Von dem verheerenden Hochwasser, das im vergangenen Jahr rund um die Weihnachtsfeiertage in Teilen Niedersachsens herrschte und massive Schäden anrichtete, blieb Delmenhorst weitgehend verschont. Zu verdanken ist dies der Delmetalsperre. „Ohne das Rückhaltebecken wäre die Stadt vollgelaufen“, erklärt Matthias Stöver, Geschäftsführer des Ochtumverbandes. Im Dezember 2023 war das Becken, das eine Fläche von 90 Hektar umfasst, laut Angaben von Stöver mit 1,2 Millionen Kubikmeter Wasser zu zwei Dritteln befüllt. „Wir hatten noch Luft nach oben“, sagt er. Die Hände in den Schoss legen können die Verantwortlichen in Delmenhorst – sprich die Stadt, die als Kommune laut Gesetz für den Hochwasserschutz zuständig ist – aber deshalb noch lange nicht. Denn die Delmedeiche müssen dringend saniert werden. Wenn alles glatt läuft, können die Arbeiten im Herbst/Winter des kommenden Jahres beginnen. Davon geht der Geschäftsführer des Ochtumverbands, der die Trägerschaft für den Bau übernommen hat, aus.
Wo groß ist das Problem an den Delmedeichen?
Auf einer Länge von gut 1,5 Kilometer erstreckt sich links und rechts der Delme, von der Talsperre in Schlutter bis in die Graftanlagen, der Deich, der im rechtlichen Sinne eigentlich „nur“ eine Verwallung ist. Diese Erdwälle sind auf der kompletten Länge in keinem guten Zustand. Matthias Stöver nennt das Bodenmaterial historisch und sagt: "Die Deiche sind nachweislich nicht in Ordnung." Das Problem sei, dass man nie genau wisse, wo Sickerstellen entstehen und die Feuerwehr eventuell aktiv werden muss. "Die Delmetalsperre verschafft uns Zeit, um Reparaturen vorzunehmen", erklärt Stöver weiter. Deshalb sei es richtig gewesen, zuerst die Sperre zu bauen. Nun seien aber die Deiche dran.
Wie ist der aktuelle Stand der Planungen?
Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung über die Finanzierung der Gesamtkosten für den Bau und den Betrieb der Hochwasserschutzanlagen (Delmedeiche) zwischen der A 28 und den Graftanlagen hat der Delmenhorster Stadtrat in seiner Sitzung kurz vor der Weihnachtspause beschlossen. Der Ochtumverband wird darin als Träger aufgeführt. "Wir managen alles", erklärt der Geschäftsführer des Ochtumverbandes, der seine Satzung ebenfalls entsprechend angepasst hat. Die Kosten für die Baumaßnahme sowie die künftige Unterhaltung der Delmedeiche trägt die Kommune.
Wie steht es um Fördermittel für die Deichsanierung?
Nach Schätzungen des Ochtumverbandes werden die voraussichtlichen Kosten der Sanierung bei sechs Millionen Euro liegen. 70 Prozent davon sollen über Fördermittel des Landes und der EU aus dem Topf „Hochwasserschutz-Binnenland“ finanziert werden. Der Antrag wurde schon vor einigen Monaten gestellt, aber noch nicht beschieden. "Aufgrund personeller Ausfälle haben wir noch keinen Zuwendungsbescheid. Das soll im Frühjahr erfolgen", berichtet Stöver auf Nachfrage.
Was bedeutet der fehlende Zuwendungsbescheid?
Der wasserrechtliche Planfeststellungsbeschluss liegt längst vor. „Die Baugenehmigung ist erteilt“, erläuterte Matthias Stöver bereits im April dieses Jahres gegenüber unsere Redaktion. Solange die finale Finanzierung der Sanierungsmaßnahme nicht steht, dürfen die Arbeiten an den Hochwasserschutzanlagen aber nicht beginnen. Eigentlich. Wie Stöver berichtet, hat der Ochtumverband eine Genehmigung zum vorzeitigen Vorhabenbeginn erhalten: "Uns wurde eine Ausnahme erteilt, sodass weitermachen können."
Welche nächsten Schritte sind geplant?
"Die Ausschreibungen sind in Vorbereitung", erklärt der Geschäftsführer des Ochtumverbandes. Unter anderem gilt es, ein Planungsbüro zu finden. Auch dies müsse europaweit ausgeschrieben werden, was Zeit in Anspruch nehme. "Das Planungsbüro werden wir nicht vor April/Mai haben", so Stöver. Dementsprechend geht er davon aus, dass die eigentlichen Arbeiten an den Hochwasserschutzanlagen frühestens im Herbst 2025 starten können. Parallel sei der Ochtumverband bereits am Thema Grunderwerb dran. "Wir brauchen das eine oder andere Grundstück", so Stöver.
Was ist im Rahmen der Sanierung konkret geplant?
Die Sanierung der insgesamt drei Kilometer reichenden Deichlinie erfolgt laut Matthias Stöver „sehr heterogen“. In einigen Bereichen ist ein Teilneubau geplant. Das heißt, parallel zum bestehenden Deich soll eine neue Dammtrasse gebaut werden. Zwischen dem alten und neuen Deich entstehe dann Raum, in dem sich die Natur zu einer ökologisch wertvollen Auenlandschaft entwickeln kann. „Das gilt zugleich als Ausgleich- und Ersatzfläche“, so Stöver. In den Bereichen, wo alte Bäume stehen oder nicht genug Platz ist, wird der Delme-Deich mit Stahlspundwänden ertüchtigt. Auf diese Weise werde der Deich „standsicher“. Wie Stöver erklärt, ist diese Maßnahme eine aufwendige.
Wie schätzt der Ochtumverband die derzeitige Hochwassergefahr für Delmenhorst ein?
"Die Prognosen sehen ganz gut aus", erklärt Matthias Stöver. Zugleich merkt der Geschäftsführer des Ochtumverbandes an, dass die Böden bereits gesättigt sind, sodass jeder Niederschlag "abfuhrwirksam" werde. "Wenn es zwei, drei Tage lang 20 bis 30 Liter Regen gibt, kommen wir in den Bereich, in dem wir im Rückhaltebecken einstauen müssen", erklärt er.