In den Köpfen vieler Lemwerderaner und Grohner ist die Weser als Trennlinie verankert. Die Pastoren Frauke Löffler aus Grohn und Jochen Dallas aus Lemwerder wollen die Grenze aufheben. Für Pfingstsonntag planen sie einen gemeinsamen Gottesdienst auf dem Ritzenbütteler Sand.
Es ist nur ein Katzensprung von Lemwerder nach Grohn. Dennoch hat es oft den Anschein, als liege ein Gebirge anstelle eines Wasserlaufs zwischen den Ortschaften. „Im Kopf ist der Fluss als Trennung verankert“, hat Pastor Jochen Dallas schon frühzeitig nach seinem Amtsantritt vor knapp zwei Jahren erfahren. Dieser Trennung hatte er von Anfang an entgegenwirken wollen.
In der Pastorin der Kirchengemeinde Grohn, Frauke Löffler, hat Dallas eine Verbündete gefunden. Gemeinsam sind sie in den vergangenen Monaten daran gegangen, die Kirchengemeinden einander zu öffnen. „Kürzlich haben sich erstmals unsere Frauenkreise getroffen“, erzählt Dallas erfreut. „Die Lemwerderaner haben Grohn zum Kaffeetrinken besucht“, schildert Frauke Löffler. „Eine Frau hat dabei von ihrem Mann erzählt, der vor 70 Jahren in unserer Kirche konfirmiert worden ist.“ Schnell hatten die Frauen Gesprächsthemen gefunden. „Das erste Treffen ist mit Skepsis betrachtet worden“, resümiert Dallas, „doch jetzt überwiegt die Freude“. Ein nächstes Treffen ist bereits vereinbart. Im kommenden Jahr werden die Grohner Frauen den Weg über die Weser antreten.
Bewegter Gottesdienst
Jochen Dallas hat die gefühlte Trennung nie verstanden. „Es ist mit dem Fahrrad viel näher von Grohn nach Lemwerder als nach Schönebeck. Gleiches gilt für Lemwerder: Man ist schneller in Grohn als in Berne. Für das bevorstehende Pfingstfest haben sich die beiden Kirchengemeinden nun zu einem gemeinsamen Gottesdienst mit anschließendem Fest auf dem Ritzenbütteler Sand verabredet. „Pfingsten liegt auf der Hand“, sagt Jochen Dallas, „Es ist die Aufhebung der Verwirrung. Die Menschen verstehen sich plötzlich“. Frauke Löffler ergänzt: „Pfingsten weht der Geist hoffentlich auch über den Fluss.“
Treffpunkt ist das Pilgerkreuz am Ende des Ritzenbütteler Sandes. Der von Jochen Dallas und Frauke Löffler gemeinsam gestaltete Gottesdienst beginnt um 11 Uhr. Musikalisch unterstützt werden die beiden Pastoren vom Posaunenchor Altenesch-Lemwerder sowie vom Chorus Sancti Michaelis der Grohner Kirchengemeinde. Anschließend wollen die Pastoren noch mit ihren Gemeindegliedern bei einem Picknick zusammen sitzen. „Wir haben die Leute gebeten, etwas mitzubringen, was sie mit anderen teilen können“, sagt Pastorin Löffler. Mitzubringen sind in jedem Fall auch Wolldecken, denn Stühle wird es auf der Landzunge nur wenige geben. Die ständen vermutlich sowieso im Weg. „Es ist geplant, dass wir beim Gottesdienst ein wenig in Bewegung kommen“, blickt Frauke Löffler voraus.
Die Lemwerderaner Kirchengemeinde bietet ihren Mitgliedern, die kein Fahrrad fahren können, einen Shuttle-Service zum Picknickplatz an. Die Grohner Gemeindeglieder treffen sich am Sonntag, 8. Juni, an ihrer Kirche. Um 10 Uhr geht es gemeinsam mit dem Fahrrad Richtung Lemwerder. Den Platz neben dem Pilgerkreuz auf der Landzunge empfinden beide Pastoren als ideal. „Wir blicken auf beide Gemeinden“, freut sich Jochen Dallas.
Den Gottesdienst werden er und Löffler auf der Fläche zwischen Kreuz und dem Mini-Wäldchen feiern. „Die Bäume dienen uns als Rückwand, wegen der Akustik.“ Zudem spendeten sie bei dem derzeit vorausgesagten Sonnenschein Schatten.