Herr Schröder, der SV Atlas Delmenhorst II ist mit Ihnen als Trainer aus der Bezirks- in die Kreisliga abgestiegen. Wie geht es nun weiter?
Elias Schröder: Ich als Trainer mache nicht weiter. Wer künftig als Atlas II in welcher Liga antritt, weiß ich nicht. Ich habe versucht, alles für die Mannschaft und der Verein zu geben.
Was meinen Sie mit "alles gegeben"?
Ich habe mit Teammanager Ralf Buß, der dann während der Saison aus zeitlichen Gründen aufgehört hat, vor der Saison viel Zeit investiert. Wir haben 15 neue Spieler geholt. Das Ziel war, dass eine sehr junge Truppe mit ambitionierten Spielern aus der Region zusammenwächst. Dabei sollten ein paar erfahrene Spieler helfen. Im Laufe der Saison sind mit Colin Lazar und Lennart Siebrecht zwei Spieler zu anderen Vereinen gegangen. Ralf Buß hat aufgehört, Co-Trainer Stefan Rohde ist gegangen. Ich musste neben den sportlichen lauter organisatorische Aufgaben übernehmen. Das war nicht mein Ziel. Ich wollte viele Stimmen im Team haben, um aus dem Gespräch zu guten Lösungen zu kommen. Letztlich stand ich quasi alleine auf der Kommandobrücke.
Standen Sie vor dem Rücktritt?
Ich hatte nie den Gedanken, auch hinzuschmeißen. Dann wäre auch niemand mehr da gewesen und ich ziehe Sachen durch, wenn ich meine Zusage gegeben habe. Ich hatte schlaflose Nächte, in denen ich überlegt habe, wie und was ich besser machen kann. Mir war aber zum Saisonende auch klar, dass ich mental auf dem Zahnfleisch gehe. Noch so eine Saison geht nicht. Das ist für ein ambitioniertes Hobby nicht tragbar. Ich bin daher auch frühzeitig auf den Vorstand zugegangen und habe mitgeteilt, dass ich nach der Saison aufhören werde, als klar war, dass der Kern der Mannschaft nicht zusammenbleibt.
Sie sind jetzt 24 Jahre alt und haben erstmals eine Herrenmannschaft trainiert. War das Drumherum zu viel?
Ja, definitiv. Ich konnte mich nicht mehr auf das Sportliche konzentrieren. Ich musste in den Wintermonaten beispielsweise die Trainingsplätze organisieren, die Anfahrten zu den Spielen managen. Ich habe dann regelmäßig meinen Kofferraum mit Material vollgeladen, habe Spieler vor Auswärtsspielen abgeholt. Vor Ort habe ich dann das Feld aufgebaut, musste die obligatorischen Gespräche mit dem gegnerischen Trainer und den Schiedsrichtern führen, während ich eigentlich das Aufwärmen leiten und die Mannschaftsansprache halten musste. Da war ich vor den Spielen teilweise schon platt. Im Spiel hatte ich oft keinen Co-Trainer, mit dem ich die Taktik hätte besprechen können. Ich hätte einen erfahrenen Trainer gebraucht, der auch mal korrigierend bei mir eingreift. Eigentlich wollte ich als junger Trainer im Herrenbereich ankommen und mich entwickeln, aber so wie es lief, konnte ich mich kaum reflektieren. Ich bin den Verantwortlichen von Atlas um Bastian Fuhrken aber vor allem sehr dankbar, dass sie mir in den jungen Jahren die Chance gegeben haben. Ich denke, ich konnte auch etwas zurückgeben.
Haben Sie von den Verantwortlichen mehr Unterstützung erwartet? Ihre Vorgänger wie beispielsweise Nils Grape hatten ähnliche Probleme.
Das stimmt. Aber ich muss den Verein da in Schutz nehmen. Nach dem Regionalliga-Abstieg gab es einen großen Umbruch und sehr viel zu tun. Hinzu kamen die Organisation und das Nachspiel der Partie im DFB Pokal gegen St. Pauli und eine Verletztenmisere in der Hinrunde. Bastian kann sich da nicht zerreißen. Er hat alles versucht, um die Zweite zu retten. Wir hätten einfach mehr Köpfe und Schultern gebraucht im Verein, um die Aufgaben zu verteilen. Hinzu kommt ja noch, dass sich die dritte Mannschaft von Atlas während der Saison abgemeldet hat. Die Zweite ist da etwas untergegangen. Ich hätte aber definitiv einen Nachfolger für Ralf Buß gebraucht, auch wenn Betreuer Stephan Hintz geholfen hat. Und ich bin Philip Stephan auch sehr dankbar, dass er als Co-Trainer eingesprungen ist. Aber er konnte nicht immer da sein und war dazu eben auch noch Spieler.
Ist Ihre Überlastung einer der Gründe für das sportlich schwache Abschneiden mit dem dazugehörigen Abstieg?
Ja, klar. Ich habe auf jeden Fall auch Fehler gemacht. Das ist als junger Trainer normal, gerade wenn niemand mit Erfahrung dabei ist. Die jungen Spieler haben auch viele Fehler gemacht. Das dürfen und sollen sie sogar. Am Ende war es aber einfach zu viel, wenn zehn Leute auf dem Platz stehen, die noch bei den A-Junioren spielen dürften. Von den erfahrenen Leuten waren einige öfter nicht da. Ich sehe da im Bezirks- und Kreisbereich ein generelles Problem.
Welches?
Die Spieler haben zu wenig Durchhaltevermögen. Und der Stellenwert von Fußball ist für viele Leute dermaßen gesunken, dass sie wenig investieren wollen. Das war bei uns auch so. Wir wussten, dass es mit der jungen Truppe viele Rückschläge geben wird und dass wir am Anfang viele Gegentore fressen werden. Da geht der eine oder andere Spieler einfach weg, andere sagen das Training wegen schlechten Wetters ab. Es ist auffällig, wie oft Training und andere Termine abgesagt werden. Ich rede mit vielen Trainern im Bezirks- und Kreisbereich. Und in der nahen und mittleren Zukunft wird es viele Vereine geben, die es schwer haben werden, eine Mannschaft zusammenzubekommen.
Wie ordnen Sie die Saison sportlich ein?
Wir haben natürlich zu wenige Punkte geholt und wollten nicht absteigen. In erster Linie ging es aber um die Entwicklung der jungen Spieler. Ich denke, man hat in der Rückrunde gesehen, was im spielerischen Bereich möglich war. Das Potenzial blitzte immer wieder auf, wir haben aber einfach zu viele Fehler gemacht. Dumme Standards verursacht, die fast immer für Gefahr sorgten. Und es fehlte auch einfach der Teamgeist. Was positiv in Erinnerung bleibt: Wir haben alle vier Derbys gegen Heidkrug und Tur Abdin gewonnen. Zudem freut es mich für die Jungs, die bei der ersten Mannschaft dabei waren: Sheriff Jallow, Wahe Zargaryan, Milot Ukaj und Justin Hager haben ein paar Minuten in der Ersten bekommen, Philip Stephan hat seine Oberliga-Premiere gefeiert, Marvin Grone hat sogar ein Tor geschossen, Jonas Knüppel stand mehrfach im Kader. Auch Dominik Entelmann wurde zweimal eingewechselt.
Was nehmen Sie für sich persönlich aus der Saison mit?
Ich hatte vorher nur Jugendteams trainiert und habe im Bereich Kommunikation mit Herrenspielern viel gelernt. Beispielsweise muss man die Taktik und seine Aussagen viel genauer formulieren und exakter erklären. Erwachsene hinterfragen mehr. Im Bereich der Trainingsarbeit bin ich bei mir geblieben und glaube, dass ich alle Spieler weiterbringen konnte. Auch die erfahrenenLeute wie Domo Entelmann. Dabei geht es natürlich nicht darum, dass ich ihm sage, wie er was zu machen hat. Das weiß er selber. Aber ich denke, er konnte vom Training für sich auch was mitnehmen.
Haben Sie schon einen neuen Trainerposten angenommen?
Nein, einen neuen Verein habe ich nicht. Aber ich würde gerne eine Herrenmannschaft übernehmen. Interesse gab und gibt es, aber es muss passen. Im Umfeld muss es stimmen, der Verein muss auf junge Leute setzen. Ich bin fest davon überzeugt, dass ich Bezirksligaherren kann. Es entscheidet sich in den nächsten ein oder zwei Wochen, da ich nicht erst kurz vor dem Saisonstart einsteigen will. Ich bin noch jung und will mich entwickeln. Luft nach oben ist da. Kommt nichts, was passt, dann werde ich erst einmal kein Amt übernehmen und versuchen, Hospitationen zu machen. Ich hatte schon eine bei Marco Grote bei Union Berlin und habe dort viel gelernt.
Ist es eine Option, bei Atlas im Trainerteam der Oberligaherren zu arbeiten?
Aktuell nicht. Ich möchte es mir erarbeiten, im Oberligabereich zu arbeiten. Da möchte ich mittelfristig hin. Ich will als Trainer etwas verändern und nicht als Bezirksligaabsteiger in das Oberligateam rutschen, nachdem meine Mannschaft aufgelöst wurde. Ich bin 24 Jahre alt und möchte jetzt erst einmal eine solide Saison im Bezirk oder Kreis hinlegen. Ich studiere in Bremen, daher sollte es schon die Region hier sein.
Das Interview führte Michael Kerzel