Man könnte glatt sagen, dass sich an dem Tor relativ mittig der Marschkämpe in Delmenhorst nicht nur der Weg für einige Menschen teilt, sondern auch deren Meinung. Denn erst wurde der von vielen Spaziergängern und Radfahrern genutzte Weg im Sommer plötzlich für Passanten gesperrt – dann zwischenzeitlich wieder geöffnet – und nun wieder gesperrt.
So kam es zu dem Hin und Her: Die Marschkämpe ist ein Privatweg im Delmenhorster Stadtteil Hasbergen, der hauptsächlich landwirtschaftlich von Viehhaltern genutzt wird. Die Wegegenossenschaft des Realverbandsweges Marschkämpe veranlasste vor einigen Monaten die Sperrung für den öffentlichen Verkehr des Weges, weil es Vorfälle gegeben haben soll, bei denen Passanten ihre Hunde an Ort und Stelle ohne Leine frei laufen ließen. Der Realverband errichtete im vergangenen Juni auf seinem Grundstück ein Gattertor, wodurch der Weg nicht mehr durchgängig zu passieren war – somit konnten Passanten den Weg von beiden Seiten nutzen, bis sie das besagte Tor erreichten. Ab da hieß es: umdrehen.
Die Stadt Delmenhorst hatte dem Realverband am 17. August aufgegeben, die Sperrung wieder aufzuheben. Dabei stützte sich die Verwaltung auf waldrechtliche Vorschriften. Nach diesen Regeln müssten Grundbesitzer unter bestimmten Voraussetzungen hinnehmen, dass Menschen Wälder und Flächen der übrigen freien Landschaft betreten und sich an Ort und Stelle erholen. Die Besitzer dürfen dies nur unter bestimmten Voraussetzungen verhindern oder erschweren. Solche Voraussetzungen sah die Stadt Delmenhorst für die Marschkämpe nicht gegeben und ordnete deswegen die Aufhebung der Sperrung an.
Gegen diese Verfügung erhob der Realverband Klage. Das Verwaltungsgericht Oldenburg entschied am 19. Dezember, dass der Realverband die Möglichkeit hat, das Gattertor wieder zu verschließen – das ist vor Kurzem auch geschehen. Somit ist der Weg wieder nicht komplett passierbar. Das ist laut dem Verwaltungsgericht in Ordnung, weil ein "geschlossenes Gattertor auf der Marschkämpe keine Beeinträchtigung der Erholung in der freien Landschaft darstellt". Das Gattertor stelle also keine Sperre im Sinne des Waldrechts dar.
Stadt verliert Rechtsstreit
"Nach Auffassung des Gerichts ist die Stadt Delmenhorst nicht berechtigt, dem Realverband zu verbieten, auf seinem Grundstück ein Gattertor zu errichten und zu verschließen", heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Dies sei nur möglich, wenn dadurch das Recht der Menschen, Flächen der freien Landschaft zu betreten und sich dort zu erholen, beeinträchtigt wird. Dieses Recht umfasse jedoch nur das Betreten und den Aufenthalt, nicht aber zwingend die vollständige Durchquerung der Flächen auf bestimmten Wegen. "Das Betretensrecht dient der Erholung", heißt es weiter. Da die freie Landschaft auch bei geschlossenem Gattertor von beiden Enden der Marschkämpe betreten und dabei die Natur genossen werden könne, sei die Erholung nicht beeinträchtigt. Ein Recht, die Marschkämpe als Durchgangsweg zu nutzen, besteht nicht, weil diese nicht als öffentliche Straße dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist.
"Dass man die Natur genießen kann, indem man nur zum Tor geht, ist Quatsch", sagt Ratsherr der Grünen Uwe Dähne: "Die Menschen wollen durch und fertig." Denn der Weg werde durchgängig genutzt. Seiner Meinung nach habe das Gericht "nur nach Paragrafenlage und realitätsfern" entschieden. Auffällig sei, dass die Stadt einen Prozess nach dem nächsten verliere. Dähne würde es befürworten, wenn es eine andere Möglichkeit gebe, das Problem der frei laufenden Hunde in den Griff, zu bekommen: "Ich als Haserberger würde ich mir wünschen, dass der Weg wieder geöffnet wird." Denn Hasbergen würde an dem Durchgangsweg gewinnen.
Sandra Heinken (CDU), Vorsitzende des Ortsrates Hasbergen, sieht keine Möglichkeiten, um die Situation zu lösen: "Dann werden wir das leider wahrscheinlich hinnehmen müssen." Sie vermutet, dass nach der Entscheidung des Gerichts die Fronten zwischen Anliegergemeinschaft und Stadt verhärtet seien. Der müsse diese Entscheidung, so Heinken: "Wir haben auch keine Möglichkeiten, etwas zu ändern."