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Fairer Handel Billige Südfrüchte lassen Erzeuger verarmen

Wir zahlen für Südfrüchte wie Bananen immer weniger. Was unseren Geldbeutel schont, schadet jedoch dem Erzeuger. Bauern aus Ländern in Afrika und Lateinamerika drohen zu verarmen.
09.02.2019, 20:25 Uhr
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Von Laurin Meyer

Die Deutschen lieben Bananen: Pro Jahr verzehrt jeder hierzulande zwölf Kilo im Schnitt. In Sachen Beliebtheit steht die gelbe Frucht damit gleich hinter dem Apfel. Das dürfte auch daran liegen, dass viele Supermärkte Bananen immer günstiger anbieten – zu günstig, wie Hilfsorganisationen bemängeln. Denn die Bauern in den Produktionsländern könnten davon kaum leben.

Besonders in den vergangenen Monaten seien die Preise für Bananen drastisch zurückgegangen, erklärt nun der gemeinnützige Verein Trans-Fair, der hierzulande die Fair-Trade-Siegel vergibt. Die Folge: „Bananenbauern und Importeure zahlen drauf“, sagt Vorstandsvorsitzender Dieter Overath. Und das führe zu mehr Armut, Kinderarbeit und Drogenhandel als Zuverdienst. Trotz Transportwegen von bis zu 11.000 Kilometern kosten die Früchte oft halb so viel wie heimische Äpfel. Die Schuld gibt die Organisation den großen Einzelhandelsketten. Diese würden ihre Marktmacht missbrauchen, um sich mit Tiefstpreisen gegen die Konkurrenz zu behaupten. „Seit Monaten unterbieten sich die Händler regelmäßig in den Kilopreisen“, sagt Overath. Und das trotz steigender Anforderungen an Qualität, Umwelt- und Arbeitsschutz.

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Wie teuer Bananen tatsächlich sein müssten, haben die Organisationen Trueprice und Trucost berechnet – und dafür etwa die unzureichende Entlohnung und mangelnde Absicherung der Arbeiter berücksichtigt. Hinzu kommen Kosten für ökologische Folgen wie Wasserknappheit. Das Ergebnis: Ein Kilo konventioneller Bananen verursacht umgerechnet rund 33 Cent solcher externen Kosten. Was für deutsche Supermarktkunden ein kleiner Betrag ist, dürfte den Ecuadorianern spürbar fehlen. Das durchschnittliche Monatseinkommen in dem südamerikanischen Land entspricht in etwa nur einem Fünftel des deutschen Lohns.

Preissenkungen sorgen für Gesetzesbruch

Zuletzt wandten sich auch die ecuadorianischen Bananenbauern in einem offenen Brief an den Discounter Aldi. Im Oktober hatte die deutsche Kette nämlich angekündigt, den Kilopreis für Bananen weiter zu senken. Die Aldi-Preise würden die Bauern zwingen, das ecuadorianische Gesetz zu brechen, schrieben sie darin. In Ecuador gilt ein Mindestpreis für den Export von Bananen. Produzenten müssen demnach umgerechnet mehr als 5,50 Euro pro 18-Kilo-Kiste verlangen. „Die veröffentlichten Briefe des ecuadorianischen Bananensektors nehmen wir sehr ernst“, heißt es dazu von Aldi Nord. Das Unternehmen wolle Maßnahmen entwickeln, die zu systemischen Verbesserungen in der Bananenproduktion führen.

Doch niedrige Preise belasten keinesfalls nur die Bananenbauern. Ganz ähnlich geht es auch auf dem Kaffee- oder Kakaomarkt zu, glaubt man den Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Der Weltpreis für Kakaobohnen ist 2017 regelrecht eingebrochen, seitdem ging es nur schleppend wieder aufwärts. Betroffen sind vor allem Nigeria, Ghana und die Elfenbeinküste, von deren Sträuchern nahezu der gesamte Kakao für den deutschen Markt stammt. In der Elfenbeinküste verdiene eine siebenköpfige Bauernfamilie mit ihrer Ernte aktuell nur 170 Euro pro Monat, schätzt das Bundesentwicklungsministerium: zu wenig, um davon zu leben. Außerdem sollen über zwei Millionen Kinder auf den westafrikanischen Plantagen arbeiten.

Die Lieblingssüßigkeit der Deutschen, die Schokolade, hat jetzt auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) auf den Plan gerufen: „Wir müssen den Menschen endlich faire Preise zahlen, damit die Bauern von ihrem Einkommen leben können und kein Kind mehr auf den Plantagen schuften muss.“ Müller hat sein Ziel in einem Zehn-Punkte-Plan festgehalten, den er kürzlich vorgestellt hat. Schon im kommenden Jahr sollen 70 Prozent des hierzulande verkauften Kakaos als fair zertifiziert sein, langfristig soll sogar alles aus nachhaltigem Anbau stammen. Umsetzen will Müller das unter anderem mit EU-weiten Standards und Informationskampagnen.

Pflücker arbeiten unter Mindestlohn und giftiger Umgebung

Mehr Aufklärung an der Obsttheke könnte auch den Ananasbauern in Costa Rica helfen. Das Land ist der weltweit größte Produzent der Südfrucht. Pflücker arbeiteten hier bis zu zwölf Stunden pro Tag und erhielten teilweise nicht einmal den Mindestlohn, berichtet die Hilfsorganisation Oxfam. Zudem würden immer noch giftige Pestizide versprüht – teils ohne Schutz für die Arbeiter.

Die deutschen Einzelhändler wollen die Rolle des Täters nicht annehmen. Edeka etwa verweist auf zahlreiche Initiativen, in denen sich der Verbund bereits für bessere Bedingungen engagiert. Zudem liege nicht alles in der Hand der Supermärkte: „Der Handel bezieht seine Produkte von Lieferanten in den jeweiligen Produktionsländern“, heißt es vom Handelsverband Deutschland. Deshalb stelle die Sicherung von Standards bei den Lieferanten eine große Herausforderung dar.

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