Die Zahl ist beeindruckend: 78.000 Donuts verlassen in der Stunde eine der riesigen Fritteusen von Baker & Baker am Bremer Feld. Das sind in einem Jahr rund 19.000 Tonnen der süßen Backwaren mit dem Loch in der Mitte. Und von Delmenhorst aus geht es dann durch ganz Europa. Geschäftsführer Thomas Pusskeiler rühmt sich, den Donut-Markt in Europa überhaupt erst eingeführt zu haben. Im Jahr 2005 hatte man in Delmenhorst die Produktion aufgenommen und konnte seitdem stetig steigende Absatzzahlen verzeichnen.
Dabei produziert man am Bremer Feld schon seit Langem Lebensmittel. Keines war aber bislang wohl so erfolgreich wie die Backwaren. In den 1990er-Jahren hatte man sich auch mal in der Saucenproduktion versucht, aber das war nicht von Dauer. Aber Muffins und Donuts – Fachleute sprechen von 'American Bakery' – laufen gut. So gut, dass im Jahr 2007 neue Hallen gebaut wurden.
Aus einer Firma werden zwei
Doch vor zwei Jahren kam der Bruch: Die einstige niederländische Zentrale Zuckergesellschaft (CSM) wollte sich aus der Lebensmittelindustrie zurückziehen. Aus dem CSM-Werk in Delmenhorst wurden im April 2021 zwei Werke. Zum einen die Firma CSM Ingredients, die weiterhin Fette und Zutaten für das Bäckerhandwerk produziert. Und zum anderen eben die Firma Baker & Baker, die den weitaus größeren Teil des Firmengeländes einnimmt. Denn den Standort teilen sich beide Unternehmen weiterhin. "Und wir treffen uns auch in unserer gemeinsamen Kantine", sagt Werksleiter Stefan Goldhorn.
Die Zusammenarbeit zwischen beiden Firmen scheint also weiterhin gut. Doch vor einem Jahr sah das noch anders aus. Da standen in beiden Firmen Lohnverhandlungen an. Und während bei CSM relativ gute Abschlüsse erzielt werden konnten, blieben die Mitarbeiter bei Baker & Baker hinter ihren Erwartungen zurück. Pusskeiler begründete den Unterschied damals mit der schwierigen Marktsituation. Denn als Großproduzent von Lebensmitteln nimmt Baker & Baker eine Sandwich-Position ein: Einerseits müssen Rohstoffe eingekauft werden, andererseits verlangen die Kunden – also der große Lebensmitteleinzelhandel, Tankstellen und Schnellrestaurantketten – Preise, die einem die Arbeit nicht gerade leicht machen.
Schwieriger Markt
Aus dieser Sandwich-Position komme man gerade allerdings heraus, beteuert Pusskeiler. Vielleicht, weil das gesamte Marktumfeld mittlerweile in Bewegung ist. Erst hatte Corona an den Konsumgewohnheiten gerüttelt – "Donuts werden in Bäckereien vornehmlich zum Vor-Ort-Verzehr verkauft", sagt Pusskeiler – und dann kam der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, der die globalen Warenströme gerade in puncto Nahrungsmittel bedeutend ins Wanken bringt.
"Ich bin seit 35 Jahren im Verkauf tätig, aber so eine Situation hatten wir noch nie", sagt Pusskeiler. Die Rohstoffpreise würden steigen, weil die Ukraine, als eigentlich bedeutender Getreide-Produzent nicht mehr liefern könne und andere große Produktionsländer wie Indien beschlossen hätten, dass sie ihre Rohstoffe nicht mehr ins Ausland verkaufen wollen. "Die globalen Ausmaße sind noch gar nicht abzusehen, es drohen Hungersnöte", sagt Pusskeiler.
Keine Angst vor Gasmangel
Neben den Problemen mit der Rohstoffversorgung droht zum Herbst ein weiteres Problem: ein Mangel an Erdgas. Wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland könnten vorsehen, kein Erdgas mehr aus Russland zu beziehen. Doch Deutschland bezieht den größten Teil seines Gasbedarfs von dort. Stadtwerke-Chef Hans-Ulrich Salmen befürchtete in einem früheren Gespräch, in eine Gasmangellage zum kommenden Winter zu kommen, weil seines Erachtens nach die Speicherkapazitäten nicht ausreichen werden. Dann würden gemäß dem Notfallplan der Bundesregierung zunächst Industrieunternehmen vom Netz genommen, denn die privaten Haushalte sollen bis zur letzten Möglichkeit ihre Wohnungen heizen können.
Pusskeiler: "Wir waren während der Corona-Pandemie als systemrelevantes Unternehmen der Lebensmittelindustrie eingestuft worden. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass man der Lebensmittelindustrie tatsächlich das Gas abdrehen könnte." Auch Werksleiter Goldhorn glaubt nicht, dass es tatsächlich zu so einer Situation kommen könnte, aber: "Wir befinden uns im ständigen Austausch mit den Stadtwerken."
Wachstum vorgesehen
Trotz der ungewissen nahen Zukunft wollen sich Pusskeiler und Goldhorn den Optimismus nicht nehmen lassen. Nachdem der Umsatz im Jahr 2021 nach Firmenangaben um 14 Prozent gewachsen ist, sollen in diesem Jahr rund zwei Millionen Euro investiert werden. Für Goldhorn handelt es sich bloß um kleinere Investitionen. Aber er betont, dass die Firma gern weiter wachsen würde und dafür auch auf eine gute Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung angewiesen sei.
"Wir verarbeiten sehr viel Schokolade, und die wird mittlerweile flüssig in Tankwagen transportiert, das spart Verpackung und Energie um Aushärten und Wiederverflüssigen", sagt Goldhorn. Dafür würden auch in Delmenhorst Speichertanks gebraucht. Doch auf die Baugenehmigung habe die Firma anderthalb Jahre gewartet, beklagt sich Goldhorn: "Das könnte besser laufen."