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Verkehrswende Delbus wird klimafreundlich

Das Busunternehmen muss bis zum Jahr 2035 seine gesamte Flotte auf emissionsfreie Fahrzeuge auf die Straße bringen. Eine erste Testfahrt mit einem Elektrobus stimmt den Aufsichtsrat zuversichtlich.
08.09.2022, 17:42 Uhr
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Delbus wird klimafreundlich
Von Tobias Hensel

Die Zeit dröhnender und stinkender Dieselmotoren kommt im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) an sein Ende. Auch die Delbus muss sich an das "Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungsgesetz" halten, das vom Bundestag im Juni vergangenen Jahres beschlossen wurde. Darin steht geschrieben, dass bis zum Jahr 2025 die Flotten der jeweiligen ÖPNV-Unternehmen zu mindestens 45 Prozent aus emissionsfreien Fahrzeugen bestehen müssen. Zum Jahr 2030 steigt diese Quote auf 60 Prozent, um fünf Jahre später auf 100 Prozent anzuwachsen.

"Es gibt drei Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen: Entweder durch Umstellung auf Elektro-Busse, auf wasserstoffbetriebene Fahrzeuge oder auf Motoren, die mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden können", sagt Carsten Hoffmann, Geschäftsführer der Delbus. Das Unternehmen gehört zu 94 Prozent der Stadt Delmenhorst, weitere sechs Prozent der Anteile hält die Bremer Straßenbahn AG. Doch es gilt mittlerweile europäisches Vergaberecht und es ist nicht auszuschließen, dass die Stadt ihrer eigenen Tochter eines Tages die Konzession für den Betrieb des ÖPNV-Netzes entzieht und an einen Mitbewerber vergeben muss. Das scheinen Hoffmann und der Aufsichtsrat vermeiden zu wollen, weshalb nun eine regelrechte Investitionsoffensive gestartet wird.

Die Umstellung vom klassischen Verbrennermotor hin zu alternativen Antrieben hat auch Folgen für den Betrieb der Flotte. "Wir müssen auf dem Betriebshof gewaltig umbauen", sagt Hoffmann. Dass die Abstellhalle an der Bremer Straße abgerissen werden muss, ist schon seit Längerem klar. Denn die Elektrobusse haben andere Dimensionen: "Die Akkus sitzen auf dem Dach der Busse, weshalb sie deutlich höher sind", sagt Dennis Kramer, Werkstattleiter der Delbus. Und weil die Akkus nach ungefähr sechs Jahren, was der Hälfte der Lebenszeit eines Linienbusses entspricht, ausgetauscht werden müssen, muss Platz geschaffen werden: "Die Akkus müssen mit Kränen vom Dach gehoben, beziehungsweise neu aufgesetzt werden", sagt Kramer. Dafür reicht die Höhe der derzeitigen Halle nicht aus.

Sicherheit versus Arbeitskomfort

"Das ist eine Kröte, die wir schlucken müssen", sagt Hoffmann. Denn Arbeiten unter freiem Himmel gehen besonders im Winter oder bei schlechter Witterung schlechter von der Hand. Jedoch führt an der Open-Air-Wartung kein Weg vorbei, Sicherheitsbestimmungen würden das Abstellen von elektrisch betriebenen Omnibussen in Hallen untersagen, das Brandrisiko sei zu hoch, so Hoffmann.

Doch einen Vorteil bringen die Baumaßnahmen mit sich: "Wir arbeiten hier zum Teil in Gebäuden, die noch aus den 1940er-Jahren stammen", sagt Hoffmann. Das werde sich ändern. Neben der neuen Abstellanlage, die zukünftig mit sogenannten Medienbrücken auskommt, von denen unter anderem die Stromkabel zum Laden der E-Busse abgehen, wird es weitere Neubauten geben. "Wir bauen ein neues Werkstattgebäude, um anschließend das alte Werkstattgebäude abreißen zu können. Auf dem neugewonnenen Platz wird danach ein neues Betriebsgebäude hochgezogen, mit Aufenthaltsräumen für die Mitarbeiter.

Viel Geld für Energiewende

Ungefähr 16 Millionen Euro beabsichtigt die Delbus dafür in den kommenden Jahren auszugeben. Die große Summe muss die Firma aber nicht allein stemmen: "Wir haben bereits eine Förderung der Landesnahverkehrsgesellschaft über die Hälfte der Kosten zugesagt bekommen", sagt Hoffmann. Nur vom Nutzen einer Vorbereitung auf Wasserstoff-Antriebe scheint man noch nicht vollends überzeugt. 550.000 Euro würde es demnach allein kosten, die Betriebsanlagen explosionssicher auszurüsten. Wasserstoff ist hochentzündlich, deshalb müsste alles antistatisch und funkenfrei ausgerüstet werden. Doch eine nachträgliche Umrüstung sei noch teurer und viel aufwendiger, weshalb man entsprechend planen will, so Delbus-Aufsichtsratsvorsitzender Hermann Thölstedt (CDU). Denn welcher Antrieb in die Zukunft führen wird, scheint derzeit noch unklar. "Zur Nutzung von Wasserstoff gibt es seit vielen Jahren Initiativen, doch bislang sind die immer versandet", sagt Hoffmann. Im Landtagswahlkampf fordern dieser Tage beinahe alle Parteien, die Produktion von Wasserstoff anzuleiern und Niedersachsen zu einem "Energieland" zu machen, wie sich Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ausdrückt.

Von der Ruhe, die im Innern der Elektro-Busse herrscht, scheinen nach einer Testfahrt am Donnerstag, aber Aufsichtsrat und Geschäftsführung überzeugt. Elf von derzeit 32 Bussen im Bestand sollen bald elektrisch unterwegs sein. Die Ausschreibung dafür beginne im kommenden Jahr, so Hoffmann.

Zur Sache

Reichweiten und Leistung

Die Delbus klassifiziert drei Streckenlängen: Kurze Strecken von 200 bis 250 Kilometern, mittlere Strecken von 270 bis 350 Kilometern und Langstrecken von 350 bis 400 Kilometern. Zwar ist keine Linie im Stadtgebiet so lang, doch ein Bus soll mit einer Akkuladung mehrere Touren fahren können. "Die momentan verfügbaren Elektro-Fahrzeuge schaffen um die 250 Kilometer mit einer Ladung", sagt Delbus-Geschäftsführer Carsten Hoffmann. Denn die Akkus sollen, um deren Lebensdauer zu verlängern, nicht zu mehr als 80 Prozent geladen und nicht zu weniger als 20 Prozent entladen werden. Es stehen also nur knapp Zweidrittel der Leistung zur Verfügung. Entsprechend will die Delbus nun in Probefahrten herausfinden, wie der Fahrplan emissionsfrei am besten eingehalten werden kann.

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