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Klimaschutz in Delmenhorst Neue Klimaschutzmanagerin: Von der Theorie zur Praxis

Gema Martínez Méndez heißt die neue Klimaschutzmanagerin in der Delmenhorster Stadtverwaltung. Was die 45-Jährige in ihrem neuen Amt vorhat.
09.01.2024, 08:00 Uhr
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Neue Klimaschutzmanagerin: Von der Theorie zur Praxis
Von Tobias Hensel

Die Stelle des Klimaschutzmanagers war lange verwaist. Bereits im März vergangenen Jahres hatte Robert Gerling seine Kündigung eingereicht und war nach Bremen gewechselt, wo er seither den Klimaschutz beim Studierendenwerk voranbringt. Doch der leere Stuhl im Rathaus ist wieder besetzt und der Schreibtisch, auf dem sich die Arbeit häufte, droht nun auch nicht mehr unter der Last unbearbeiteter Aktenstapel zusammenzubrechen: Gema Martínez Méndez heißt die neue Mitarbeiterin der Stadtverwaltung, die künftig als Klimaschutzmanagerin die Fäden zusammenhalten und die Fachabteilungen in der Verwaltung künftig koordinieren soll. Denn: "Klimaschutz braucht einen interdisziplinären Blick", sagt Martínez Méndez.

Die 45-jährige Spanierin ist studierte Meereswissenschaftlerin, hat über die sogenannte Paläoozeanografie sogar promoviert und darüber den Weg von der Biskaya an die Nordsee eingeschlagen. Dabei wird der Meeresgrund angebohrt und die Sedimente aus dem Bohrkern erforscht. Darüber lässt sich der Einfluss der Meere und ihrer Strömungen auf das Weltklima herausfinden und deren Auswirkungen auf die heutigen Veränderungen des Klimas. 

Über Kiel und Bremen nach Delmenhorst

In der spanischen Region Asturien aufgewachsen, zog es Martínez Méndez fürs Studium zunächst ans Mittelmeer nach Barcelona. Für ein Austauschsemester kam sie dann nach Kiel, kehrte anschließend wieder zurück in die Baskenmetropole, um für die Promotion doch wieder nach Kiel zu gelangen. Die Jahre an der Ostsee seien lehrreich gewesen, auch um die deutsche Sprache zu lernen. Nach dem Abschluss der Doktorarbeit ging es für Martínez Méndez ans Bremer Institut für Meereswissenschaften Marum und anschließend an das renommierte Alfred-Wegener-Institut (AWI) nach Bremerhaven. Fast 15 Jahre in der Wissenschaft hat die vom Weltklima beinahe Besessene hinter sich. Doch die Jahre der Theorie haben ihre Spuren hinterlassen: "Der Klimawandel ist das wohl größte Experiment der Menschheitsgeschichte und wir sind alle Versuchskaninchen", sagt Martínez Méndez. Denn dass große Veränderungen im Gange sind, ist unterdessen weitgehend unbestritten, wie sich auf diese Veränderungen eingestellt werden sollte, darüber wird mitunter aber heftigst gerungen.

Martínez Méndez sieht Delmenhorst dabei aber auf einem guten Weg: "Die politischen Beschlüsse weisen in die richtige Richtung, der Wille ist da", sagt sie. Der im Jahr 2019 gefasste Beschluss, Delmenhorst zur Klimamusterstadt machen zu wollen, bedingt Folgen. Daraus ergab sich im vorvergangenen Jahr der Plan, ein kommunales Förderprogramm für sogenannte Balkonkraftwerke einzurichten. Mit für die Stadtverwaltung überwältigendem Erfolg. Zwar haperte durch den Weggang von Robert Gerling die Vergabe der Förderungen im vergangenen Jahr zunächst, als im Sommer die entsprechende Förderrichtlinie beschlossen und die Gelder ausgezahlt werden konnten, war aber klar, dass der Haushaltsansatz niemals ausreichen würde. Der Stadtrat schoss weiteres Geld nach und bekräftigte diesen Beschluss auch für das nun angelaufene Jahr 2024. Doch auf der Warteliste stehen schon jetzt wieder 50 bis 60 Namen. Wie kann das sein? "Wir warten jetzt auf die Genehmigung des Stadthaushalts durch die Landesregierung und das dauert erfahrungsgemäß bis in den April", erklärt Urban. Und bis dahin dürfe die Stadtverwaltung nur für das absolut notwendige Geld ausgeben. Doch Urban scheint entspannt, die Wartezeit ist aus den vergangenen Jahren schon gut bekannt.

Kommunale Wärmeplanung wird Aufgabe

Das wohl größte Projekt, das nun ansteht, ist die kommunale Wärmeplanung. Die hatte man in Delmenhorst schon angestoßen, bevor Bundes- und Landesregierungen entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht hatten, mit denen Kommunen darauf verpflichtet werden, eine entsprechende Planung auf den Weg zu bringen. Doch ein Kataster für potenzielle Energiegewinnungsorte und sinnvolle Aufstellflächen für Solaranlagen und Windräder reicht dabei nicht aus. Der Wärmebedarf der Stadt wird ins kleinste Detail untersucht, um anschließend Einsparpotenziale sichtbar machen zu können. Dafür sei die Stadtverwaltung auf externe Hilfe angewiesen, sagt Stadtbaurätin Bianca Urban. Die Ausschreibung der Planungsleistungen liegt nun sehr weit vorangeschritten auf Martínez Méndez' Schreibtisch und soll bis spätestens Ende März veröffentlicht sein. 

Zur Sache

Klimamusterstadt Delmenhorst

Im Sommer 2019 hatte der Stadtrat mit sehr großer Mehrheit beschlossen, dass man künftig Klimamusterstadt sein wolle. Über die Konsequenzen dieses Beschlusses waren sich nicht alle gänzlich im Klaren, schon ein Jahr später wollten einige Ratsmitglieder den Beschluss nur als variable Richtschnur verstanden wissen, nach der man sich vielleicht halte, vielleicht aber auch nicht. Die Schaffung des Postens für Klimaschutzmanagement ist keine Folge des Klimamusterstadt-Beschlusses, denn diese Stelle war bereits vorher geschaffen worden. Dennoch: Das Aushängeschild der Klimamusterstadt ist die Klimaschutzmanagerin, die als Stabstelle direkt der Verwaltungsspitze aus Oberbürgermeisterin Petra Gerlach (CDU), ihrem Vertreter und erstem Stadtrat Markus Pragal und Stadtbaurätin Bianca Urban unterstellt.

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