Familienunternehmen bilden das Rückgrat des deutschen Mittelstandes. Doch nicht immer verlaufen Nachfolgeregelungen in den Betrieben reibungslos. Das haben zuletzt prominente Beispiele wie Oetker oder DuMont gezeigt. Wie der Spagat zwischen Familie und Beruf funktionieren kann, erzählen zwei Bremer Geschäftsinhaber anlässlich der Familienunternehmer-Tage, die noch heute in Dresden stattfinden.
Anfangs habe er nie daran gedacht, in das Geschäft seines Vaters einzusteigen. Familie und Beruf zusammenzubringen, das könne kritisch werden, meinte Michael Kleine. Vor fünf Jahren übernahm der heute 39-Jährige die Mac Panther GmbH von seinem Vater – und ist mittlerweile froh, dass er seine Meinung noch einmal geändert hat.
Vater und Sohn hatten bei der Firmenübergabe feste Absprachen getroffen, wie diese verlaufen sollte. So ist der 71-jährige Werner Kleine zwar nach wie vor als Mitgeschäftsführer im Handelsregister eingetragen, hat sein Büro in dem Firmengebäude am Bremer Flughafen mittlerweile jedoch geräumt. Gerade diese klaren Regelungen hätten einen reibungslosen Ablauf bei der Unternehmensnachfolge überhaupt erst ermöglicht, sagt Michael Kleine heute.
Doch nicht immer verlaufen Nachfolgeregelungen so reibungslos wie bei Mac Panther. Erbittert geführte Verwandtschaftskämpfe sind keine Seltenheit, denn es geht oft nicht allein um die Nachfolge, sondern auch um Prestige und Geld. Das weiß auch Tom Rüsen, Geschäftsführender Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen (Wifu). Durch langjährige Forschungsergebnisse hat er zusammen mit seinem Team einen Leitfaden erarbeitet, wie eine erfolgreiche Nachfolgeregelung ablaufen kann. „Es ist wichtig, dass beide Parteien systematisch über die Nachfolge sprechen“, sagt der Wissenschaftler. Diese sei bestenfalls als Prozess zu verstehen: „Der eine gibt Zug um Zug Verantwortung ab, der andere übernimmt sie nach und nach.“ Zudem sollten die Unternehmer ihre Kinder frühzeitig in das Firmengeschehen einbeziehen. „So können sie eine emotionale Bindung zum Unternehmen aufbauen“, sagt Rüsen.
Nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln sind von zehn mittelständischen deutschen Unternehmen mehr als neun eigentümergeführte Familienbetriebe. 27 000 von ihnen sind laut Zahlen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn jährlich auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Bundesweit gibt es laut den IfM-Zahlen derzeit etwa 4500 Familienunternehmen, die jährlich mehr als 50 Millionen Euro umsetzen – darunter Schwergewichte wie Haribo oder Melitta. Hinzu kommen noch einmal die etwa 3,4 Millionen kleineren Betriebe.
Dazu gehört auch Mac Panther mit seinen 44 Mitarbeitern. Michael Kleine führt das Geschäft in zweiter Generation. Ursprünglich hatte der 39-Jährige Bau- und Wirtschaftsingenieurwesen studiert und im Anschluss in diesem Bereich gearbeitet. So lange, bis sein Vater auf ihn zukam und fragte, ob er sich vorstellen könne, sein Unternehmen, das sich unter anderem auf die Entwicklung und Produktion von Sondermaschinen und Fabrikanlagen spezialisiert hat, zu übernehmen.
Druck habe es vonseiten des Vaters nie gegeben, sagt Michael Kleine. Werner Kleine sei nur daran gelegen gewesen, bis zu seinem 60. Lebensjahr einen geeigneten Nachfolger zu finden, um diesen innerhalb der nachfolgenden Jahre in das Geschäft einzuführen. „Und ich hatte vorher ja genügend Zeit, mir meine Hörner abzustoßen und die Dinge mit etwas Abstand anders zu bewerten“, sagt Michael Kleine.
Nach einer kurzen Bedenkzeit entschied er sich deswegen, in das Geschäft einzusteigen. Aber nicht, ohne zuvor gewisse Vereinbarungen wie etwa eine vertraglich festgehaltene Übernahmeregelung mit seinem Vater getroffen zu haben. „Wir brauchten diesen klaren Schnitt, um auch den Mitarbeitern zu zeigen, dass ich nun der Chef bin“, sagt Kleine.
Frühzeitig um Nachfolge kümmern
Mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmensinhaber übergeben ihr Geschäft nach Zahlen des IfM Bonn an die eigenen Kinder. „Wichtig ist, dass sich ein Unternehmer frühzeitig um seine Nachfolge kümmert“, sagt Wifu-Direktor Tom Rüsen. Spätestens mit 45 Jahren solle man sich Gedanken machen, wen man dazu aufbauen könne. Der Forscher stellt in Deutschland eine abnehmende Bereitschaft von Familienmitgliedern fest, in das operative Geschäft einsteigen zu wollen. Dabei müsse eine familieninterne Regelung nicht immer gleichbedeutend mit einer Geschäftsführung sein. In größeren Firmen könne man auch als Gesellschafter die Interessen der Familie vertreten. „Aber auch dafür muss Kompetenz vorhanden sein“, sagt Rüsen.
Bei der Bremer Wäscherei Max Stich ist mit Moritz Stich ein geeigneter Nachfolger innerhalb der Familie gefunden worden. Der 30-Jährige teilt sich seit Anfang 2013 die Geschäftsführung mit seinem Vater. „Ein sensibles Thema“, wie Moritz Stich schon früh wusste. Wertschätzung des bereits Geleisteten spiele eine große Rolle, wenn man in ein Familienunternehmen einsteige, sagt Moritz Stich. „Man muss sich der Verantwortung bewusst sein, dass man ein Lebenswerk weiterführt.“
Stich war von Kindesbeinen an in die Firma involviert, die die Großmutter 1936 gegründet hatte. Unter Leitung seines Vaters ist aus einer kleinen Fein- und Herrenwäscherei ein florierender Industriebetrieb mit 82 Mitarbeitern geworden, der unter anderem Kunden wie Altenpflegeheime oder Hotels mit Mietwäsche versorgt und täglich 20 Tonne Wäsche reinigt.
Für Sohn Moritz stand sehr früh fest, dass er in das Geschäft einsteigen wollte – aber nicht auf Kosten seiner Schwester. „Man hört ja immer wieder aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis, dass es Ärger bei der Nachfolgeregelung gibt“, sagt Stich. Er habe sich von Anfang an dafür eingesetzt, dass seine Schwester sich nicht benachteiligt fühlte, auch wenn diese nie vorgehabt habe, in den Betrieb einzusteigen. Mithilfe eines Steuer- und eines Bankberaters habe man letztendlich eine Lösung gefunden, mit der alle einverstanden waren.
Ab dem kommenden Jahr will sich der Vater nach und nach aus dem Geschäft zurückziehen. Das bedeutet aber nicht, dass Sohn Moritz seinen Vater nicht weiter in das Geschäft involvieren will. Im Gegenteil: „Er soll nicht das Gefühl bekommen, dass er mit dem Ganzen von heute auf morgen nichts mehr zu tun haben darf“, sagt der 30-Jährige. Auch das sei für ihn eine Form der Wertschätzung.
Familienunternehmer-Tage 2014
n Seit gestern laufen die Familienunternehmer-Tage in Dresden. Bei der Veranstaltung des Vereins Die Familienunternehmer – ASU, bei dem auch Familie Kleine und Familie Stich Mitglieder sind, kommen Geschäftsführer aus ganz Deutschland zusammen. Vor Ort gibt es einen Dialog unter anderem mit Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich und EU-Kommissar Günther Oettinger (beide CDU). Zudem hält der Mathematiker Gunter Dueck einen Vortrag.