
“Warum lernen wir davon nichts in der Schule?”, fragen Schüler Olan Scott Pinto, wenn es in ihren Workshops um die Auswirkungen des Kolonialismus geht.
Der erste deutsche Völkermord des 20. Jahrhunderts hat mit einem Schwindel begonnen. Der Bremer Tabakkaufmann Adolf Lüderitz erwarb 1883 zusammen mit dem jungen Bremer Kaufmann Heinrich Vogelsang Land um die Bucht von Angra Pequena im heutigen Namibia. Fünf Meilen für 100 Pfund und 200 Gewähre. Während die einheimischen Nama von den kürzeren englischen Meilen (ca. 1,6 Kilometer) ausgingen, bestand Lüderitz auf die längeren deutschen Meilen (ca. 7,5 Kilometer).
Mit dem Ausbau des deutschen "Schutzgebietes" zu einer Kolonie kamen immer mehr Siedler nach Afrika. Die einheimischen Herero und Nama sahen sich zurückgedrängt. Die Aufstände der Volksgruppen wurden auf deutschen Befehl hin brutal niedergeschlagen. Zwischen 1904 und 1908 wurden etwa 75.000 Menschen ermordet. Im vergangenen Jahr hat Deutschland die Taten offiziell als Völkermord anerkannt.
Unweit des Bürgerparks erinnern zwei Straßen an die Kaufleute Lüderitz und Vogelsang. Eine dritte Straße erinnert an Hedwig Heyl, viele Jahre Vorsitzende des Frauenbundes der deutschen Kolonialgesellschaft. Olan Scott Pinto vom Lidice-Haus nutzt die Straßen, um mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. "Es hilft zu gucken, was hat das Thema eigentlich mit der Lebenswelt von jungen Menschen zu tun", sagt die Bildungsreferentin. Damit füllt Scott Pinto eine Lücke, die Bremer Schulen nicht füllen.
Was Bremen in seiner Lehrerausbildung versäumt, wofür sich junge Menschen interessieren und warum sich Bremer mit den Straßen in Schwachhausen identifizieren, erzählt Olan Scott Pinto im Interview.
Orte mit kolonialen Bezügen in Schwachhausen

Im Magazin "Erst der Hafen, dann die Stadt" blicken wir auf die bremischen Häfen und ihre Geschichte und wir beleuchten kritisch die koloniale Vergangenheit der Hansestadt.