Ich weiß ja nicht, wie Sie das sehen. Aber mich nervt die Leichtigkeit, mit der Trainer und Spieler zum Ausdruck bringen, dass ihnen egal ist, wer der nächste Gegner sein wird oder wer für die eigene Mannschaft auflaufen kann und wer nicht. Könnte es sogar sein, dass diese Leichtigkeit Teil einer Psycho-Strategie ist?
Ich finde es bemerkenswert, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht das geringste Bedauern darüber geäußert hat, dass Jonathan Tah nach seiner zweiten Gelben Karte fürs Achtelfinale gegen Dänemark gesperrt ist. Für mich ist es eine höchst spezielle Form der Wertschätzung gegenüber Tah, wenn sein Trainer nur sagt, dass dessen Vertreter es genauso gut machen würde.
Wäre ich der Bundestrainer, hätte ich meiner Aussage wenigstens ein "Schade, dass er ausfällt" vorangestellt. Denn erkennbar hatte Tah mehr Vertrauen von Nagelsmann erhalten als der andere, der es angeblich genauso gut kann. Sonst hätte der nämlich auch schon vorher spielen können – meinetwegen im Wechsel mit Tah.
Womöglich aus psychologischen Gründen scheinen Trainer und Spieler über etwaige Unannehmlichkeiten lieber nicht zu sprechen. Das könnte ja auch den Eindruck erwecken, dass mit dem eigenen Selbstvertrauen etwas nicht stimmt. Ich kann mich aber gut daran erinnern, dass ich mit meiner Handballmannschaft früher auch Wettbewerbe gewonnen habe, nachdem wir vorher nicht nur gedacht, sondern sogar laut gesagt hatten, diesen oder jenen Gegner lieber erst im Endspiel treffen zu wollen.
Ich werde genau beobachten, wie es ums Selbstvertrauen von Jonathan Tah bestellt ist, wenn er im Viertelfinale wieder für Deutschland verteidigt. Vorher werde ich noch die Daumen drücken, dass das dänische Team meine Pläne bitte nicht durchkreuzen möge.
