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Länger selbstständig wohnen Altersgerechte Umbauten in der eigenen Wohnung

Durch Sanierung Barrieren im eigenen Haus überwinden: Das Ehepaar Hobje will, so lange es geht, selbstständig leben. Finanzierungshilfen machen es möglich.
14.03.2017, 00:00 Uhr
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Von Thomas Walbröhl

Durch Sanierung Barrieren im eigenen Haus überwinden: Das Ehepaar Hobje will, so lange es geht, selbstständig leben. Finanzierungshilfen machen es möglich.

Seit 2000 wohnen Margarete Hobje, 83, und ihr Mann Joachim, 85, in einem Mehrparteienhaus in der Heinrich-Schulz-Straße in der Vahr im Erdgeschoss. Trotz einiger körperlicher Einschränkungen sind die beiden geistig topfit. Joachim Hobje erzählt, dass er seit einem Unfall als kleiner Junge mit dem Schreiben und dem Lesen Probleme habe. Darauf ausgeruht habe er sich nie. „Ich habe mein ganzes Leben lang gearbeitet“, sagt er.

Und aktiv ist er immer noch, mittlerweile allerdings häufiger in den eigenen vier Wänden, zum Beispiel für sein Hobby: Das Malen. Der Brillenträger zeigt ein paar akkurat kolorierte Mandalas. Sein Trick: Er nutzt eine Leselupe mit starker Vergrößerung und Licht. Auf das individuell passende Hilfsmittel kommt es an, beim Hobby wie auch beim Bestreiten des Alltags. Denn passen muss auch das Wohnumfeld. Es muss barrierefrei oder barrierearm sein, damit sich beim täglichen Waschen, der Hausarbeit oder dem Bewegen in der Mietwohnung keine unpraktischen oder gefährlichen Stolperfallen ergeben. Das wird für die Hobjes immer wichtiger. Beide kommen mittlerweile nicht mehr so leicht über jede Schwelle.

Joachim Hobje erkrankte mehrfach schwer. Aber das Ehepaar, als Mieter schon seit 56 Jahren Kunden bei der Gewoba, wusste sich zu helfen. Ins Heim wollte es nicht, sondern lieber so lange selbstständig zu Hause leben, wie es geht. Sie haben in Eigenregie hüfthohe Handläufe an den Wänden im Schlaf- und Wohnzimmer und im Flur angebracht. An der Haustür hängt ein digitaler Türspion, der aussieht wie ein Smartphone und auf Knopfdruck ein Livevideo aus dem Flur liefert. Vor dem Vordereingang steht auch ein geräumiger Schuppen aus Metall und Holz für ihre Rollstühle. Die größte Veränderung hat sich allerdings im Badezimmer getan.

Unterstützung durch die Gewoba

Mit der alten Dusche waren die Hobjes nicht mehr glücklich. Er ist schon länger auf seinen Rollstuhl angewiesen, sobald er länger als ein paar Minuten gehen will. Seine Frau muss sich seit einem Oberschenkelhalsbruch immer mehr mühen, um mobil zu bleiben. Zuletzt kamen beide nicht mehr gut zurecht im Bad. „Natürlich meint man immer, es muss schon irgendwie gehen“, sagt er. „Aber es war schon sehr beengt. Man stößt sich den Kopf oder den Ellenbogen an der Kabine.“ Mittlerweile ist das Duschen eine etwas bequemere Angelegenheit. Hobjes haben ihr Bad sanieren lassen, um besser klarzukommen.

Der Weg zum neuen, altersgerechten Bad war für die Rentner nicht ganz leicht. Aber sie hatten Unterstützung von Frank Turostowski, einem Servicemitarbeiter der Gewoba, der Mieter berät, beim Beantragen von Leistungen unterstützt. Er soll helfen, technische Hilfen und Umbauten zu organisieren, um festzustellen, ob es Bedarf für hauswirtschaftliche, soziale und pflegerische Dienstleistungen, Hausnotruf und Fahrdienste gibt. Diese Stellen hat das Wohnungsbauunternehmen 2008 geschaffen. So hat Turostowski auch mit den Hobjes gesprochen und Planung und Ausführung für die Sanierung des neuen Bades in die Wege geleitet. Der 57-Jährige, der sich im Wohnzimmer auf einen Stuhl gesetzt hat, ist jedenfalls nicht zum ersten Mal in der 61,5 Quadratmeter großen Wohnung zu Gast und beschreibt das Ziel des Umbaus, für Hobjes so barrierearm wie möglich zu bauen.

Kaum noch Barrieren innerhalb der Wohnung

„Wir haben hier das Bad reduziert“, beschreibt Turostowski die Neugestaltung des Bades. „Dann konnte die neue Mitteldusche mit Durchgangsfläche entstehen.“ Eine Abstellnische wurde rausgenommen, die Duschtasse und die Duschkabine wurden entfernt. Ein neuer rutschfester Bodenbelag wurde verlegt, natürlich mit Neigung, damit das Wasser durch den Abfluss zur Wand hin ablaufen kann. Jetzt steht in der Dusche die gesamte Breite des Raumes zur Verfügung, begrenzt nur von zwei Duschvorhängen gegen das Spritzwasser. Es gibt einen Klappsitz an der Wand und neben der Toilette einen Klingelknopf für Notfälle, wie man ihn aus Krankenhäusern kennt. „Vorher konnten wir nur mit einem halb zusammengeklappten Rollator an der Duschtasse vorbei“, sagt Joachim Hobjes.

„Jetzt kommt man auch mit dem Rollstuhl rein und raus.“ Das WC wurde um fünf Zentimeter erhöht, mit Griffen links und rechts ausgestattet. 90 Zentimeter breite Türen hat die Wohnung nun und einen ebenerdigen Zugang zur Dusche. Innerhalb der Wohnung gibt es kaum noch Barrieren. Den Hobjes jedenfalls ist noch nichts Gegenteiliges aufgefallen. Gut, die Schwelle zum Balkon ist noch da. Die könnten sie mit ein bisschen Geduld aber auch noch erklimmen, sind sich beide einig. Bleiben noch die fünf Treppenstufen vom Haupteingang bis zur Wohnung. Immerhin gibt es an beiden Seiten Handläufe. „So kommen wir noch rein und raus“, sagt er. Und seine Frau ergänzt: „Und man muss ja auch im Tritt bleiben. Meine Kinder animieren mich ja auch immer dazu."

Barrierefreiheit bei Neubauten

Aber nicht alles ist machbar, wenn die eigene Wohnung oder das Eigenheim an die eigenen Erfordernisse angepasst werden sollen. Bei Neubauten ist gesetzlich geregelt, dass auf Barrierefreiheit geachtet werden muss, sagt eine Gewoba-Sprecherin. Bei Bestandswohnungen allerdings sei das so eine Sache, denn die Grundflächen der Gebäude und die entsprechende Raumaufteilung, die Eingangsbereiche und Verteilung der Bäder wurden in den 50ern und 60ern kaum barrierefrei angelegt. Die Türen waren oft nur 50 oder 60 Zentimeter schmal und damit nicht mit Rollator oder Rollstuhl zu passieren. Freie Flächen zum Wenden sind demnach oft Mangelware. Ähnlich sind die Verhältnisse nach Angaben der Beratungsstelle „kom.fort e.V.“ bei vielen Bestandswohnungen in Bremen.

„Da muss man zuerst schauen, was möglich ist“, sagt Turostowski. Da gibt es bestimmte Vorgaben, was Größen und Abstände angeht“, sagt er. „Wir versuchen, die Barrieren so zu reduzieren, wie es die Leute brauchen. Hier auf etwa 60 Quadratmeter müsste man da die Küche und noch was anderes ausbauen, um allein ein komplett barrierefreies Bad zu gestalten.“ Für die Planung habe man sich an den entsprechenden Normen orientiert.

„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in der Wohnung schon mit Hilfsmitteln viel zu erreichen ist. Meistens sind aber die Bäder zu machen“, sagt Turostowski. Rund 15 bis 30 Badsanierungen begleite er im Jahr, sagt er. Nach Angaben von Gewoba sind es in deren Bestand von rund 42 000 Wohnungen insgesamt 1100 Bäder pro Jahr, die renoviert werden, inklusive Barrierereduzierung.

Hartnäckigkeit machte sich bezahlt

Das neue Bad der Hobjes habe mit 14 000 Euro ein wenig mehr gekostet als das Durchschnittsbad, sei aber noch im Rahmen, sagt Turostowski. Hätten die Hobjes selbst diese Summe zahlen müssen, wären sie vermutlich noch in der alten Duschkabine zugange oder hätten sich für eine Pflegeeinrichtung entschieden. „Das ist natürlich auch ein Gedanke gewesen, als es mit uns beiden nicht so gut stand. Aber wir haben gesagt, wir stellen hier nochmal schöne helle Möbel auf und machen uns das schön gemütlich.“ Geklappt habe das mit der Finanzierung auch, da sie hartnäckig geblieben sind. Beiden steht eine Finanzierung nach der Pflegekasse zu, denn beide haben Pflegestufen, er Stufe Zwei und sie Stufe Eins.

Vorteil für die Hobjes: Eine Zustimmung des Vermieters hatten sie. Allerdings mussten sie trotz Joachim Hobjes Krankengeschichte mit etwa zehn Operationen im Bauchbereich in Folge einer Krebserkrankung auch den Antrag ein zweites Mal stellen, hatte die Pflegekasse doch zunächst abgelehnt. Dann, als die Pflegekasse zustimmte, sagte auch die Gewoba zu, die restlichen 7000 Euro zu übernehmen.

Letztlich waren es dann nach drei Wochen Planungen 14 Tage, bis die Umbauten abgeschlossen waren und die Hobjes das erste Mal ihr neues Bad betreten konnten. Heute sind sie froh darüber, unbeschwert duschen zu können. „Die Schwiegertochter kommt jeden Tag vorbei“, sagt Joachim und lächelt. Die Hobjes sind sich einig: So kann es weitergehen.

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