Der Fußball hat viel getan, um den Betrieb nach dem ersten Lockdown wieder ins Laufen zu bringen. Doch wie in diesen Tagen kreuz und quer in Europa nach Austragungsorten für Fußballspiele gefahndet wird, ist absurd. Der Stand: RB Leipzig trägt sein Heimspiel in der Champions League gegen Liverpool in Budapest aus, weil für Engländer in Deutschland besondere Einreisebedingungen gelten. Das Spiel hätte auf deutschem Boden nicht stattfinden dürfen. Weil auch Mönchengladbach gegen das englische Team von Manchester City spielt, werden die Borussen ebenfalls nach Budapest reisen, um dort auf Heimspiel zu machen. Die TSG Hoffenheim, die in der Europa League auf die Norweger vom Molde FK trifft, hat das Auswärtsspiel in Spanien – alles klar?
Man muss schon ein ziemlich großer Fußball-Fan sein, um bei all dem Geschiebe und Geschacher noch Lust auf diesen Sport zu haben. Dass der FC Bayern nach dem Weltpokal-Finale am Donnerstag in Katar vier Tage später in der Bundesliga schon wieder gegen Bielefeld spielen darf, ist da nur konsequent. Die Politik verordnet der Bevölkerung einen Lockdown, der noch bis Ostern anhalten könnte. Verbunden mit der dringenden Bitte, auf jegliche Reisen ins Ausland zu verzichten. Der Fußball aber fliegt weiter durch Europa und die Welt – eine Zweiklassen-Gesellschaft.
Dass einem großen Verband wie der Europäischen Fußball-Union (Uefa) nichts anderes einfällt, als Fußballspiele einfach nur in Länder zu verschieben, in denen gespielt werden darf, ist dauerhaft schädlich. Das ist kein Konzept, sondern dient nur dazu, die finanzielle Maschinerie am Laufen zu halten. Vereine, die sich weigern, ihre Heimspiele ins angeblich sichere Ausland zu verlegen, verlieren das Spiel 0:3, so sieht es der Strafenkatalog der Uefa vor. Und die europäische Politik schaut tatenlos zu, wie ein Sportverband einen Fußballverein unter Druck setzt, sich dem Lockdown zu entziehen.
Der Fußball muss sich seit Monaten fragen lassen, ob er den Bezug zur Realität verloren hat. Die Antwort lautet: Ja, das hat er.