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Werder-Trainer beim WK-Talk Wie Ole Werner das Publikum für sich einnahm

Rund 200 Gäste zog es dieses Mal zum Weserstrand-Talk des WESER-KURIER. Bärbel Schäfers Gast war Werders Trainer Ole Werner. Er überzeugte das Publikum und erinnerte an einen großen Vorgänger...
10.12.2022, 13:57 Uhr
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Wie Ole Werner das Publikum für sich einnahm
Von Jean-Julien Beer

Für einen Moment war Ole Werner Trainer von Bayern München. Er wirkte selbst etwas erstaunt darüber. "Die Besten landen doch immer bei den Bayern auf der Bank", hatte Moderatorin Bärbel Schäfer gesagt und Werner damit ein wenig verunsichert. "Wie jetzt, ich?" fragte Werders Trainer vorsichtig nach. Aber Bärbel Schäfer konnte ihn beruhigen: "Nein, Sie bleiben schön hier. Ich meinte Niclas Füllkrug."

Das Publikum hatte Spaß an solchen Dialogen. Werner war zum ersten Mal Gast beim WESER-Strand-Talk des WESER-KURIER im Café Sand. Aber vielleicht nicht zum letzten Mal. "Wenn Sie wirklich mal Bayerntrainer sind, dann kommen Sie wieder zu uns", meinte Schäfer. Nach einer Sekunde des Nachdenkens nahm die Moderatorin das aber lieber zurück: "Vielleicht kommen Sie dann besser doch nicht." Schließlich war der Saal voll mit Werder-Fans, die alle froh sind, dass Werner seit einem Jahr ihr Cheftrainer ist.

In Bremen ist er gut angekommen. Es ist seine erste Trainerstation weg von zu Hause. Vorher trainierte er nur Mannschaften in Kiel, von der Jugend bis hinauf zu den Profis. "Ich arbeite zum ersten Mal nicht vor der Haustür", sagte Werner, der eigentlich in Neumünster lebt, südlich von Kiel. Sich an der Weser heimisch zu fühlen, sei für ihn aber einfach: "Ich komme vom Wasser und gehe gerne ans Wasser." Man kann ihn beim Joggen am Osterdeich treffen oder auch mal beim Spazieren an der Schlachte. Auch den weitläufigen Bürgerpark weiß Werner zu schätzen.

Sein ganzer Auftritt an diesem Abend lässt sich so beschreiben: extrem entspannt, unaufgeregt, uneitel und irgendwie beruhigend. So arbeitet er auch als Trainer. Auf Typen wie ihn kämen Vereine wahrscheinlich genau dann, wenn es bei ihnen gerade etwas wilder zugehe, meinte er – denn er betrachtet es selbst als eine seiner Stärken, Ruhe auf eine Gruppe zu übertragen.

Wenn einer so irrsinnig erfolgreich war, hört man gerne zu.
Ole Werner über Thomas Schaaf

Wie er das denn bei Werder gemacht habe, wollte Schäfer wissen, als der Verein damals nach dem Impfpass-Skandal um Markus Anfang in heller Aufregung und bundesweit in den Schlagzeilen war. "Genau so, wie man das in jedem anderen neuen Job wahrscheinlich auch macht", antwortete der Trainer, "man stellt sich der Gruppe vor und spricht darüber, was man in der Zusammenarbeit erwartet – und dann legt man los. Mit der Zeit lernt man sich dann besser kennen."

Mit solchen einfachen Aussagen erinnert der junge Werner mit seinen 34 Jahren an Werders Trainer-Urgestein Thomas Schaaf (61). Der ist aber nicht sein Mentor. Nur ein Mal sind sich die beiden in Bremen begegnet, beim Abschiedsspiel von Claudio Pizarro. "Über den Fußballstandort Bremen" hätten sie sich dabei ausgetauscht, und auch wenn er selbst wenige Monate zuvor ein rauschendes Aufstiegsfest mit Werder erlebte, genoss Werner diese Unterhaltung mit Schaaf: "Wenn einer so irrsinnig erfolgreich war, hört man gerne zu."

Von ihrem Trainer-Charakter her ähneln sich beide tatsächlich sehr. Er sei "nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen", beschrieb Werner sich selbst, er stehe für offensiven Fußball und sei auch nicht von seiner Überzeugung abzubringen, "auf die eigenen Stärken zu setzen, statt die Stärken des Gegners zu bekämpfen". Damit ist er bei Werder natürlich genau richtig, dem Verein, der fast traditionell lieber 4:3 gewinnt als 1:0.

Ein Vorbild oder Idol ist Thomas Schaaf für ihn aber nicht – was allein daran liegt, dass sich Werner in seinen noch jüngeren Trainerjahren nicht vorstellen konnte, mal in der Bundesliga zu landen. "Wenn du in der Jugend oder in der vierten Liga arbeitest, dann sagst du ja nicht: Ich will in die erste Liga! Aber irgendwann entstehen Ambitionen, und denen eifert man dann nach."

Nun durfte er in Bremen sein schönstes Fußballerlebnis überhaupt genießen, am letzten Spieltag der Zweitligasaison im Weserstadion gegen Regensburg: "Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut, wenn ich an diese Atmosphäre denke. Es war wirklich so, dass uns eine ganze Stadt an diesem Tag durch eine Tür in die erste Liga schieben wollte."

Zum ersten Mal ist er selbst nun in dieser Liga. Die Unterschiede zum Zweitligafußball seien enorm: Jeder Ballverlust an der Mittellinie führe sofort zu einer Torchance für den Gegner, das Tempo und die Qualität der Gegenspieler sei sehr viel höher. Auch wenn Werder bisher ganz gut gepunktet habe, müsse man als Aufsteiger deshalb immer auf der Hut sein, denn: "Bei aller Euphorie kann es im Fußball immer sehr schnell gehen. Es wäre wichtig für den Verein und seine weitere Entwicklung, wenn wir auch nächste Saison in der Bundesliga spielen."

Es gibt keinen Mangel an Meinung im Fußball, sondern einen Mangel an Ahnung.
Ole Werner

Es ging aber nicht nur um Fußball an diesem Abend, sondern auch um den Menschen Ole Werner – der wegen Mathe fast durchs Abi gefallen wäre. Am Tag der Prüfung hatte er Fieber und bekam ein Attest; wie er später erfuhr, wurde seine einzige Mathe-Stärke in der Prüfung gestrichen, nämlich Statistik. Beim Nachschreiben war Statistik wieder dabei...

Am Thema Füllkrug kam Werner natürlich nicht vorbei. Er hoffe, dass der WM-Stürmer mindestens bis zum Sommer bleibe. Der gestiegene Marktwert des Torjägers sei kein Problem, sondern nur gut für den Verein. Tipps habe er ihm während der WM nicht gegeben: "Es gibt so viele Leute um einen Nationalspieler herum, das überlasse ich gerne denen. Der wird schon früh genug wieder was von mir zu hören kriegen.“

Über Deutschlands WM-Aus wollte er nicht viel sagen, weil er nicht nah genug dran sei. Dass im Fußball viel aus der Ferne geurteilt wird, das stört ihn nämlich grundsätzlich: "Es gibt keinen Mangel an Meinung im Fußball, sondern einen Mangel an Ahnung." Ein Satz wie von Thomas Schaaf.

Sehen Sie den WESER-Strand-Talk hier im Stream (Sollte sich der Videoplayer nicht öffnen, klicken Sie hier und schauen Sie das Video direkt bei YouTube):

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