Heute beginnt das 25. Jazzfest Delmenhorst. In der Markthalle spielen um 11 Uhr die „Jazzinvaders“, jene Big Band, die Hans Kämper leitet. Der Mann also, der 1989 das erste Jazzfest organisiert hat. Dieser Auftritt soll auch ein Dankeschön an seine Arbeit sein. Und sie bietet Gelegenheit, auf 25 Jahre Jazz in Delmenhorst zurückzublicken.
Hans Kämper sollte sich erklären. So könne es doch nicht weitergehen, er war vielleicht zu weit gegangen. Er erinnert sich mit einem Schmunzeln an diese Episode mit einem städtischen Kulturdezernenten, eine von vielen schönen Erinnerungen aus 18 Jahren Jazzfest Delmenhorst, die er gestaltet hat. Aber mit dem Auftritt der beiden Gitarristen Elliott Sharp und Jean-Paul Bourelly führte er einige Zuschauer an ihre Grenze. Das war vielen zu krass, zu freier Free Jazz. Aber: Niemand hatte versprochen, dass es einfach sein würde, niemand hatte die Absicht, Easy Listening aufzuführen. Schon gar nicht Hans Kämper.
Sofort zugesagt
„Wir hatten eigentlich immer ein aufregendes Programm, das auch das Publikum gespalten hat“, erzählt Kämper, mittlerweile 65 Jahre alt und seit 2007 Jazzfest-Pensionär. Doch jetzt, zur 25. Auflage seines Babys, kehrt er zurück. Mit den „Jazzinvaders“, die er leitet. Heute ab 11 Uhr spielen sie – als Quasi-Festival-Eröffnung – ein rund zweistündiges Frühschoppen-Programm in der Markthalle. Man merkt Kämper an, dass er diese Geste von Annett Becker-Edert, der neuen künstlerischen Leiterin des Festes, zu schätzen weiß.
1988 muss es gewesen sein, als der damalige Stadtdirektor Bernhard Bramlage auf Kämper zukam. Er wollte gern ein Jazzfest in der Stadt haben, so wie es Westerstede auch seit ein paar Jahren auf die Beine stellte. Es lag nahe, Kämper zu fragen, nicht nur weil er den Fachbereich Jazz und Pop an der Musikschule Delmenhorst leitete. „Ich habe selbst als Jazzmusiker in vielen Formationen gespielt und dadurch hatte ich viele Verbindungen“, erzählt er. Die Zeitschrift „Jazzpodium“ bezeichnete Kämper 1995 als einen der „profiliertesten deutschen Jazzmusiker“. „Ich habe damals sofort ja gesagt.“
Keinen Wert auf große Namen gelegt
Kämper wollte zeitgenössischen Jazz auf die Bühne bringen. „Ich empfand es als spannende Angelegenheit, die kreative Seite des Jazz zu zeigen, eine Musik aufzuführen, die sich weiterentwickelt.“ Und weil die Stadt damals noch über etwas mehr Geld als heute verfügte, konnte er für jeden der drei Abende drei Bands buchen. Wobei er zugibt, dass ihm seine Kontakte auch geholfen haben, einfach weil Weggefährten für einen Sonderpreis nach Delmenhorst kamen.
Kämper engagierte damals einige Hochkaräter. Gleich im ersten Jahr: Jan Garbarek. Natürlich kam sein steter Weggefährte Albert Mangelsdorff, John Scofield war da, Bugge Wesseltoft, Klaus Doldinger oder die NDR Bigband, die sogar gern Hausband des Festivals geworden wäre. Damit kein falscher Eindruck aufkommt: Kämper ging es dabei nie um Starkult. Ihm war es nicht wichtig, Namen, die das Kleine Haus ausverkaufen, zu zeigen. Er wollte vor allem stets Spannendes und Unerhörtes auf die Bühne bringen, ungeachtet all der beschriebenen Nebenwirkungen, er war da kompromisslos.
Mit Schlenker zur Posaune
Zu seinem Instrument, der Posaune, und damit auch zum Jazz fand Kämper selbst eher durch einen ungewöhnlichen Schlenker. In seiner Heimatstadt Kamp-Lintfort spielte er in den 60er-Jahren in einer Beatkapelle Gitarre. Blechbläser kamen in dieser Musik nicht vor. „Dass ich zur Posaune fand, lag an einem wilden anarchischen evangelischen Kantor“, erzählt Kämper. Er lud die Jungs in die Kirche ein und ließ sie im Posaunenchor mitspielen. „Da standen wir dann mit unseren langen Haren und haben auf den Posaunen gequietscht.“ Aber das Instrument ließ ihn nicht mehr los. Es folgte ein klassisches Studium in Bremen und immer wieder Jazz-Lessons bei Leuten wie Udo Hansen in Köln oder John English, der damals in der WDR Bigband spielte und in Bergisch Gladbach lebte.
Es folgte die Zeit der Wanderschaft, was aber typisch Jazz ist. Mal hier eine Kollaboration, da eine Gruppe, um mal dies oder jenes auszuprobieren. In den 70er-Jahren war er Mitglied bei „Annexus Quam“, Krautrock beeinflusst von Jazz und Psychedelic. Die Band gilt als erste deutsche Rockkombo, die live in Japan spielte. Es folgten weitere Gruppen wie „Improvisation“ oder „Quartet & Brass“, zurzeit sind es noch „tb 4“, das „Hcl ensemble“ und die „Jazzinvaders“. Auf den zahlreichen Stationen spielte er mit vielen Größen zusammen, natürlich ist da als erstes Mangelsdorff zu nennen. Oder auch Craig Harris.
Zuschauer und Musiker
2007, nach 18 Jahren, gab Kämper die Leitung des Jazzfestes übrigens von sich aus ab. Vor allem weil das Budget so ausgedünnt war, dass es nur noch für vier Bands und zwei Abende ausreichte. Zu wenig, um die aktuellen Strömungen des Jazz aufzuzeigen. In einem Jahr war es so schlimm, dass die „Jazzinvaders“ in die Bandkasse griffen, um einen Auftritt zu sichern, was nur ging, weil die Künstler selbst ihre Anreise zahlten. Seitdem ist Kämper nur noch Zuschauer beim Fest. Und in diesem Jahr auch wieder Musiker, wie zuletzt 2003.
Jazzfest Delmenhorst 2014. Sonnabend, 22. November, 11 Uhr, Markthalle: Jazzinvaders. Freitag, 28. November, 19.30 Uhr, Kleines Haus: Fette Hupe; Shai Maestro Trio. Sonnabend, 29. November, 19.30 Uhr, Kleines Haus: Heinz Sauer & Michael Wollny; Adam Baldych Imaginary Quartet. Mittwoch, 3. Dezember, 20 Uhr, Kleines Haus: NDR Bigband. Freitag, 5. Dezember, 11.30 Uhr, Kleines Haus: Jazzessence (moderiertes Schülerkonzert). Eine Tageskarte kostet 24, ermäßigt 18 Euro, die Festivalkarte 60, ermäßigt 50 Euro, der Eintritt für das moderierte Schülerkonzert beträgt fünf Euro, zum Jazzfrühschoppen ist der Eintritt frei. Infos unter der Nummer 0 42 21 / 99 24 64.