Pepsi schnuppert an den Stangen eines Hindernisses, stupst die oberen mit der Nase an, sodass sie runterfallen, um dann über die unterste Stange zu hopsen. So war das eigentlich nicht gedacht. Denn Pepsi ist ein Springsportler. Seine Sportart Kaninhop, eine Art Springreiten, nur eben nicht mit Reitern und Pferden. Dafür mit Springen, Kaninchen und ihren Besitzern. Die Besitzerin des Kaninchens Pepsi ist die 16-jährige Chayenne Jankowski. Die Delmenhorsterin ist Mitglied der Kaninhopgruppe des Rassekaninchenzuchtvereins I2 Delmenhorst.
Doch zum Glück findet heute kein Turnier statt, sondern nur ein Fototermin. Als Pepsi des Fotografen gewahr wird, fängt der kleine Bock erst einmal an, sich zu putzen. „Die Kaninchen sind etwas aus der Übung“, nimmt Anja Abel, die Kaninhop-Beauftragte, den Kleinen in Schutz. „Seit Corona finden keine Turniere mehr statt, und wir dürfen auch nicht mehr gemeinsam trainieren.“ Die Hindernisse gemeinsam aufzubauen, dauert etwa eine Viertelstunde. Alleine dauert es entsprechend länger. Zumal die meisten Kaninchen nach zehn Minuten keine Lust mehr haben. Und das sei wichtig in diesem Sport: „Man kann die Kaninchen nicht zwingen. Sie springen, wenn sie wollen. Wenn sie nicht wollen, legen sie sich einfach auf den Boden“, sagt Abel.
Die Kaninchen tragen zwar ein Geschirr, aber die Leine müsse zwei Meter lang sein und dürfe bei einem sogenannten H-Geschirr nur am Brustgurt befestigt werden, damit man das Kaninchen nicht würge, erklärt die Beauftragte und betont damit, dass den Kaninhoplern das Wohl ihrer Tiere am Herzen liegt. Dass die Tiere freiwillig springen, zeigt sich am besten in der Disziplin „Freies Springen“: Hier springen die Kaninchen ohne Leine durch einen Parcours. „Allerdings sollte dann das Gelände gut eingezäunt sein, damit keine Hunde die Kaninchen erschrecken“, sagt Abel. „Und damit man das Kaninchen wieder einfangen kann, falls es sich vor etwas anderes erschreckt.“ Damit sich das Kaninchen im Parcours nicht verläuft, leiten die Besitzer die Kaninchen in die richtige Richtung. Dabei halten sie die Hände so vor das Kaninchen, dass sie eine Art Wand bilden. Aber: „Berühren darf man das Kaninchen nicht dabei“, betont sie. „Wer sein Kaninchen dreimal berührt, bekommt einen Fehlerpunkt – das ist also so viel, als wenn das Kaninchen eine Stange reißt.“ Denn wie beim Springreiten kommt es darauf an, möglichst wenige Punkte zu machen. Wer mehr als zwei Minuten für den Parcours braucht, bekommt eine Zeitstrafe. Nach zweieinhalb Minuten wird abgebrochen, und das Kaninchen ist disqualifiziert.
Dann gibt es noch die „Gerade Bahn“. In diesem Fall stehen die Hindernisse in einer Reihe auf einer geraden Bahn, und die Besitzer führen ihre Tiere mit einem Geschirr an einer Leine. Die dritte wichtige Disziplin ist der „Nummerierte Hindernisparcours“: Bei dieser Disziplin stehen die Hindernisse im Kreis, und das Kaninchen muss innerhalb von einer Minute über möglichst viele Hindernisse springen.
Pepsi springt zwar noch über ein paar Hindernisse, aber offensichtlich will er lieber in seiner Transportbox weiterdösen. Also probiert es Chayenne Jankowski mit Baileys. Schon wieder ein Kaninchen, das wie ein Getränk heißt? „Ja, außer Freddy, Frida und Ernie heißen eigentlich alle unsere Kaninchen wie Lebensmittel“, bestätigt Vater Marcel Jankowski. „Da ist noch Schokopudding, Erbse und… naja insgesamt zehn Kaninchen.“
Dabei war er zuerst dagegen, dass seine Tochter Kaninchen bekommt. Doch 2013 kam Hugo. „Eines Tages erzählte mir Chayenne, dass sie beim Kaninhop war“, erinnert sich Marcel Jankowski und fährt lächelnd fort: „Nachdem sie mir erklärt hatte, was das ist, dachte ich: ‚Irgendetwas stimmt mit meiner Tochter nicht.‘“ Auch Chayennes Freund konnte mit dem Begriff nichts anfangen: „Der dachte, das hätte etwas mit Hip-Hop zu tun“, erzählt sie ebenso lachend.
Baileys wirkt schon viel aufgeweckter als Pepsi. Aber er erweist sich als übermotiviert. Er will überall hin, nur nicht über die Stangen. Also kommt er in einen Auslauf auf der Wiese nebenan, wo er seiner Neugier frönen kann.