Grasberg. Wir lieben sie, hegen und pflegen sie: die Haustiere. Ob Hund, Katze oder Pferd, sie sind die besten Freunde des Menschen. Im Winter machen es die Menschen ihnen gerne kuschelig warm. Doch was brauchen die Tiere wirklich in der kalten Jahreszeit - Wärme oder doch lieber winterliche Frischluft?
Auch in Grasberg sieht man im Sommer auf fast jeder kleinen Wiese Pferde oder Kühe grasen. Viele Tiere leben im Sommer permanent draußen. Dann kommt der Herbst, und kaum liegt der erste Schnee, holen die meisten Tierhalter ihre Kühe und Pferde von der Weide. Manch einer lässt seine Tiere auch draußen. Häufig werden Pferde dann in eine dicke Decke eingepackt. Die Frage, ob das Pferd im Winter eingedeckt werden sollte, ob es auf der Weide bleiben kann oder nicht, beschäftigt viele Pferdehalter Jahr für Jahr. Klar ist: Pferd ist nicht gleich Pferd. Ob eine Decke oder die Stallhaltung im Winter sinnvoll ist, hängt von der Rasse und Verwendung des Vierbeiners an.
"Bei artgerechter Haltung sind die Pferde viel ausgeglichener", meint Helga Schröder. In Seehausen hält die Pferdeliebhaberin drei sportliche Warmblüter im Offenstall. Sie verzichtet darauf, ihre Pferde im Winter einzudecken. Schon im Herbst entwickeln die Hannoveraner und der Oldenburger nämlich ein dickes Winterfell. "Die Unterwolle ist so dick, da kommt die Kälte gar nicht durch", versichert Schröder. Allerdings haben die Pferde einen Unterstand, so dass sie sich bei starkem Schneefall oder Sturm schützen können. Weil sie sich im Offenstall an der frischen Luft bewegen können, muss sich Schröder um die Gesundheit ihrer Pferde keine Sorgen machen.
Auch Pferde erkälten sich
Das gilt allerdings nur, solange sie die Pferde nicht reitet. Wenn Pferde trainiert werden, schwitzen sie. Und wenn das dicke Winterfell klatschnass ist, können sich Pferde schnell erkälten. Dann läuft ihnen die Nase, sie bekommen Fieber und Husten, genau wie die Menschen. Helga Schröder verzichtet deswegen im Winter auf lange Ausritte oder Trainingseinheiten. Ein nasses Fell ist auch die größte Erkältungsgefahr für andere Haustiere.
Normalerweise schützt dicke Unterwolle die Haut der Tiere davor, nass zu werden. Wenn eine Katze ins Wasser fällt, ein Hund baden geht oder ein Pferd schweißnass geritten wird, steigt das Risiko für das Tier, sich zu erkälten. Wenn es dann auch noch Zug abbekommt, ist das Dilemma vorprogrammiert. Wie bei Menschen äußert sich eine Erkältung bei Pferden, Katzen und Hunden mit einer laufenden Nase, mit Husten und erhöhter Temperatur. Auffällig ist auch ein verminderter Appetit. Katzen und Hunde sollten also einen geschützten Ort haben, an dem sie sich gegebenenfalls trocknen können.
Pferde, die im Winter draußen wohnen, sollten nicht schweißnass geritten werden. In einer Reitschule ist das nicht so einfach. Da gibt es eine Reithalle und Reitschüler, die diese Halle benutzen wollen. Wenn Pferde täglich trainiert werden und daher häufig schwitzen, stört das Winterfell: Es trocknet zu langsam. Also wenden sportliche Reiter, die im Winter auf das Training nicht verzichten möchten, einen Trick an. Sie decken ihre Pferde schon vor dem Fellwechsel ein, so dass sich das Winterfell gar nicht erst vollständig ausbildet.
Ein weiterer Kunstgriff besteht darin, das Pferd im Winter zu scheren. Das Pferd trocknet dann nach dem Reiten schneller, und das Erkältungsrisiko sinkt. Allerdings ist das Ross dann auf eine Pferdedecke angewiesen. Aber nicht bei allen Pferden gelingt es, den Wuchs des Winterfells durch eine Decke zu verhindern.
Beim nordischen Islandpferd wird der Fellwechsel nicht nur durch die Temperaturveränderungen, sondern auch durch die veränderten Lichtrhythmen und die veränderte Lichtintensität eingeleitet. Weil die Tage kürzer werden und das Sonnenlicht weniger Kraft hat, wächst das Fell. Deswegen haben Islandpferde und Rassen wie das norwegische Fjordpferd oder das Shetlandpony im Winter immer ein dichtes Teddyfell.
Tyri Thordarson kennt das. Er wohnt mit fast 50 Islandpferden in Huxfeld. Bei Wind und Wetter bewegen sich die nordischen Vierbeiner unter freiem Himmel. "In Island stehen die Pferde das ganze Jahr über draußen. Die sind wie Eisbären", weiß Thordarson. "Island ist ein sehr raues Land. Das Land hat das Pferd gezüchtet." Islandpferde haben nicht nur ein dickes Fell, sondern auch eine sehr dicke Haut. Um die Gesundheit seiner Pferde muss sich Thordarson deshalb keine Gedanken machen. Allerdings gilt auch für die Isländer: Schwitzen verboten. "Zu dieser Zeit reiten wir ganz wenig", sagt der Besitzer des Hofes. Für den Fall der Fälle gibt es zehn Pferdeboxen auf dem Hof. Wenn ein Pferd geritten wurde und dann schwitzt, bekommt es eine Decke auf den Rücken und muss drinnen bleiben, bis es wieder trocken ist.
Es gibt einen weiteren Grund, seine Pferde im Winter in den Stall zu stellen: Die Huftiere werden von der Wiese genommen, um zu verhindern, dass sich das Weideland in eine riesige Pfütze verwandelt. Andererseits besteht die Gefahr, dass die Pferde im Stall große Energie aufstauen. Dann können die Pferde auch bei Frost nicht auf die Weide gelassen werden - die Gefahr ist zu groß, dass sich die energiegeladenen Tiere auf dem harten Boden die Beine verletzen.
Wir Menschen mit unserer dünnen Haut empfinden den Winter als kalt und unangenehm. Bei den meisten Tieren in unseren Breitengraden sieht das anders aus: Nicht der Winter, sondern der Sommer macht den Tieren zu schaffen. "Im Sommer brauchen die Pferde unbedingt Schatten", stellt Thordarson klar.