit, dass der Kaufvertrag mit dem Discounter bereits unterzeichnet wurde. Zwar habe Aldi ein Rücktrittsrecht, doch in den rund 20 Jahren, die er das Bahnhofsgebäude besessen habe, sei niemand zuvor zwecks eines Kaufs an ihn herangetreten. Nun sei es Aldis Entscheidung, ob der Bahnhof stehen bleibe. Aldi-Sprecher Detlef Müller betonte zudem, dass der Bauantrag, dem das Bauamt bereits zugestimmt hat, ein Ergebnis aus sechs Jahren Arbeit sei, und der Konzern erst den Vertrag mit den Eigentümern unterzeichnet habe, als die Baugenehmigung am 2. August dieses Jahres vorlag.
Neuordnung des Grundstücks
Thomas Pörschke (Grüne) plädierte an dieser Stelle dafür, dass die Umsetzung des ursprünglich von Aldi vorgesehenen Neubaus geprüft werden solle – dann könnten neue Ideen für das Bahnhofsgebäude diskutiert werden. Für die CDU-Fraktion ergriff Fraktionschef Torsten Bullmahn das Wort. Ihn überrasche es nicht, dass es bei personell heruntergefahrenen Behörden zu solchen Problemen komme. „Ich finde den Bahnhof auch schön, aber wir können nichts dagegen machen." Selbst wenn Bremen das Gebäude kaufen würde, würde das zu lange dauern – die Stadt sei nicht in der Lage, vernünftig Aufgaben abzuarbeiten, so Bullmahn.
Jürgen Hartwig (SPD) vertrat die Auffassung, das Bauamt könne einen Abriss sehr wohl baurechtlich verhindern. Die SPD-Fraktion brachte einen Antrag ein, um den Bahnhof zu erhalten. Mit zehn Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen und einer Enthaltung stimmte der Beirat dafür. Darin werden der Senat und die beteiligten Behörden aufgefordert, die Bebauungspläne und das Zentren- und Nahversorgungskonzept umgehend so zu verändern, dass Aldi auf seinem Grundstück einerseits sein Marktkonzept kundenfreundlich umsetzen, andererseits der Bahnhof nicht mehr abgerissen werden müsste. Gleichzeitig soll der Antrag dazu beitragen, einen „Verkehrsinfarkt in der Meinert-Löffler-Straße“ zu vermeiden. Erste Reaktion des Aldi-Vertreters Detlef Müller im Vegesacker Kommunalparlament: „Das ist eine neue Situation, die wir neu bewerten müssen.“ Es gelte dabei allerdings die zeitlichen Abläufe zu bedenken.
Einigkeit bewies das Stadtteilparlament anschließend bei den Plänen für den bisherigen Aumunder Schlachthof. Der Beirat stimmte einstimmig dem Projektentwurf zu, den Stadtplanerin Claudia Dappen vorstellte. Er umfasst, wie berichtet, drei mehrgeschossige Gebäude. Mit der Planreife sei im Mai 2019 zu rechnen.
Beirat für Schlachthof-Projekt
Bekanntlich will das Vegesacker Unternehmen M-Projekt an dieser Stelle eine Mischung aus Wohnen – zu einem Gutteil seniorengerecht –, Praxen und Handel umsetzen. Das Vorhaben hat ein Gesamtvolumen von ungefähr 25 Millionen Euro. Auf den Vorwurf von Gabriele Jäckel (SPD), ob dabei auch an Wohnungsbau für junge Menschen gedacht werde, antwortete Projektentwickler Olaf Mosel, dass im vorderen Gebäude geförderte Wohnung entständen. „Da können natürlich auch junge Menschen einziehen.“ Der Beirat beschloss, zu dem Bauprojekt eine Einwohnerversammlung einzuberufen.
Zum Abschluss stellten Jan Dierk Stolle (Bauressort) und Markus Haacke (Wirtschaftsressort) den Sachstandsbericht zum umstrittenen Zentren- und Nahversorgungskonzept vor, das derzeit überprüft wird. Die gültige Fassung wurde von 2006 bis 2009 erarbeitet und dann beschlossen, doch Zentralversorgungsbereiche müssten nun überprüft und angepasst werden. „Wir haben das Problem erkannt“, so Stolle.
Rewe soll bauen
Als Ziele für Vegesack werden in dem Dokument die Sicherung und der Ausbau der Einzelhandelsfunktionalität definiert. „Wenn Rewe nicht ausbauen darf, können sie auch nichts sichern“, stellte hingegen Cord Degenhard fest. Bekanntlich hat der Rewe-Markt an der Georg-Gleistein-Straße seit geraumer Zeit die Absicht, auf dem Grundstück neu zu bauen, hat dafür aber noch keine Genehmigung bekommen.
Ein Antrag der SPD-Fraktion zu diesem Thema wurde ebenfalls einstimmig beschlossen. Darin wird der Senat wie im Falle Aldi aufgefordert, dass auch der Rewe-Markt Gebäude und Parkplätze auf seinem Gelände nach zeitgemäßen und kundenfreundlichen Gesichtspunkten neu bauen kann.