Dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) stehen bis zur Wahl des neuen Präsidenten im kommenden März unruhige Monate bevor. Nach jetzigem Stand gibt es mindestens zwei Bewerber um die wohl wichtigste Position im deutschen Fußball: Peter Peters (Aufsichtsratschef der Bundesliga und nach dem Rücktritt von Fritz Keller Interimspräsident des DFB) sowie seit dieser Woche auch Bernd Neuendorf (Präsident des Fußball-Verbandes Mittelrhein). Bis zum 10. Februar können weitere Kandidaten nominiert werden.
Der frühere Schalker Vorstand Peters, der den deutschen Fußball derzeit auch im mächtigen Weltverband Fifa vertritt, entwickelte für seine Kandidatur nun ein Konzeptpapier, das erhebliche Veränderungen innerhalb des DFB anregt und damit fast schon einer Revolution gleichkommt. In dem 30 Seiten umfassenden Konzept, das dem WESER-KURIER vorliegt, wird erst gar nicht der Versuch unternommen, eine heile DFB-Welt vorzugaukeln. „Der deutsche Fußball hat seine Glaubwürdigkeit eingebüßt!“, urteilt Peters, „in den vergangenen Jahren und Monaten ist das Vertrauen der Gesellschaft in den Fußball verlorengegangen. Beides müssen wir zurückgewinnen.“
Dass dies nicht mit guten Worten, sondern vor allem durch entsprechende Taten erfolgen muss, dürfte für den an vielen Stellen verkrusteten DFB-Apparat eine so wichtige wie schmerzhafte Botschaft sein. Präsidentschaftskandidat Peters versieht sie mit drei Ausrufezeichen: „Wenn wir die Akzeptanz in der Gesellschaft zurück erlangen wollen, müssen wir an uns arbeiten und vieles ändern. Ein ‚weiter so‘ ist keine Option!!!“
in seinem Konzept „DFB 2.0 Miteinander – Füreinander“ geht es um tiefgreifende Veränderungsprozesse von der Talentförderung bis zur Besetzung wichtiger Positionen innerhalb des größten Sportfachverbandes der Welt, der in den vergangenen Monaten und Jahren vor allem durch diverse Präsidenten-Skandale, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen, Rücktritte und dubiose Millionenzahlungen in Verruf geraten ist. Geht es nach Peters, soll der DFB künftig eine Führung bekommen, in der neben Erfahrung auch Kompetenz und gegenseitiges Vertrauen die Basis für eine bessere Zukunft sein sollen – und mehr Weiblichkeit, wie an mehreren Stellen des Plans deutlich hervorgehoben wird. „Der DFB sollte den Anteil der Frauen im Präsidium erhöhen“, fordert Peters, der eine Vizepräsidentin für die Schwerpunkte Diversität und Nachhaltigkeit einführen möchte und der betont: „Hierbei geht es nicht um eine Quote, sondern um gesellschaftliche Anerkennung und tatsächliche Veränderung. Die aktuelle Wertediskussion am Beispiel Katar zeigt den gesellschaftspolitischen Handlungsbedarf.“
Weitere Kernbotschaften des 59-Jährigen: Kein neuer internationaler Spielkalender – und Schluss mit dem Lagerdenken und der seit Jahren zunehmenden Spaltung zwischen Amateuren und Profis. Peters: „Es gibt nur einen Fußball.“ Zudem soll nach dem ständigen Theater um die Kompetenzen des kläglich gescheiterten vormaligen DFB-Chefs Keller das Präsidentenamt deutlich gestärkt werden, von einer Richtlinienkompetenz bis hin zu einem Stimmrecht bei Belangen der Mitgliedsverbände. Peters: „Der DFB-Präsident ist Vermittler, Moderator und Netzwerker zwischen den Profis und Amateuren.“ Und eben kein Grüßonkel, soll das heißen.
Wie nötig Veränderungen im DFB unabhängig von Peters eigenen Ambitionen sind, zeigte ausgerechnet die Nominierung des zweiten Kandidaten Neuendorf in dieser Woche, den die Konferenz der Landes- und Regionalverbandspräsidenten vorschlug. Ob genau das rein satzungstechnisch im DFB überhaupt zulässig war, darüber wird nun gestritten. Es ist und bleibt also ein weiter Weg zu einem Miteinander – und wieder geht es dabei gar nicht um Fußball.