Das Bundesliga-Spiel zwischen Werder und Bayern München droht dem Sturmtief „Xaver“ zum Opfer zu fallen. Wenn die Weser den Sommerdeich überspült, wird die Partie im Weserstadion abgesagt. Unklar ist auch, ob die Gäste aus München heute wie geplant auf dem Bremer Flughafen landen können.
Am Nachmittag beobachtete Tino Polster noch amüsiert zwei Jugendliche. Die beiden nutzten den Sturm zu einer etwas eigenwilligen Freizeitbeschäftigung: Sie fuhren vor dem Weserstadion mit einer Art Surfboard auf Rädern auf und ab – sozusagen unter vollen Segeln. Eine halbe Stunde später war bei Werders Mediendirektor kein Platz mehr für solcherart Ablenkung. Im Weserstadion tagte ein Krisenstab, es griff ein erster Notfallplan, Werder-Mitarbeiter begannen mit ersten Sicherungsmaßnahmen im Stadion-Erdgeschoss. Zunächst ging es noch vornehmlich um Akten – wenig später war klar, dass dem für morgen geplanten Bundesliga-Spiel gegen Bayern München die Absage droht.
Nicht der Sturm mit Böen in Orkanstärke, sondern das drohende Hochwasser gefährdet die Partie. Denn das Stadion liegt in der Pauliner Marsch und damit im Überflutungsbereich. Geschützt ist es nur durch den vorgelagerten Sommerdeich. Der ist 5,50 Meter hoch. Für die erwartete Flutwelle ist das zu niedrig – gestern kalkulierte man mit einem Pegel von etwa sechs Metern. Ein solcher Wert läge noch knapp über dem Pegelstand der Sturmflut von Februar 1946. Das mittlere Hochwasser in Bremen liegt bei 2,30 Meter.
Zwischen 2 und 4 Uhr nachts sollte die Flutwelle die Weser flussaufwärts rollen. Für Tino Polster war schon gestern klar: „In dem Moment, in dem das Wasser über den Sommerdeich kommt, fällt das Spiel aus. Dann würden wir unter Wasser stehen.“ Es wäre das erste Mal, dass in Bremen ein Bundesliga-Spiel wegen Hochwassers abgesagt werden müsste.
Bei Werder bewertete man die Lage als ernst. Das zeigten schon die Sicherungsmaßnahmen für die Gebäudeteile der Arena, die bei einer möglichen Überflutung gefährdet sein könnten. „Das ist nicht nur Business as usual“, sagte Medienchef Polster. Man wäre doch „bescheuert, die Warnungen nicht ernst zu nehmen“. So schleppten Werder-Mitarbeiter kistenweise Material aus dem Erdgeschoss in höhere Etagen, teilweise mittels einer Menschenkette. Dazu gehörten Akten, aber auch Artikel aus dem Fan-Shop und aus den Kabinen. Im Presseraum wurden sogar sämtliche Schreibtische demontiert. Auch die TV-Räume befinden sich im Weserstadion im Erdgeschoss.
Dabei hatte Werder gestern seinen Angestellten zunächst freigestellt, wegen des heraufziehenden Sturms früher Feierabend machen zu können, um noch problemlos nach Hause kommen zu können. Daraus wurde nichts, nach der ersten Krisensitzung waren diese Planungen hinfällig. „Jetzt packen alle Mitarbeiter mit an“, teilte Polster am Nachmittag mit.
Bereits am Vormittag hatte Chefcoach Robin Dutt das Training der Profis um zwei Stunden auf 12 Uhr vorgezogen. Er wollte dem angekündigten Sturm aus dem Weg gehen. Ähnlich verfuhr parallel in Hamburg HSV-Trainer Bert van Marwijk. Das Training in Bremen war zwar öffentlich – allerdings blieb der kleine Zuschauerbereich an Platz 10 für Besucher vorsichtshalber gesperrt. Dort stehen große Kastanien; die Gefahr, dass herabfallende Äste Zuschauer gefährden, war den Verantwortlichen zu groß.
Später am Nachmittag sagte Werder dann alle weiteren Trainingseinheiten für die Nachwuchs- und Frauenteams ab. Gefährdet ist heute Abend auch das Regionalligaspiel von Werders U23 gegen den SV Meppen, das auf Platz 11 stattfinden soll.
Auch der FC Bayern machte sich gestern frühzeitig Gedanken über die unerwartete Bremer Sturmgefahr. Pressesprecher Markus Hörwick erkundigte sich kurz nach Mittag bei seinem Werder-Kollegen Polster über die Situation. Dabei ging es aber weniger um eine mögliche Überflutung der Pauliner Marsch als vielmehr darum, wie heftig der Wind im hohen Norden denn wirklich wehe. Die Bayern wollen eigentlich heute um 17 Uhr per Flugzeug anreisen – die Landung auf dem Neuenlander Feld ist für kurz nach sechs vorgesehen.
Allein: Gestern ging am Bremer Flughafen kaum noch etwas. Am Nachmittag wurden alle innerdeutschen Flüge gestrichen. Für heute war zunächst nur ein eingeschränkter Flugverkehr vorgesehen – die Strecke von und nach München stand gestern Abend noch nicht auf der Streichliste.