Zahlreiche Beamte müssen ihre Hoffnungen auf Gehaltsnachzahlungen wohl begraben: Der Europäische Gerichtshof billigte eine deutsche Übergangsregelung zur Einstufung von Beamten grundsätzlich. Bund und Ländern drohen damit vorerst keine teuren Nachzahlungen. Bremen und Niedersachsen begrüßen das Urteil.
Mehrere Beamte des Bundes und des Landes Berlin sind mit einer Klage auf Schadenersatz vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitgehend gescheitert. In dem Rechtsstreit ging es im Wesentlichen um die Frage, inwieweit sich ihre Besoldung am Alter oder an der Berufserfahrung orientiert.
Der Hintergrund des Rechtsstreits ist kompliziert: Über Jahrzehnte hatte das Besoldungsrecht die Einstufung eines neuen Beamten von seinem Lebensalter abhängig gemacht. Das hatte zur Folge, dass ein 30-jähriger Berufseinsteiger dasselbe verdiente wie sein gleichaltriger Kollege mit zum Beispiel zehn Jahren Berufserfahrung. Das widersprach dem europäischen Recht zur Gleichbehandlung im Beruf. Seit 2009 wird daher die Bezahlung im Bund und seit 2011 in Berlin an die Berufserfahrung, sprich die Dienstjahre, gekoppelt.
Für Beamte, die bereits im Dienst waren, wurden Übergangsregeln geschaffen. Diese garantieren etwa älteren Beamten mit eher wenigen Dienstjahren, dass sie mit der Umstellung nicht deutlich weniger verdienen. Ihr Grundgehalt, das sie zum Zeitpunkt der Umstellung bekamen, orientiert sich nach wie vor am Alter, spätere Steigerungen an der Berufserfahrung. Den klagenden Beamten gefiel das nicht. Sie monierten, wegen ihres Alters diskriminiert zu werden und forderten rückwirkend einen Ausgleich zur theoretisch höchstmöglichen Besoldung.
Der EuGH bestätigte in seinem Urteil, dass es in der Tat unzulässig ist, die Besoldung vom Lebensalter abhängig zu machen. Allerdings seien bestimmte Übergangsregelungen für den Umstieg vom einen zum anderen System legitim. Die Berliner Übergangsregelung diene dem Besitzstandsschutz der Beamten und sei durch einen „zwingenden Grund des Allgemeininteresses“ gerechtfertigt.
Das Urteil ist nicht nur für Berlin von Bedeutung, weil andere Bundesländer ähnliche Übergangsregelungen haben. Entsprechend loben sie den Richterspruch. So auch Bremen. Das Land sieht sich in seiner Politik bestätigt. Das Bremische Besoldungsgesetz wurde zum 1. Januar 2014 geändert, seitdem ist die Bezahlung neu eingestellter Beamter an die Berufserfahrung gekoppelt. Die Übergangsregelung ist ähnlich wie diejenige in Berlin. „Das Urteil ist zu begrüßen“, sagt Dagmar Bleiker, Sprecherin von Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne). Das europäische Gericht habe den öffentlichen Dienstherren zugestanden, dass Systemumstellungen „auch pauschalierend und mit möglichst wenig Verwaltungsaufwand erfolgen dürfen und dabei auf den erreichten Besitzstand der Beamten Rücksicht genommen werden darf“, betont sie.
In Niedersachsen wird derzeit an einem Gesetzentwurf gearbeitet, der eine Überleitung des bisherigen Systems der Besoldung nach dem Alter auf Erfahrungsstufen vorsieht. Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SDP) sieht dabei den Kurs der Regierung durch das EuGH-Urteil vom Donnerstag „bestätigt“.
Ganz ausgestanden ist die Sache indessen noch nicht, weil sich neben dem Europäischen Gerichtshof noch andere nationale Gerichte mit der Thematik befassen, unter anderem das Bundesverwaltungsgericht. Kein Schlussstrich also – aber die Bundesländer sehen ihre Position nach dem Spruch der Luxemburger Richter gestärkt. Sicherlich werde die „Entscheidung des EuGH in die Urteile einfließen“, so Bleiker. Den noch anhängigen Klagen vor deutschen Gerichten sehe man „gelassen entgegen.“
Die Kassenwarte können nun erst einmal aufatmen. Bei einem Erfolg der Kläger vor dem EuGH hätten nicht nur dem Bund und dem Land Berlin erhebliche Schadenersatzansprüche gedroht. Mehrere Bundesländer hatten sich bei der Aufstellung ihrer Haushalte bereits auf Schadenersatzforderungen eingestellt.