Wer den Führerschein erhalten will, muss eine theoretische und eine praktische Prüfung ablegen – soweit nichts Neues. Wer diese Prüfungen schaffen will, sollte ausreichend lernen und genügend praktische Fahrstunden nachweisen. Was in Schulen vermutlich schon seit Jahrzehnten Schüler hin und wieder versuchen, kommt in den vergangenen Jahren nun auch in den Fahrschulen, besser gesagt bei den theoretischen Prüfungen vor: Betrugsversuche. Das betreffe laut Fahrlehrer Erik Hübner von der Fahrschule "musterschule" aus Delmenhorst zwar zumeist größere Städte, aber auch in Delmenhorst kommen vermehrt Fälle ans Tageslicht. Eine Dunkelziffer kenne man allerdings nicht.
Zwei Arten von Täuschungsversuchen
Es gibt zwei Arten von Täuschungsversuchen: die technische und die menschliche Täuschung. Bei der Technischen werde versucht, beispielsweise mit einem Knopf im Ohr oder einer Kamera zu täuschen. An der anderen Leitung sitzt dann beispielsweise jemand, der die Fragen beantworten kann und diese Antworten dem Prüfling direkt auf das Ohr gibt. Hübner prüft selber nicht. Das ist auch nicht die Aufgabe der Fahrlehrer. Allerdings bekommt er durch seine Praxis naturgemäß viel mit. So erzählt er von einer Geschichte, bei der ein Schüler mit einer Kamera betrogen habe. Der Schüler hatte einen Pullover an, auf dem ein Bär aufgedruckt war. In eines der Nasenlöcher des Bären hatte der Prüfling eine Knopfkamera eingebaut. "Das Equipment dahinter ist enorm", so Hübner.
Und auch das Kontrollieren während der Prüfung sei nicht so leicht. "Es ist wahnsinnig schwer, das alles zeitlich zu schaffen", meint Hübner. Körperliche Durchsuchungen sind außerdem nicht erlaubt. Ein Gerät, mit dem sich die Prüfer zu helfen versuchen, ist eine Art Detektor. Mit diesem können Funkwellen von Smartphones, Smartwatches oder Ähnlichem erkannt werden. So möchten Prüfer versuchen, noch aktive Geräte während der Prüfung zu erkennen.
Nun zu dem "menschlichen" Täuschungsversuch. Bei diesem tritt für den Prüfling jemand mit ähnlichem Aussehen die Prüfung an – sozusagen ein Doppelgänger. Der TÜV nennt das eine Stellvertretertäuschung. Diese kämen besonders häufig vor, meint Wolfgang Bamberg vom TÜV. Täuschungen im Allgemeinen gab es "dieses Jahr so viele wie noch nie", so Bamberg. Doch weshalb gibt es so viele Täuschungen? Das lasse sich laut Hübner nicht genau beantworten. Er vermutet, dass häufig Sprachbarrieren eine entscheidende Rolle spielen. Dazu merkt er allerdings an, dass man die theoretische Prüfung in zwölf verschiedenen Sprachen machen könne. Diese sind: Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Russisch, Kroatisch, Spanisch, Türkisch und Arabisch. Die praktische Prüfung kann nur in Deutsch abgelegt werden.
Sperre von bis zu neun Monaten möglich
Die Strafen bei Täuschungsversuchen sind eine Sperre von bis zu neun Monaten. Danach kann dann zum nächsten Versuch angetreten werden. Allerdings gebe es schon noch Unterschiede. Denn handelt es sich um eine Stellvertretertäuschung, verwendet der Stellvertreter ja auch den Ausweis des eigentlichen Prüflings. Damit rutscht man in den Bereich des Missbrauchs von Ausweisdokumenten. Dieser ist im Detail im Paragraf 281 des Strafgesetzbuches aufgelistet und besagt Folgendes: "Wer ein Ausweispapier, das für einen anderen ausgestellt ist, zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht, oder wer zur Täuschung im Rechtsverkehr einem anderen ein Ausweispapier überlässt, das nicht für diesen ausgestellt ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft." Der Versuch sei strafbar. Einem Ausweispapier stehen laut Strafgesetzbuch Gesundheitszeugnisse sowie solche Zeugnisse und andere Urkunden gleich, die im Verkehr als Ausweis verwendet werden.
Es sei auch schon vorgekommen, dass ein ertappter Vertreter oder Prüfling weggerannt ist. Da können die Prüfer dann allerdings nicht hinterherlaufen. "Wenn du herausgehst, wird da wahrscheinlich noch eine Gruppenarbeit draus", sagt Hübner schmunzelnd. So appelliert der Fahrlehrer: "Die Vorbereitung geht schneller, als sich mit diesen kriminellen Machenschaften auseinanderzusetzen".