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Landkreis Diepholz Um Wespen kümmert sich der Landkreis

Landkreis Diepholz. Wer Wespennester entfernen möchte, darf ohne den Landkreis nicht handeln. Ehrenamtliche Wespenbeauftragte sind dafür im Einsatz, um Betroffene zu beraten und zu entscheiden, ob die Nester denn auch wirklich entfernt werden dürfen.
19.08.2011, 05:00 Uhr
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Von Bianca Belouanas

Landkreis Diepholz. Zwei Flügel, sechs Beine, gelb-schwarzes Streifenoutfit, wehrhafter Stachel: Viele Menschen versetzt diese Kombination in Panik. Insbesondere Wespen erfreuen sich wenig Beliebtheit. Wer eines ihrer Nester in unmittelbarer Nähe zum Haus hat, setzt nicht selten sämtliche Hebel in Bewegung, um die Tiere loszuwerden.

Doch da das nicht nur gefährlich ist, sondern Wespen genau wie Bienen, Hummeln und Hornissen auch unter Artenschutz stehen, darf ein solches Nest nicht nach Belieben beseitigt werden, warnt Uwe Allhausen von der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Diepholz. Wer meint, er müsse nur mal eben die Feuerwehr oder den Kammerjäger rufen, ist auf dem Holzweg. Tatsächlich lässt sich ein solcher Wunsch nicht ohne bürokratische Hürden verwirklichen - aufgestellt vom Landkreis. "Wir haben dafür ehrenamtliche Wespenbeauftragte im Einsatz, die die Betroffenen beraten und entscheiden, ob ein Nest entfernt werden muss." Das sei beispielsweise der Fall, wenn sich die Tiere unmittelbar über dem Hauseingang angesiedelt haben. "Das stellt eine Gefahr dar, da die Menschen näher als zwei Meter am Nest vorbei müssen und sich die Tiere bedroht fühlen und angreifen könnten", erklärt Allhausen.

"Den Kontakt zu den Wespenbeauftragten stellen entweder wir vom Landkreis oder die Gemeinden her." Insgesamt zehn von ihnen seien im Landkreis im Einsatz, davon acht im Nordkreis in den Gemeinden Stuhr, Weyhe, Syke, Bassum und Bruchhausen-Vilsen. Einer von ihnen ist der 69-jährige Imker Günter Schneider aus Weyhe-Leeste. Einer seiner Ortstermine führt ihn zur Wohnung von Lena Höhle (29) in Kirchweyhe. Seit Ende Juni hat sie täglich mindestens zwei bis drei Wespen im Schlafzimmer, mal tot, mal lebendig - trotz Fliegengitter vor dem Fenster. Auch wenn sie den Tieren nach eigener Aussage mit Gelassenheit begegnet: Ihr dreijähriger Sohn Adrian findet es "gar nicht witzig, wenn die mich stechen" und gerät beim Grillen auf der Terrasse schon mal so in Panik, "dass er drinnen weiter essen muss".

Ortstermin im Schlafzimmer

Mit einem Blick ins Schlafzimmer sieht Günter Schneider "auf Anhieb genügend Möglichkeiten, wo die Wespen reinkommen können" und deutet auf die Holzvertäfelung mit Lücken zwischen den einzelnen Brettern und entlang der Leiste. "Da weiß man nicht, ob die Vertäfelung fest an der Wand anliegt oder dazwischen noch ein Hohlraum ist", so der Wespenexperte. Eine Leiste hat sich etwas gelockert. Schneider drückt dagegen, da löst sie sich weiter von der Decke. "Oha, sehen Sie den Schlitz? Da passt sogar 'ne Hornisse durch!", staunt der 69-Jährige. Sein Rat: "Wenn Sie auf Dauer Ruhe haben wollen, wenden Sie sich an den Vermieter, damit er sich darum kümmert, die Vertäfelung rundum mit Silikon abzudichten." Das Nest zu beseitigen werde teuer. "Wenn Sie da ran wollen, muss das Dach aufgemacht werden", sagt er mit Blick auf die Einflugschneise unterhalb des Fensters, wo sich das Bleiband etwas hochgewölbt hat und eine Lücke zwischen den Dachpfannen freigibt. "Dafür haben die Dachdecker Spezialklebeband, damit lässt sich das verschließen", weiß der Wespenexperte.

Die Entfernung des Nests unter Abdeckung des Dachs lohne aber kaum, da die Wespensaison Ende August bis Ende November ohnehin ende und das Nest anschließend verrotte. Mit der kühleren Witterung und dem knapperen Nahrungsangebot sterben die Völker ab. Einzig die Königin überwintert, um im Frühling ein neues Volk aufzubauen. "Wespen bauen immer ein neues Nest. Aber es ist nicht auszuschließen, dass sie das am selben Standort tun", so Schneider.

In anderen Fällen, etwa bei offen zugänglichen Nestern über Hauseingängen, schreitet der Imker auch persönlich ein. "Alle Wespenarten außer der Deutschen und der Gemeinen Wespe stehen unter besonderem Schutz." Grundsätzlich dürfe niemand ohne Rücksprache mit dem Landkreis gegen die Tiere vorgehen. Handelt es sich um eine besonders geschützte Art, "muss ich Rücksprache mit dem Landkreis halten, ob ich die Entfernung empfehle". Der stelle dann gegebenenfalls eine Genehmigung aus. "Das kostet die Betroffenen um die 100 Euro. Mich ärgert es ein bisschen, das ich als Ehrenamtlicher die ganze Arbeit mache und nur die Fahrtkosten erstattet bekomme, während der Landkreis für ein Stück Papier so viel Geld nimmt", gibt Schneider zu. Er sieht sich allerdings der Natur verpflichtet: "Wir brauchen die Wespen als Schädlingsfresser und Bestäuber. Deshalb würde ich ein Nest auch nie vernichten, sondern nur abbauen und umsiedeln. Das macht allerdings schon ein paar Stunden Arbeit."

Betroffene sollten sich im Umgang mit Wespen ruhig verhalten und über den Landkreis (05441/976-1308) oder ihre Gemeinde den Kontakt zu den Wespenberatern suchen, rät Uwe Allhausen von der unteren Naturschutzbehörde. "Wir stellen immer wieder fest, dass Menschen aus Unkenntnis eine unbegründete Angst vor Wespen entwickeln und beispielsweise Ammenmärchen wie ,sieben Wespenstiche töten ein Pferd, dann vielleicht schon einer einen Menschen' zitieren." Ihnen helfe oft schon ein Telefonat. Auch Naturschutzverbände informieren zum Thema: So hat der Nabu eine Infobroschüre über Wespen, Hummeln und Wildbienen herausgebracht. Interessierte können sie gegen drei Euro in Briefmarken beim Nabu, Contrescarpe 8, 28203 Bremen, anfordern.

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