Die Situation rund um den Bahnhof Vegesack macht Geschäftsleuten und Anwohnern schon länger zu schaffen. Derzeit beschäftigt sie der Plan eines Spielhallenbetreibers. Er möchte im ehemaligen griechischen Restaurant am Bahnhofsplatz ein Spielcasino eröffnen. Mehrere Anlieger befürchten nun, dass sich die Situation verschärfen könnte. Das Sicherheitsbedürfnis der Anlieger ist groß; ein ansässiger Friseur sammelt Unterschriften für eine Videoüberwachung des Platzes.
Vegesack. Der Plan eines Spielhallenbetreibers, ein Casino am Vegesacker Bahnhofsvorplatz zu eröffnen, beschäftigt ansässige Geschäftsleute, Bewohner und Vertreter der Sportgemeinschaft Aumund-Vegesack (SAV). Während Volker Beringer, Vorsitzender der SAV eine Spielhalle in unmittelbarer Nähe des Vereinsgeländes ablehnt, sieht Yüksel Aydin, Besitzer eines Imbiss-Betriebes, den Plan positiv. Ihm ist eine Spielhalle lieber, als direkte Konkurrenz durch eine weitere Gastronomie. Den Bewohnern und Mietern des Hochhauses am Bahnhofsplatz ist laut Zahnarzt Dietmar Schulte am Hülse, Sprecher des Hausbeirats, vor allem die Sicherheit wichtig.
Seit Sommer 2011 steht das ehemalige griechische Restaurant am Vegesacker Bahnhofsplatz leer. Der neue Besitzer Eve-Firat Aktas möchte dort eine Spielhalle eröffnen. "Ich habe einen entsprechenden Nutzungsänderungsantrag gestellt", bestätigt er. Der Beirat Vegesack lehnte das ab, das Bauamt stellte die Anfrage zunächst zurück (wir berichteten). Laut dem Spielhallenkonzept, das das Bauamt Bremen-Nord im März der Baudeputation vorlegte, sollen neue Spielstätten unter anderem am Bahnhofsplatz nicht mehr zugelassen werden.
Die Begründung des Bauamtes für das geplante Verbot an dieser Stelle: Es handele sich um eine besondere öffentliche Aufenthalts- und Erschließungszone und einen bedeutsamen "Trittstein" für die Verbindung der Vegesacker Altstadt mit dem Einkaufszentrum Haven Höövt. Durch die Neuansiedlung von Spielhallen drohe ein "Trading-Down-Effekt". Dieser Begriff beschreibt den schleichenden Niedergang einzelner Straßen oder ganzer Quartiere, hervorgerufen durch die Konzentration von Billiganbietern, Sexshops und Vergnügungsstätten.
Dass ein solcher Effekt nicht erst durch eine größere Ansammlung von Spielhallen entsteht, stellte im Jahr 2008 das Bundesverwaltungsgericht fest. Die Richter urteilten damals, es entspreche einem "städtebaulichen Erfahrungsschatz, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf ihre Umgebung auswirken können". Genau das befürchtet beispielsweise Esa Cilbo, Geschäftsführerin der Musikkneipe "Muddy" am Bahnhof. Sie sagt: "Wir sind von dem Plan überhaupt nicht begeistert. In Spielhallen verkehrt häufig ein ganz spezielles, nicht eben positives Klientel. Das ist weder für das Publikum in unserer Kneipe noch für die Jugendlichen in Vegesack gut."
Negative Auswirkungen befürchtet
Ähnlich äußert sich Volker Beringer, Vorsitzender der SAV. "Grundsätzlich möchten wir als Sportverein keine Spielhalle in der Nähe haben - das ist nicht gut für unseren Nachwuchs", sagt er. In einem anderen Zusammenhang sieht Yüksel Aydin die Situation. Er betreibt im Erdgeschoss des Hochhauses einen Döner-Imbiss. Im Februar dieses Jahres hat er zusätzlich das Areal zwischen Hochhaus und dem SAV-Vereinsgelände von Immobilien Bremen gekauft. Darauf befindet sich das frühere SAV-Vereinsheim. Aydin will es abreißen und durch einen zweigeschossigen Neubau samt Terrasse ersetzen lassen. Im Erdgeschoss plant er, für den SAV eine Vereinsgaststätte zu betreiben, im Obergeschoss möchte er ein Restaurant eröffnen.
Ihm sei es recht, wenn im ehemaligen griechischen Restaurant eine Spielhalle eröffne, sagt Aydin. "Das ist mir viel lieber, als ein Restaurant. Die Leute gehen in die Spielhalle rein und wieder raus. Das stört doch niemanden. Wer weiß, was dort sonst entsteht?"
Weil er Konkurrenz befürchtet, will er mit den Bauarbeiten nun so lange warten, bis eine Entscheidung bezüglich der Spielhalle gefallen ist. Ob er alternative Pläne für den Fall einer Absage an die Spielhalle hat, will Eve-Firat Aktas auf Nachfrage nicht verraten. "Derzeit ist das Objekt als Restaurantbetrieb freigegeben. Wenn rechtlich nichts dagegen spricht, möchte ich eine Spielhalle eröffnen. Wenn das nicht genehmigt wird, sehen wir weiter. Darüber zu reden, ist noch zu früh."
Hausbeiratssprecher Dietmar Schulte am Hülse und Torsten Dembny, der im Erdgeschoss einen Friseursalon betreibt, sind sich einig: "Wir möchten vor allem ein sicheres Umfeld ohne Kriminalität." Schulte am Hülse: "Die Geschäftsleute und Bewohner im Haus leben gut zusammen. Das soll so bleiben, die Leute sollen sich weiterhin sicher fühlen."
Dembny, der mit seinem Geschäft schon lange vor Ort ist, erinnert sich mit Grausen an die Zustände, die noch vor etwa zehn Jahren am Bahnhofsplatz herrschten: "Damals wurde hier mit Drogen gehandelt und kriminelle Machenschaften waren an der Tagesordnung." Die Situation habe sich zwar verbessert, "der Platz ist aber immer noch ein Brennpunkt".
Der Friseur setzt sich deshalb für eine Videoüberwachung des Bahnhofsplatzes ein. In den vergangenen 14 Tagen habe er bereits etwa 250 Unterschriften in seinem Geschäft gesammelt. Dembny: "Es geht nicht nur um das Haus und uns als Geschäftsleute, es geht auch um den Stadtteil. Der Bahnhofsplatz ist die Eintrittspforte von Vegesack."