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Blick in den Stadtteil Müll und Ratten: Anwohnerin beklagt Entwicklung in Bremen-Huckelriede

In Bremen-Huckelriede kämpfen Anwohner mit Müll und Ratten. Eine Bewohnerin spricht offen über die Probleme und Veränderungen im Stadtteil.
06.09.2025, 05:00 Uhr
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Von Steffen Peschges

"Ich suche immer nach dem Schönen", sagt Andrea Frühof. Doch das fällt der 62-Jährigen, die als Eigentümerin in einem Reihenendhaus im südlichen Teil der Kornstraße in Huckelriede wohnt, zunehmend schwer. Vor zwölf Jahren ist sie in den Ortsteil gezogen, hat zuvor unter anderem im Viertel und in Lilienthal gewohnt. "Das Steintorviertel ist bunt. Dort gibt es eine Vielfalt und nette Cafés." Bei ihrem Einzug habe in Huckelriede ein ähnliches Flair geherrscht. "Ich schätze kulturelle Unterschiede. Aber hier wohnt inzwischen eine spezielle Klientel."

Vieles habe sich verändert, erzählt sie beim Spaziergang durch die Straße. "Das griechische Restaurant ist seit ein paar Jahren geschlossen." Vor dem Gebäude der ehemaligen Sparkasse schräg gegenüber, in das später ein Corona-Testzentrum einzog, stehen heute Bauzäune. Wo früher die Drogerie war, folgte eine Spielhalle, die wegen der Nähe zur örtlichen Schule aus gesetzlichen Gründen schließen musste. Nun steht der Laden leer, das Fenster in der Glaseingangstür ist durch eine Spanplatte ersetzt.

Unklare Zuständigkeiten

Doch das größte Problem sei der Müll, sagt Frühof. Tatsächlich fällt einiges ins Auge: Auf der Grünfläche an der Ecke zum Niedersachsendamm lehnt ein entsorgter Fernseher an einem Telekom-Verteilerkasten. Daneben: eine Matratze, eine alte Bratpfanne und Brotreste. "Hier waren heute Morgen noch Ratten", sagt Frühof. Zwar nutze sie regelmäßig die Mängelmelder-App, und die Stadtreinigung entferne daraufhin den wilden Abfall. "Doch einen Tag später ist wieder neuer da." Das Prinzip haben anscheinend auch die Ratten verstanden. Im vergangenen Jahr habe sie wegen der Nager dreimal das Gesundheitsamt angerufen. "Doch die haben mir gesagt, dass sie nicht zuständig sind." Stattdessen solle Frühof die Infektionsschutzbehörde anrufen. Doch deren Mitarbeiterin habe ihr mitgeteilt, dass man zunächst herausfinden müsse, wo die Ratten herkommen, um die Zuständigkeit zu klären.

Frühof setzt daher große Hoffnung auf die anstehende Verordnung zur Bekämpfung der Ratten. Die Tiere seien hauptsächlich im Bereich der Straße anzutreffen, doch auch hinter ihrem Haus habe sie schon mal schädliche Nager entdeckt, die von vorn gekommen seien. "Ich habe eine Zimmervermietung mit Gästen aus der ganzen Welt", berichtet Frühof. Denen sage sie inzwischen, sie sollten für die Anreise an der Haltestelle "Sielhof" aussteigen und nicht "Huckelriede".

Mit ihren Beobachtungen ist Frühof nicht allein. Katrin Böttcher, Inhaberin des Friseursalons "Form & Farbe", den sie seit Jahrzehnten in zweiter Generation in der Kornstraße betreibt, kann den Wandel und die zunehmende Vermüllung sowie die Rattenprobleme bestätigen. Sie selbst habe erst kürzlich 900 Euro für den Einsatz einer Schädlingsbekämpfungsfirma ausgegeben. Schon auf den Bürgersteigen finden sich allerlei Papier und andere Hinterlassenschaften. "Man kann nicht in die Hinterhöfe reingucken, was da noch rumliegt", sagt sie. "Die Tiere suchen sich ihre Plätze."

Fördergelder brachten keinen Erfolg

In den vergangenen 15 Jahren sind mehrere Millionen Euro als Fördergelder –unter anderem aus dem Ende des Jahres auslaufenden Programm "Wohnen in Nachbarschaften" (WiN) – nach Huckelriede geflossen. Doch nicht überall hat sich dadurch eine Aufwertung ergeben. "Im Bereich des Niedersachsendamms hat es eine große Entwicklung gegeben", sagt Quartiersmanager Marc Vobker. "In der Kornstraße wäre mehr möglich gewesen, aber das ist gescheitert."

Das Warum erklärt Claus Gieseler, beschäftigt im Referat Stadtumbau der Bausenatorin: Vor Jahren sei ein Konzept entwickelt worden, dort ein kleines Nahversorgungszentrum mit Bäckerei und Dienstleistungseinrichtung zu realisieren. Doch das sei an der kleinteiligen Bebauung und deren Eigentumsstruktur gescheitert. "Um dort etwas bauen zu können, müsste man von rund einem Dutzend Eigentümern Haus und Grundstück erwerben." Das sei nicht gelungen.

Uwe Martin, Ortsamtsleiter für die Neustadt, sagt auf Nachfrage zur aktuellen Lage: "Die Situation ist eine schwierige." Die Bevölkerungsstrukturen hätten sich weiterentwickelt. "Die kulturellen, sozialen und die Einkommensstrukturen sind andere als etwa im Flüsseviertel." Das Thema Müll sieht Martin weitläufiger, es tauche immer wieder auch in anderen Stadtteilen auf. Der Lokalpolitik seien allerdings die Hände gebunden. Wenn es Müllablagerungen auf privaten Grundstücken gebe, werde es schwierig, auch für die zuständigen Behörden: "Die Stadtreinigung kann auf einem Privatgrundstück nicht agieren."

In Kürze könnte eine weitere Verschlechterung der Situation eintreten: Mit der Baustelle für den anstehenden Ringschluss der A 281 im kommenden Jahr rechnet Gieseler mit erheblichem Mehrverkehr für die Kornstraße. "Vielleicht muss man die Bauphase abwarten und dann die Sache noch mal angehen."

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