Der Aufschrei kam zu spät. In diesem Jahr wird an der Hauptschule West nichts mehr geschehen. „Wahrscheinlich werden wir die Fenster nun in den Osterferien 2021 sanieren“, sagt Andreas Tensfeldt, bei der Stadt als Fachbereichsleiter für das Immobilienmanagement zuständig. Die Angabe ist wie immer ohne Gewähr. Bei Sanierungsarbeiten an Schulen ist es seit einigen Jahren ein bisschen wie vor Gericht oder auf hoher See. Niemand kann verlässlich sagen, wie es ausgeht.
Der Aufschrei kam von der Hauptschule West, und weil im nächsten Jahr gewählt wird, echote ihn die Politik. Die Fraktion SPD & Partner hatte zusammen mit FDP/UAD am 5. Juli gefordert, die Arbeiten an den Fenstern "umgehend durchführen zu lassen", am 6. Juli meldete sich noch Uwe Dähne für Grüne & Partner zu Wort, um daran zu erinnern, dass er dieses Thema schon in der Schulausschusssitzung am 25. Juni angesprochen hatte. Trotzdem verwundert der Zeitpunkt der politischen Reaktion: Denn bereits am 22. April hatte Andrea Lotsios (SPD & Partner) angefragt, "welche baulichen Maßnahmen, die durch das KIP2-Programm finanziert werden, trotz Krise umgesetzt werden können". Mit Datum 30. April antwortete der Fachdienst 63, dass die Fenstersanierung an der Hauptschule West "entfällt". Es hat also noch zwei Monate gedauert, bis die Politik die absolute Dringlichkeit gesehen hat.
So wurde schließlich in einer VA-Sitzung der alte Beschluss erneuert, damit ihn die Verwaltung auf jeden Fall umsetzt. Zudem hat die Politik gefordert, dass die Verwaltung ein Konzept schreiben soll, wie mit den Asbestfunden in den Wänden der Hauptschule umgegangen werden soll. „Wir haben die Arbeiten an den Fenstern aber nicht deswegen verschoben“, erklärt Andreas Tensfeldt. Im Februar hat die Verwaltung vom Asbest erfahren. Die Fachleute waren davon nicht ernsthaft überrascht. Wahrscheinlich dürfte das bei allen Schulgebäuden, die in der 70er-Jahren entstanden sind, so sein. Also den Schulzentren Nord (heute Wilhelm-von-der-Heyde-Oberschule), Süd (heute Oberschule Süd), Ost (heute Integrierte Gesamtschule) und eben West mit der Hauptschule.
Unabhängig vom Asbest-Fund sei der Sanierungsbedarf an der Hauptschule sehr groß, sagt Tensfeldt, in den vergangenen Jahren sei vergleichsweise viel Geld in die Oberschule Süd geflossen, weniger in die Hauptschule. „Deswegen haben wir an der Stelle überlegt, ob wir den ganz großen Wurf wagen und neu bauen sollten“, erzählt Tensfeldt. Doch das kostet Zeit, deswegen wurde die Fenstersanierung erst einmal geschoben.
Aber die vier Schulzentren, die die Stadt seinerzeit von einem Investor hat bauen lassen, bringen noch ein anderes Problem mit sich. „Die vier Schulzentren sind alle vor der Energiekrise gebaut worden“, sagt Tensfeldt. Sprich: Niemand hat sich darüber Gedanken macht, wie man Energie sparen kann. Die Grundschulen, die vor 100 oder mehr Jahren gebaut wurden, seien beispielsweise deutlich energieeffizienter. „Aber wir wollen ja auch Klimamusterstadt werden“, sagt Tensfeldt. So stellt sich mittelfristig wohl die Frage: Geht die Stadt die kompletten Gebäudefassaden an – oder baut sie alles neu? Eine Frage, die sich mit Blick auf den immensen Sanierungsstau an fast allen Delmenhorster Schulen fast schon prinzipiell stellt und politisch schon des Öfteren behandelt wurde.
Sanierungen in den Ferien
Trotz all der Schwierigkeiten, die die Stadt in den vergangenen Jahren hatte, die von der Politik beschlossenen Baumaßnahmen umzusetzen, wurden und werden die KIP2-Projekte vorangetrieben. So wurden beispielsweise die Fenster an den Grundschulen Bungerhof und Bernard Rein erneuert, das Dach des C-Trakts des Max-Planck-Gymnasiums wurde saniert. Jetzt in den Sommerferien bekommt das Maxe einen neuen Heizkessel. Zudem werden ein Musik-, ein Physik- und ein Biologie-Raum saniert. Das wichtigste Bauprojekt am Maxe, der Aufbau von Container-Klassen für den zusätzlichen Jahrgang, wird dagegen, wie berichtet, erst zu den Herbstferien fertig.
Insgesamt fällt aber auf, dass die Summen, die die Stadt in den großen Ferien verbaut, vergleichsweise gering sind. Früher floss mehr Geld in die Instandsetzung der Gebäude. Es sind vor allem kleine Maßnahmen, die da auftauchen: In Bungerhof wird ein Klassenzimmer gestrichen, an der Overbergschule sind es zwei Räume, steht auf der Liste der Verwaltung. An einigen Schulen wird der Brandschutz auf die Höhe der Zeit gebracht. Und an der Oberschule Süd wird, wie Andreas Tensfeldt auch erläutert hat, gerade ein bisschen mehr Geld in die Bausubstanz gesteckt. Laut Verwaltung läuft gerade der vierte Bauabschnitt der Flachdachsanierung am Brendelweg, 145 000 Euro stehen dafür bereit. Für 35 000 Euro wird an der Oberschule ein Werkraum saniert.
Eine wahre Mammutaufgabe ist die Sanierung der Aula des Gymnasiums an der Willmsstraße. 740 000 Euro sind dafür im Haushalt hinterlegt, 2019 standen schon einmal 140 000 Euro bereit, im kommenden Jahr sollen weitere 564 000 Euro in das Projekt fließen. Parallel werden auch die Toiletten im ältesten Willms-Gebäude, dem C-Trakt an der Ecke Schul- und Willmsstraße, erneuert. Aber auch an dem Gymnasium hätte die Schulleitung mit Sicherheit ein anderes Projekt gern schon abgeschlossen gesehen: den ersten Bauabschnitt am neuen Außenstandort Königsberger Straße, der wegen des zusätzlichen Jahrgangs benötigt wird.