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Mediziner soll Geld von Immobilienfonds veruntreut haben / Erste Aussage im Prozess um „Wölbern Invest“ in Hamburg Angeklagter Arzt will sich nicht bereichert haben

Hamburg. In die eigene Tasche will er nicht gewirtschaftet haben. „Den Vorwurf der privaten Bereicherung weise ich zurück“, sagte Heinrich Maria Schulte gestern als Angeklagter im Prozess um die mutmaßliche Veruntreuung von 147 Millionen Euro an Fondseinlagen.
21.05.2014, 00:00 Uhr
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Von Markus Lorenz

In die eigene Tasche will er nicht gewirtschaftet haben. „Den Vorwurf der privaten Bereicherung weise ich zurück“, sagte Heinrich Maria Schulte gestern als Angeklagter im Prozess um die mutmaßliche Veruntreuung von 147 Millionen Euro an Fondseinlagen. Treuherzig gab der 60-Jährige vor dem Hamburger Landgericht zu bedenken: „Ich bin kein Finanzexperte, sondern Arzt.“ Der Medizinprofessor hatte die traditionsreiche Hamburger Privatbank Wölbern 2006 gekauft, das Bankgeschäft später wieder abgegeben, die Fondssparte aber weitergeführt.

Die Staatsanwaltschaft legt ihm gewerbsmäßige Veruntreuung in 360 Fällen zur Last. Laut Anklage hatte er als Inhaber und Geschäftsführer des Emissionshauses Wölbern Invest über rund zwei Jahre immer wieder Geld aus geschlossenen Immobilienfonds auf andere Konten umgeleitet. Rund 50 Millionen Euro davon soll Schulte für private Zwecke verwendet haben. Es ist einer der größten Prozesse dieser Art in Hamburg. In der mit Spannung erwarteten Erklärung betonte der Angeklagte, bis zu seiner Festnahme im September 2013 sei kein einziger Anleger geschädigt worden. Die Abbuchungen von den Fondskonten erklärte er mit der „Bündelung liquider Mittel“. Das System hätten seine juristischen Berater für unbedenklich gehalten. Immerhin sagte der Angeklagte: „Wenn ich etwas Falsches getan haben sollte, dann werde ich dafür einstehen.“

Etwa 35 000 Anleger hatten insgesamt rund 1,1 Milliarden Euro bei Wölbern investiert. Exakt 147,3 Millionen Euro davon soll der Chef zwischen 2011 und 2013 auf andere Konten transferiert haben. Der Verbleib von rund 115 Millionen Euro ist laut Staatsanwaltschaft bis heute unklar. Nach der Festnahme des Inhabers gingen die Fonds ebenso in die Insolvenz wie der Privatmann Schulte und sein Klinikverbund Endokrinologikum in Altona. Die Verwalter der 23 insolventen Fondsgesellschaften gehen davon aus, dass der größte Teil des Geldes verloren ist.

Die Prozessfortsetzung stand gestern zunächst ganz im Zeichen juristischer Scharmützel zwischen Schultes drei Verteidigern und den Richtern der Großen Strafkammer. Die lehnte zwei Befangenheitsanträge vom Vortag aus formalen Gründen ab. Ebenso wie den gestrigen Antrag der Verteidiger, die Verhandlung für sechs Monate auszusetzen, um sich in die außerordentlich komplexe Materie einarbeiten können. Tatsächlich erreicht das Prozessmaterial kaum überschaubare Ausmaße. Allein die Gerichtsakten umfassen etwa 10 000 DIN-A4-Seiten. Hinzu kommen jede Menge beschlagnahmter Unterlagen.

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