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Hafen-Leben: Volker Pesch ist als Vorsitzender des Museumsvereins Greifswald Herr über 45 historische Boote Die Schiffsammler

Volker Pesch ist seit der Kindheit von Schiffen fasziniert. Als ihn der Beruf vom Niederrhein an die Ostsee führte, galt sein erster privater Ausflug dem Museumshafen Greifswald. Inzwischen ist der 46-Jährige Vorsitzender des Museumshafen-Vereins – und damit verantwortlich für die 45 historischen Schiffe im Museumshafen.
14.09.2013, 00:00 Uhr
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Von Katja Bülow

Volker Pesch ist seit der Kindheit von Schiffen fasziniert. Als ihn der Beruf vom Niederrhein an die Ostsee führte, galt sein erster privater Ausflug dem Museumshafen Greifswald. Inzwischen ist der 46-Jährige Vorsitzender des Museumshafen-Vereins – und damit verantwortlich für die 45 historischen Schiffe im Museumshafen.

Heute ist Schietwetter im Greifswalder Museumshafen. Volker Pesch stellt den Cordkragen seiner Jacke hoch und lässt den Blick über das graue Wasser des Rycks gleiten. Die leer stehenden Getreidespeicher am Südufer, daneben die betagten Boote an der mit Kopfsteinen gepflasterten Kaikante, die kleine Werft gleich gegenüber – der 46-Jährige mag diese Atmosphäre. Mit einem großen Schlüssel öffnet er die Tür zum Fangenturm, einem ehemaligen Gefängnis. Der runde, fast fensterlose Backsteinbau ist Sitz des Museumshafen-Vereins, dessen Vorsitzender Volker Pesch ist.

„Hier liegen 45 historische Schiffe, mehr als irgendwo sonst in Deutschland“, sagt er, während er seine Kaffeetasse auf den raumfüllenden Tisch stellt. Fotografien an den Wänden zeigen klassische Jachten, die ebenso in Greifswald zu Hause sind wie ehemalige Trawler oder Logger, ausgediente Fischereifahrzeuge. „Wir haben kein Sammlungsziel, sagen nicht, wir wollen zum Beispiel alle Arbeitsschiffe der pommerschen Küste von 1850 bis 1910 hier haben.“ Pesch winkt ab. „Wir entscheiden immer im Einzelfall, ob ein Schiff irgendwie historisch attraktiv ist.“ Sogar ein hundert Jahre alter Schwimmkran liegt im Museumshafen.

Weil sich der Verein nicht um jedes dieser Kleinode selber kümmern kann, verpachtet er sie für wenig Geld an Enthusiasten, die sich im Gegenzug verpflichten, sie instand zu halten. Der Kran ist auf diese Weise zu einer Wohnung geworden, der alte Dampfeisbrecher Pomeria aus dem Oderhaff zur „Hornfischbar“, in der man an kalten Tagen gemütlich am Kamin sitzen und sich mit Speis und Trank verwöhnen lassen kann.

Volker Pesch stammt vom Niederrhein, hat in Köln Politikwissenschaften studiert und kam Anfang der 1990er-Jahre als Universitätsmitarbeiter nach Greifswald. Später verabschiedete er sich vom Wissenschaftsbetrieb, ist jetzt selbstständiger Texter, Gestalter und „Marketing-Heini“, wie er es nennt. Und: Er verbringt viel Zeit in „seinem“ Hafen. Schon als Kind war dies eine Welt, die ihn faszinierte. Ein Freund seines Vaters nahm ihn damals oft mit auf einen alten Binnenfrachter, den er zum Motorsegelschiff umgebaut hatte. Als ihn der Beruf nach Vorpommern an die Ostsee führte, war sein erster privater Weg der zum Museumshafen. Anfangs half er dort nur mit und segelte, wo immer sich eine Möglichkeit ergab, dann kaufte er zusammen mit Freunden den Gaffelschoner Nordwind, der damals noch im dänischen Egernsund beheimatet war.

Schleifen und Ölen, das gehört seitdem zu seinen Hauptbeschäftigungen. Wer sich um alte Holzschiffe kümmert, der weiß, wie schnell Sonne und Wind die Farben zersetzen. Darüber hinaus ist Volker Pesch auch noch Geschäftsführer in dem Betreiberverein der Nordwind – ein gängiges Modell bei den alten Traditionsseglern. „Fast alle großen Schiffe werden von Vereinen gefahren. Meist sind sie Eigner, in jedem Fall aber Betreiber. Ein Privatmensch könnte den Aufwand, der dafür nötig ist, in der Regel überhaupt nicht leisten.“

Gemeinsam organisieren die rund 70 Vereinsmitglieder regelmäßig Feste, bei denen auch Gäste auf den Schiffen mitfahren dürfen. Hauptveranstaltung ist dabei die Gaffelrigg, zu der im Rahmen des Fischerfestes jedes Jahr am dritten Juni-Wochenende um die 50 Schiffe nicht nur aus der Region, sondern auch aus Dänemark oder Schweden anreisen. Daneben gibt es allerhand soziales Engagement, wie die dreitägigen Boddenfahrten für asthmakranke Kinder, und schließlich steht Anfang November das traditionelle Absegeln an. Einwintern oder nicht, auch Volker Pesch wird bald wieder vor der alljährlich schwer zu entscheidenden Frage stehen. „Manchmal ärgert man sich, wenn der Winter so mild ist, dass man doch wunderbar hätte segeln können. Aber manchmal wird man auch vom Frost überrascht.“ Hafenmeister Arnold Dörling kennt die langen Gesichter, die ihm dann begegnen. Mit seinem Lastenfahrrad ist er Tag für Tag, bei jedem Wetter an den Kaikanten unterwegs. Er kassiert Gelder, auch für städtische Liegeplätze, hilft bei den Vorbereitungen fürs Kranen, wenn die Boote an Land gehievt werden, und ist auch für Volker Pesch der wichtigste Ansprechpartner. Heute betrachten die beiden mit prüfendem Blick die historische Kaikante, die saniert werden muss. Zukunftspläne, Zukunftsträume? Pesch zuckt die Schulter und versichert trocken: „Wenn es uns gelingt, das hier alles dauerhaft zu erhalten, dann sind wir zufrieden.

In der nächsten Folge unserer Serie Hafen-Leben stellen wir Wolfgang Weyhausen vor, er ist Dampferkapitän in Flensburg.

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