Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

AfD Diepholz "Wir werden einige Steine ins Wasser werfen"

Die Alternative für Deutschland (AfD) hält gerade in Bremen ihren Bundesparteitag ab (mehr dazu im Politikteil). Das hat der Kreisverband Diepholz seit dem Kreisparteitag vor einer Woche hinter sich.
31.01.2015, 00:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste

Die Alternative für Deutschland (AfD) hält gerade in Bremen ihren Bundesparteitag ab (mehr dazu im Politikteil). Das hat der im Jahr 2013 gegründete Diepholzer Kreisverband seit dem vergangenem Wochenende mit seinem Kreisparteitag schon hinter sich. Der Vorsitzende Frank Müller sprach mit unserer Redakteurin Annika Lütje über die politischen Ziele der Partei im Landkreis.

Herr Müller, am vergangenen Wochenende fand der Parteitag des Diepholzer Kreisverbandes der AfD statt. Welche Ergebnisse sind dabei herausgekommen?

Frank Müller: Wir haben im vorigen Jahr viel gemacht. Dazu gehörten der EU-Wahlkampf, eine Umfrage innerhalb der Mitgliedschaft, eine Flugblattaktion und ein offener Brief an die Kultusministerin. Das sind die großen Aktivitäten, die wir fortführen wollen.

Der Diepholzer Kreisverband der AfD hat 39 Mitglieder. Wie setzen sie sich zusammen?

In der Regel sind das 40- bis 50-Jährige. Wir haben aber auch eine Handvoll junger Leute, die zwischen 20 und 25 Jahre alt sind, und ebenfalls eine Handvoll Menschen, die über 60 sind. Die meisten stehen im Berufsleben. Wir haben Beamte, aber auch Kaufleute, die in der freien Wirtschaft tätig sind, und Doktoren. Es sind ehemalige SPD-, FDP- und CDU-Mitglieder und Ex-Grüne dabei. Weil sich bei uns aus allen Parteien Interessierte sammeln, sind wir eine Partei der Mitte. Wobei ein Großteil unserer Mitglieder vorher nicht politisch aktiv war – ich würde sagen, das sind sogar über 50 Prozent. Das ist ein guter Mix.

Was sind die Themenschwerpunkte Ihres Kreisverbandes?

Wir haben uns an die Kultusministerin gewandt, weil wir ein großes bildungspolitisches Problem haben. Es ist ja bekannt, dass sich die Lehrer und die Kultusministerin derzeit nicht so gerne mögen. Wir verstehen die Lehrer, die mehr arbeiten müssen. In der freien Wirtschaft gibt es auch keine Mehrleistung ohne einen gewissen Ausgleich. Wir verstehen aber nicht, dass sich die beiden Parteien nicht einigen und das Problem auf dem Rücken der Kinder austragen. Klassenfahrten fallen aus, das ist für mich ein großes Manko. Da wollen wir etwas tun. Das gleiche gilt für den Schulausfall an der Kooperativen Gesamtschule Brinkum, der immer schlimmer wird.

Was wollen Sie tun, um dem Problem entgegenzuwirken?

Die große Bildungsoffensive 2014/2015 der Kultusministerin halte ich für einen Witz. Da werden viele Sachen gemacht, die Prestigeobjekte sind. Da werden Zahlen gehandelt, die Augenwischerei sind. Wir möchten, dass mehr Geld für Bildung zur Verfügung gestellt wird. Die Kultusministerin brüstet sich mit Neueinstellungen von einigen wenigen Lehrern, aber das ist ein Tropfen auf den heißen Stein.

Aber das sind doch Themen des Landesverbandes. Was wollen Sie im Landkreis tun?

Wir wollen den Politikern zeigen, was wir davon halten. Aber auch den Schulleitern soll bewusst sein, dass sich die Schüler und Eltern nicht mehr die Augen wischen lassen. Sie sollen aus ihrer Position heraus Druck auf das Kultusministerium machen. Wir haben das mit unserem Brief an die Kultusministerin getan, und ich warte noch auf eine Antwort. Wir haben die Hoffnung, dass bei einer jungen Partei wie der AfD, die stark im öffentlichen Interesse steht, die Aufmerksamkeit höher ist. Und wir werden versuchen, weitere Aktionen zu starten.

Haben Sie neben der Bildung weitere Schwerpunktthemen für den Landkreis?

Für uns sind immer noch der Euro und die EU der große Stachel im Fleisch. Das haben wir auch beim Kreisparteitag gemerkt. Daran kann ich hier lokal nicht viel machen, aber ich kann für die AfD werben – und für unser Alleinstellungsmerkmal: die Euro- und EU-Kritik.

Sie sagen, dass die EU seit 20 Jahren die Souveränität Deutschlands und die persönliche Freiheit der Bürger gefährde. Inwieweit spüren Sie eine persönliche Bedrohung?

Mit der Aktion, die Mario Draghi – ein nicht demokratisch gewählter Funktionär – gestartet hat, verschleudert er Gelder, auf die er eigentlich keinen Zugriff haben sollte. Das möchte ich nicht. Da wird Geld, das in unser Land investiert werden könnte, aus dem Fenster geworfen. Und wenn die Zinsen so niedrig werden, leide auch ich persönlich darunter, indem zum Beispiel meine Lebensversicherungen keine Zinsen mehr bringen.

Sie bezeichnen die AfD als „ideologiefreie Bewegung“. Es sind ja aber sehr wohl verschiedene Ideologien in der Partei zu finden. Wie begründen Sie ihre Aussage?

Ich selbst bin ein Mann der Mitte, ich sehe mich weder als Linker noch als Rechter. Aber da der Mainstream in den vergangenen 20 Jahren nach links gerutscht ist, bin ich automatisch ein konservativer Rechter. Ja, wir haben rechtskonservative und rechtsnationale Politiker bei uns in der Partei. Ich muss aber nicht mit allen einer Meinung sein, ich teile da nicht alles. Und linke und rechte Flügel gibt es in jeder Partei. Letztlich treffen wir uns in der Mitte.

Die AfD erscheint zuweilen wie ein Auffangbecken für Menschen aus ganz unterschiedlichen Richtungen, die Folgendes verbindet: eine gewisse Heimatverbundenheit, eine Besinnung auf den Nationalstaat und eine unbestimmte Angst vor Fremdem. Wie sehen Sie das?

Das sehe ich anders. Wir haben keine Fremdenangst und sind nicht gegen den Islam. Wir haben zum Beispiel muslimische Mitglieder, aber auch Deutsche, die mit Migranten verheiratet sind.

Aber fremd müssen ja nicht unbedingt Ausländer sein. Neuerungen jeglicher Art können fremd und beängstigend wirken.

Wir hatten ja 20 Jahre lang Neuerungen – nämlich die EU-Entwicklung. Und diese Neuerungen gefallen uns nicht. Wir wollen das Rad nicht zurückdrehen, wir möchten eine Verbesserung herbeiführen. Die jetzigen Entwicklungen in der EU sind keine gute Sache, und gegen diese Fehlentwicklungen wehren wir uns. Wenn Sie das auf Ausländer übertragen, muss man festhalten: Wir sind ein Zuwandererland. Das sagt auch unsere Partei. Wir haben nichts gegen Ausländer. Wir brauchen sie, um der demografischen Entwicklung entgegenzuwirken. Die Frage ist die Art der Zuwanderer. Der wichtigste Punkt ist die geregelte Zuwanderung. Wir haben uns da Beispielländer herausgesucht wie Kanada und Australien, die sich die Leute aussuchen, die sie brauchen. Mir ist daran gelegen, dass es meinem Staat gut geht. Dafür muss man regulieren, wer ins Land kommt.

Flüchtlinge klammern Sie da aus?

Das haben wir immer gesagt. Aber da gibt es eine andere Frage: Wo ist die EU, wenn man sie braucht? Warum gibt es keine Quote, nach der alle Länder der EU gleichermaßen Flüchtlinge aufnehmen – und nicht Deutschland den Großteil?

Was halten Sie von Pegida?

Ich beobachte das mit Interesse. Für mich ist Pegida keine rassistische, extremistische oder radikale Organisation. Eine Umfrage hat gezeigt, dass die Teilnehmer nicht nur gegen den Islamismus auf die Straße gehen, sondern generell mit der gegenwärtigen Politik der Bundesregierung unzufrieden sind.

Sehen Sie Schnittmengen zwischen der AfD und Pegida?

Ja, es finden sich Forderungen von Pegida in unserem Parteiprogramm wieder. Das sind die geregelte Zuwanderung, die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen und politisch oder religiös Verfolgten, mehr Mittel für die Polizei und weniger Personalabbau, die Ausschöpfung und Umsetzung der vorhandenen Gesetze zum Thema Asyl und Abschiebung und die Einführung von Bürgerentscheidungen nach dem Vorbild der Schweiz. Das hat sich Pegida auf die Fahne geschrieben, aber das stand schon vorher in unserem Parteiprogramm.

Sie nennen als persönlichen politischen Schwerpunkt die Immigration und Integration. Was denken Sie über die Integrationsbemühungen von Migranten im Landkreis?

Es wird viel gemacht. Ich sehe hier keinen Brennpunkt. Wir haben in den Vereinen und Nachbarschaften Migranten, und ich sehe vergleichsweise wenig Probleme.

Sie unterstellen den Altparteien „Unfähigkeit und Hilflosigkeit“. Gilt das auch für die Diepholzer Kreisverbände?

Die Politiker im Landkreis verkaufen die Anliegen ihrer Bundesparteien positiv. Insofern müssen sie sich den Schuh anziehen, dass ihre Bundesparteien unfähig sind, das Problem mit dem Euro zu lösen.

Warum schauen Sie nur auf die Bundespolitik? Sollten Sie in den Kreistag gewählt werden, müssen Sie profane Kommunalpolitik machen.

Da arbeiten wir uns gerade heran. Die Bildung ist unser Einstieg in die Kommunalpolitik. Das war ein wichtiges Thema des Kreisparteitages. Wir werden da noch einige Steine ins Wasser werfen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)