Die Vorstellung, dass er es vor Beginn der Pressekonferenz tatsächlich so geplant haben könnte, ist ziemlich unheimlich und, schon klar, abwegig ist sie noch viel mehr. Am Ende standen da aber nun mal diese bemerkenswerten Zahlen auf der Uhr. Als Werders Trainer Florian Kohfeldt während der Pressekonferenz am Donnerstag seine umfangreichen Ausführungen über den kommenden Gegner Schalke 04 beendete, hatte er exakt 04:04 Minuten lang gesprochen, was einen netten Zufall darstellte. Und darüber hinaus eine Art i-Tüpfelchen auf Kohfeldts Schalke-Rede war, die in leicht abgewandelter Form vor dem Gastspiel in Bremen (Sonnabend, 15.30 Uhr) sicher auch in der königsblauen Kabine als Motivationsansprache taugen würde.
„Schalke 04, das ist Fußball, das sind Emotionen“, sagte Kohfeldt etwa, „ein Verein, den ich mir deshalb in der Bundesliga wünsche“, weil Spiele gegen Schalke „immer Erlebnisse sind“. Für die Gegner waren es in dieser Saison ziemlich oft erfreuliche Erlebnisse, was sich gut daran ablesen lässt, dass Schalke als Tabellenletzter an die Weser reist. Erst sieben Punkte nach 18 Spieltagen, die vergangenen drei Duelle verloren – die Gefahr, einen solchen Gegner, zu unterschätzen, ist erfahrungsgemäß groß, weil es manchmal sogar unbewusst passiert. Deswegen vermutlich auch Kohfeldts Schalke-Monolog: zum Warnen und Wachmachen seiner eigenen Mannschaft. Denn dieses Spiel am Samstagnachmittag – für Werder ist es Chance und Gefahr zugleich.
Werder kann sich Platz im Mittelfeld sichern
Bei einem Sieg würden die Bremer, die derzeit mit 21 Punkten 13. sind, ziemlich fest im gesicherten Mittelfeld der Tabelle andocken und darüber hinaus die Chance wahren, das Thema Abstiegskampf in der Woche drauf gegen Arminia Bielefeld so gut wie zu den Akten legen zu können. „Für uns ist es eine Woche, in der wir in der Lage sind, unsere Situation in zwei Wettbewerben weiter zu verbessern“, sagte Kohfeldt und schloss das DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den Zweitligisten Greuther Fürth (Dienstag, 20.45 Uhr) gleich mit ein. Mehr Ausblick gestattete sich der Coach aber nicht, weil er eben auch um die Gefahr weiß, die dieses Schalke-Spiel birgt.
In der Vergangenheit war es fast ein Markenzeichen von Werder Bremen, nach überraschend guten Leistungen oder zumindest nach Erfolgserlebnissen plötzlich überraschend schwache Leistungen abzuliefern und sich somit um Chancen zu bringen. Kohfeldt arbeitet seit langem daran, diese Eigenart aus der Mannschaft herauszubekommen – und aktuell, so scheint es, trägt seine Arbeit Früchte. In der laufenden Saison gab es bisher nur ein ganz steiles „Erst-ordentlich-dann-plötzlich-schwach-Gefälle“: 1:0 in Mainz gewonnen, danach dann desolat beim 0:2 gegen Union Berlin. Um zu verhindern, dass sich derartige Knicke in der Leistungskurve wiederholen, wiederholt sich Kohfeldt, fast schon mantraartig und deswegen wenig überraschend auch vor dem Schalke-Spiel: „Es geht nur, wenn alle immer zu 100 Prozent im Fokus sind.“
„Gewisser Optimismus“
Ab Freitagabend, wenn sich die Mannschaft wie immer vor Heimspielen ins Hotel zurückzieht, „müssen wir uns einschärfen, dass wir alle von der ersten bis zur letzten Sekunde wachsam sein müssen“, forderte der Trainer. Gelingt das, habe er einen „gewissen Optimismus“ mit Blick auf das Spiel. Gelingt es jedoch nicht, schwant ihm auch gegen schlingernde Schalker Böses: „Wenn einer nachlässt, haben wir in keinem Bundesligaspiel eine Chance.“
Alarmierende Sätze, die im ersten Augenblick nicht so recht zur inzwischen doch recht passablen Bremer Ausgangslage passen wollen, auf die Kohfeldt aber trotzdem niemals verzichten würde. Weil seine noch sehr junge Mannschaft sie offenbar regelmäßig braucht, als öffentliche sprachliche Stütze. Und weil natürlich auch die Erinnerung an den Fast-Abstieg im Vorjahr noch lange nicht verblasst ist. Daran ändern auch sieben Punkte aus den vergangenen vier Spielen erstmal wenig, bei allem Selbstvertrauen, die sie freilich gebracht haben.
„Man merkt in der Mannschaft, dass der Glaube da ist, dass wir regelmäßig punkten können“, berichtete Kohfeldt. Gegen Schalke soll das nun wieder – wie zuletzt beim 4:1 in Berlin und davor beim 0:1 in Gladbach – auf dem Platz zu erkennen sein. Denn bei aller Sympathie mit dem „großen Traditionsclub“ S04 und dessen „wahnsinniger Fanbasis“ – einen ganz zentralen Satz vergaß Kohfeldt nicht in seiner 04:04-Rede: „Ich schaue schon genau dort hin und hoffe, dass es mit dem Klassenerhalt für sie funktioniert. Nur eben nicht auf unsere Kosten.“