Mit Spannung und akribischer Vorbereitung wurde allerorts die Ankunft des Orkantiefs „Xaver“ erwartet. Der Sturm wirkt sich auch heute noch auf den Alltag in Delmenhorst und im Landkreis aus, hielt sich zumindest gestern zunächst aber vornehm zurück. Gleichwohl hatte die Delmenhorster Berufsfeuerwehr eigens für ihn ihre stillgelegte Leitstelle reaktiviert.
Er fegte zwar in scharfen Böen durch die Stadt und die Umland-Gemeinden – dennoch waren die Auswirkungen von „Xaver“ auf Delmenhorst und den Landkreis Oldenburg am Donnerstag tagsüber aber gering. Bis Redaktionsschluss hatte die Feuerwehr noch keinen nennenswerten orkanbedingten Einsatz zu absolvieren, wie sie mitteilte. Lediglich auf den Bahnstrecken bewirkte der Orkan Verkehrsbehinderungen.
Was den Freitag betrifft, ist wieder mit Einschränkungen zu rechnen: Einige Einrichtungen bleiben erneut geschlossen, und zumindest im Landkreis Oldenburg sowie an der kreiseigenen Graf-Anton-Günther-Schule in der Stadt Oldenburg fällt die Schule aus. In Ganderkesee haben die Horte daher am Freitag schon ab 8 Uhr geöffnet. Delmenhorst will in Sachen Schulausfall heute spontan entscheiden – und ebenso dann erst festlegen, ob der Weihnachtsmarkt wieder öffnet (www.delmenhorst.de). Ob der Weihnachtsmarkt in Wildeshausen am heutigen Freitag stattfinden kann, entscheidet auch die Kreisstadt nach aktueller Wetterlage. In Ganderkesee soll die Budenstadt wie geplant eröffnet werden. Der letzte Stand werde gerade aufgebaut, und auch die Dächer seien weitgehend montiert, meldete Thomas Beneker von der Werbegemeinschaft „Gantermarkt“ am Donnerstag Nachmittag.
Auch anderes stand schon fest: Im Delmenhorster Bürgerbüro, Standesamt sowie in der Führerschein- und Ausländerstelle wird es heute eine Notbesetzung geben – ebenso beim Gewerbeservice. Für alle Heiratswilligen gilt: „Die für heute terminierten Trauungen finden wie geplant statt.“ Die Volkshochschule (VHS) in Delmenhorst strich bereits alle Veranstaltungen, die am heutigen Vormittag stattfinden sollten. In Wildeshausen hat die VHS sogar für den ganzen Freitag alles abgesagt, die Einrichtung bleibt geschlossen. Eine weitere Absage kam auch seitens der Musikschule der Stadt Delmenhorst: Sie hat gestern kurzfristig beschlossen, das für heute Abend in der Willms-Aula geplante Konzert des französisch singenden Chores „Atelier français“ zu verschieben. Es wird laut Musikschulleiter Michael Müller einen Nachholtermin geben – „aber nicht mehr in diesem Jahr“.
Wie schon bei Orkan „Christian“ im Oktober kam es durch den Sturm gestern wieder zu starken Einschränkungen im Bahnverkehr – auch heute müssen die Fahrgäste der Deutschen Bahn und der Nordwestbahn mit Einschränkungen, Verspätungen, Ausfällen und Ersatzfahrten mit Bussen rechnen. Fahrgäste erhalten aktuelle Informationen im Netz unter www.nordwestbahn.de sowie bei der Deutschen Bahn unter anderem unter der kostenlosen Rufnummer 08000/ 99 66 33.
Feuerwehr reaktiviert Leitstelle
Um die möglichen Einsätze im Stadtgebiet zu koordinieren, hatte die Berufsfeuerwehr Delmenhorst in Erwartung des Orkantiefs „die alte Leitstelle reaktiviert“, wie Feuerwehrsprecher Ulf Masemann schilderte. Nach Priorität würden anfallende Einsätze abgearbeitet, und zwar mit „kleineren Einheiten“ als üblich. „Mit den kleineren Trupps schaffen wir mehr, als wenn automatisch eine Acht-Mann-Besatzung zu einem Einsatz fährt“, schilderte Masemann. Feuerwehrleute wurden aus der Freischicht gerufen und viele Einsatzfahrzeuge mit Motorsägen ausgestattet. Allerdings sei bis 17 Uhr noch kein orkanbedingter Einsatz zu absolvieren gewesen, sagte Masemann. Die Feuerwehr rechnete nach seinen Angaben zu diesem Zeitpunkt aber damit, „dass Schnee heute Nacht noch kommt“.
Am frühen Donnerstag Abend meldete sich die Delmenhorster Leitstelle bis auf Weiteres bei der Großleitstelle Oldenburger Land ab. „Wenn es Einsätze gibt, melden wir sie wieder an“, sagte Masemann. Einsätze würden der reaktivierten Delmenhorster Leitstelle von der Großleitstelle Oldenburger Land übermittelt, an die auch gestern zunächst mal alle Notrufe über 112 aus Delmenhorst und dem Landkreis gingen.
Faxserver war überlastet
Genauso wurde in Ganderkesee verfahren, wie Gemeindebrandmeister Horst-Dieter Meyer schilderte. Die Alarmierungen werden bei einer Sturmlage von der Großleitstelle durchgereicht – auch zur sogenannten Führungsstelle in der Gemeinde. So sei schon vor fünf Wochen, als das Orkantief „Christian“ wütete, in Ganderkesee verfahren worden. Aber: „Da bekamen wir die Einsätze per Fax von der Großleitstelle, irgendwann war der Faxserver überlastet.“ Daraus sei gelernt worden, gestern gab es andere Kommunikationswege.
Gelernt hat man offenbar auch in Delmenhorst, wo es beim Orkan „Christian“ dem Vernehmen nach noch keine Reaktivierung der Leitstelle gab. Da aber während der Koordination durch die Großleitstelle aufgrund der Vielzahl der Notrufe offenbar einiges schief gelaufen sein dürfte, ist die Stadt Delmenhorst diesen Schritt gegangen. Offiziell bestätigen wollte dies gestern allerdings niemand. Feuerwehrchef Thomas Simon möchte sich in den nächsten Tagen äußern. Dem Ersten Stadtrat Gerd Linderkamp, der auch dem Verwaltungsrat der Großleitstelle angehört, war nichts davon bekannt, dass die Aufgabenverteilung ursprünglich mal anders laufen sollte oder gar anders gelaufen war als gestern, wie er sagte. Er hält die Großleitstelle mittlerweile grundsätzlich für eingespielt. Von doppelt vorgehaltenen Strukturen, weil in Delmenhorst die Führungsstelle zufällig in der alten Leitstelle eingerichtet wurde, könne man nicht sprechen, findet Linderkamp.
Hans Rüger, Geschäftsführer der Großleitstelle in Oldenburg, erklärte: „Das ist eine Standardverfahrensweise und bedeutet absolut nicht, dass wir in der Großleitstelle nicht in der Lage sind, mit der Orkan-Situation umzugehen.“ Andererseits hatte er selbst, wie gestern berichtet, an die Öffentlichkeit appelliert, nur echte Notfälle an die Großleitstelle zu melden, weil während des Orkans „Christian“ die Leitungen mit Bagatell-Notrufen verstopft gewesen seien.