Ein Mann öffnet den Kofferwagen seines Autos. Markus Pehlke schaut hinein, überlegt kurz. Dann zeigt er auf einen der Container, der am Ende des Platzes steht. Der Mann nickt, steigt in sein Auto und fährt los.
Diese Szene spielt nicht etwa in einem Mafia-Film, sondern auf dem Recyclinghof Lilienthal. An einem normalen Tag hält alle paar Minuten ein Auto vor dem Häuschen, in dem Mitarbeiter Markus Pehlke und sein Kollege sitzen. Die schauen sich dann an, was der Besucher loswerden möchte und zeigen ihm, wo der entsprechende Container steht. Wie parkende Autos stehen die Container in einer Reihe am Rande des umzäunten Platzes. Für die bessere Übersicht sind sie alle mit Schildern ausgezeichnet. „Metallschrott“, steht zum Beispiel darauf oder „Altreifen“.
Als der Wertstoff- und Recyclinghof des Aso (Abfallservice Osterholz) am 18. August 2018 eröffnet wurde, war das in den Augen vieler Menschen aus der Region eine echte Erleichterung. Wer vorher sperrigen Abfall entsorgen wollte, hatte ganz bis nach Pennigbüttel oder Bremen fahren müssen. An vier Tagen in der Woche hat der Hof seitdem geöffnet – und ist stets gut besucht: Innerhalb eines Jahres entsorgten hier knapp 21 000 Besucher kaputte Kühlschränke, abgefahrene Autoreifen, alte Möbel und vieles mehr.
Ja, das neue Entsorgungsangebot werde gut angenommen, sagt Aso-Sprecherin Annemarie Lampe. „Die Eröffnung hat sich auf jeden Fall gelohnt.“ In einem Jahr landeten etwa 600 Kubikmeter Sperrmüll und etwa 3000 Kubikmeter Gartenabfälle auf dem Recyclinghof Lilienthal. Gartenabfälle, Rest- und Sperrmüll sind kostenpflichtig – alles andere kann ohne extra Gebühren abgeliefert werden.

Jeden Tag landet auf dem Wertstoffhof auch allerhand Elektroschrott.
An diesem Tag findet sich in einem der Container sogar ein Fahrrad. Außerdem ein Maschendrahtzaun, ein Wäscheständer, eine Leiter... Nur über die Treppe eines Stahlgerüsts erreicht man die Öffnung in ein paar Metern Höhe. Aber ein Blick in die großen weißen Container lohnt sich: Zu sehen, welche Dinge die Menschen aus ihrem Leben verbannen, ist seltsam faszinierend.
Alles hier drin wird entweder fachgerecht entsorgt oder recycelt, sagt Lampe. Was mit dem Weiterverkauf der Materialen erwirtschaftet wird, fließe direkt zurück in den Gebührentopf. Auch deshalb werden die Müllgebühren in Osterholz in den nächsten drei Jahren stabil gehalten werden können.
Schon die ersten Monate seien direkt gut angelaufen – Probleme habe es keine gegeben. „Bis auf die Sache mit dem Tor“, sagt Pehlke und schmunzelt. In den ersten Wochen habe es immer wieder Tage gegeben, an denen sich das Tor scheinbar selbstständig machte. Einmal kam Pehlke zur Arbeit und das Tor war bereits geöffnet. Erst nach einiger Zeit kamen sie dem Spuk auf den Grund: Das Tor zum Recyclinghof lässt sich über eine Funk-Fernbedienung öffnen und schließen. Der Nachbar von Gegenüber benutzt für sein Tor das gleiche System. Das Problem: die Fernbedienungen funkten auf der gleichen Frequenz. Wenn der Nachbar sein Tor öffnete, öffnete er das des Recyclinghofs gleich mit. Geklaut worden sei während dieser Zeit aber nichts, sagt Pehlke.
Mittlerweile steht auf dem Hof auch eine Art Gartenhäuschen aus Holz. Darin ist die Tauschbörse untergebracht. Menschen können hier allerhand Gebrauchsgegenstände hinbringen, die zu schade für die Tonne sind. Andere dürfen sich daran kostenfrei bedienen. Von innen sieht das Gartenhäuschen aus wie ein kleiner Krims-Krams-Laden. Ganze Geschirrsets, eine beachtliche Sammlung von Schallplaten, Vasen, Gläser, Bücher und sogar Inliner und Schwimmflossen finden sich dort. Alles in tadellosem Zustand. Dass die Menschen hier nicht ihren Schrott abliefern, darauf haben Pehlke und seine Kollegen stets ein Auge. „Natürlich sind da manchmal auch fürchterlich kitschige Sachen dabei“, sagt Lampe. Aber das sei ja nun mal Geschmackssache.
Eine Frau kommt rein. Sie ist mit dem Fahrrad hergekommen, sie wolle „nur mal schauen“. Bei den Büchern zum Beispiel. „Bücher kann man ja immer gebrauchen“, sagt sie.
Weitere Informationen
Der Wertstoffhof Lilienthal hat montags, donnerstag und freitags zwischen 8 und 17 Uhr und sonnabends von 8 bis 13 Uhr geöffnet. Zu erreichen ist er über die Einfahrt in das Industriegebiet an der Moorhauser Landstraße.
+++Dieser Text wurde um 12.31 Uhr aktualisiert+++