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Bayers Ex-Bremer Simon Rolfes im Interview „Das norddeutsche Blut pulsiert noch“

Er wuchs im Werder-Internat auf und ist heute Sportdirektor von Bayer Leverkusen: Simon Rolfes spricht im Interview mit dem WESER-KURIER über seine wichtige Zeit in Bremen und das Duell am Wochenende.
25.10.2019, 12:08 Uhr
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Von Jean-Julien Beer

Herr Rolfes, nach der Jugend und den Anfängen bei Werder gelang Ihnen im Rheinland bei Bayer Leverkusen der Durchbruch. Steckt noch etwas Bremer Mentalität in Ihnen, oder sind Sie inzwischen ein lustiger Rheinländer?

Simon Rolfes: Ich denke, da steckt in mir dann doch schon eine Mischung aus beidem. Dass ich hier nach 15 Jahren eine gewisse rheinische Mentalität entwickelt habe, ist wohl normal – zumal ich ja auch noch eine Rheinländerin geheiratet habe. Diesem Einfluss konnte und wollte ich mich auf gar keinen Fall entziehen (schmunzelt). Aber immerhin fünf Jahre lang habe ich ja Bremer Wurzeln entwickelt. Die Zeit dort ist mir sehr wichtig, ich habe mich unheimlich wohl gefühlt. Das norddeutsche Blut pulsiert also auch noch in mir. Da schwingen nach wie vor große Sympathien mit.

In der historischen Double-Saison 2004 gehörten Sie zum Bremer Kader, kamen aber nicht zum Einsatz. Was verbinden Sie noch mit jener Saison und wie sehr ärgert es einen im Nachhinein, in so einem besonderen Jahr nicht wenigstens kurz gespielt zu haben?

Natürlich ärgert es mich ein bisschen, dass ich damals noch keine große Rolle habe spielen können. Auf der anderen Seite war es so, dass ich mich trotzdem als Teil der Mannschaft gesehen habe. Sportlich war es ein gutes Jahr für mich, auch wenn ich mich nach außen hin und gemessen an Einsätzen vielleicht nicht wirklich sichtbar entwickeln konnte. Doch für mich persönlich war es so. Dass ich mich anschließend in Aachen in nur einer Saison für einen Klub wie Bayer Leverkusen empfehlen konnte, hat ganz konkret auch mit dem vorangegangenen Jahr bei Werder zu tun. Es war sehr wichtig für mich, dass ich den Stammspielern in einer qualitativ so hochkarätigen Mannschaft im Training Druck machen musste - und konnte.

Wer es in Leverkusen schafft, müsste es ja in Bremen erst recht schaffen. Warum klappte die große Profi-Karriere in Bremen nicht? Sie sagten einmal, sie wären vielleicht „zu verbissen und ungeduldig“ gewesen.

Das hatte für mich zweierlei Gründe: Zum einen fehlte mir in den ersten beiden Profijahren einfach die nötige Qualität, die Adaption an den Profifußball fiel mir noch schwer. Dafür braucht es auch schon mal eine gewisse Zeit, in meinem dritten Jahr habe ich mich dann viel besser entwickelt. Allerdings hatte Werder Bremen im Meisterjahr ein phänomenales Mittelfeld mit Baumann, Borowski, Ernst und Micoud. Die haben fantastisch gespielt, es lief super – daran änderst du dann als Trainer auch nicht unnötig etwas. Diese Jungs hatten absolutes Top-Format. An denen vorbeizukommen, war wirklich schwer.

Inzwischen ist das alles mehr als 15 Jahre her. Sind Spiele gegen Werder noch etwas Besonderes für Sie?

Ganz klar ja! Ich habe damals im Weserstadion im Internat gewohnt, da war ich zu Hause. Und schon als Kind war ich Werder-Anhänger. Ich freue mich immer, wenn es gegen die Grün-Weißen geht, habe tolle Erinnerungen an diesen Klub und an die Handlungsträger von damals. Von denen sind ja immer noch viele dabei. Und mit Frank Baumann und Marco Bode prägen zwei meiner ehemaligen Mitspieler den Verein heute ganz besonders.

Seit dem vergangenen Winter sind Sie Sportdirektor von Bayer Leverkusen. Wie schwer ist es, gleich bei einem Champions-League-Klub in diesen Beruf zu starten? Und wie hilfreich ist es, das an der Seite einer Legende wie Rudi Völler machen zu dürfen?

Jeder Verein, bei dem man arbeitet, hat seine besonderen Herausforderungen. Ob man nun oben mitspielt oder um den Klassenerhalt kämpfen muss. Was hilfreich für mich war gleich zu Beginn ist der Umstand, dass ich Bayer 04 Leverkusen in- und auswendig kenne aus meiner langen Zeit als Spieler. Das macht es schon etwas einfacher, wenn einem die handelnden Personen nicht fremd sind. Und natürlich hilft es auch, wenn man sich mit einem solchen Fachmann wie Rudi Völler austauschen kann. Bei der Vielzahl an Aufgaben, die das Management eines Profi-Klubs heute mit sich bringt, ist es ein großer Vorteil, wenn man die Dinge auf mehrere Schultern verteilen und sich gegenseitig unterstützen und ergänzen kann. Das klappt super bei uns.

Im Sommer haben Sie Werder den Kaderplaner Tim Steidten abgeworben. Die Lücke konnte Werder bis heute nicht stopfen. Warum musste es Steidten sein?

Ich wollte hier im Sommer einige Dinge umstrukturieren und hatte dabei klare Vorstellungen. Tim ist ein absoluter Fachmann und hat ideal in das Anforderungsprofil gepasst. Ich habe mich um ihn bemüht und versucht, ihn von uns zu überzeugen. Und das ist dann ja auch gelungen. (schmunzelt)

Wie Leverkusen spielt auch Werder unter Florian Kohfeldt sehr offensiven Fußball, ist jedoch wirtschaftlich auf Verkäufe angewiesen. Schauen Sie mit einem Auge auch nach Bremen, wie sich Talente wie Milot Rashica oder Maxi Eggestein hier entwickeln?

Sie werden in der Bundesliga und auch im Ausland viele Klubs finden, denen die gute Bremer Arbeit auffällt. Sie machen das sehr gut, die Mannschaft, der ganze Verein hat sich hervorragend entwickelt. Werder erarbeitet sich gute Voraussetzungen, in Zukunft auch für derartige Spieler interessant zu bleiben. Auch wenn immer mal wieder einer nicht zu halten sein wird. Damit müssen alle Leben – außer den Bayern.

Trotz der vielen Ausfälle will Werder weiter attraktiv spielen und auch weiter den Europacup erreichen. Was für einen Gegner erwarten Sie im direkten Duell am Wochenende?

Sie sagen es: Werder will einiges erreichen, ist total ambitioniert. Ein schwieriges Spiel erwarte ich deshalb gegen einen Gegner, der offensiv und aggressiv auftreten und uns alles abverlangen wird. Wir müssen von Beginn an wach sein und zu 100 Prozent entschlossen, unsere Qualität auf den Platz zu bringen und Bremen zu schlagen.

In der oberen Tabellenhälfte geht es diese Saison sehr eng zu. Bleibt das Ihrer Meinung nach bis Saisonende so – und was ist für Leverkusen und Werder am Ende möglich?

Egal wie eng es derzeit zugeht – unser Ziel ist ganz klar Platz eins bis vier. Auf die anderen wollen wir gar nicht schauen. Wir müssen hart und konzentriert weiterarbeiten, dann werden wir unsere Punkte machen und oben dranbleiben. Auch wenn wir bis hierher noch den einen oder anderen Zähler haben liegen lassen. Wenn sich Werder am Ende für die Europa League qualifiziert hat und wir wieder in der Champions League spielen, würde ich mich sehr freuen.

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