Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Hundefrisbee Europameisterschaft in Bremen Auf dem Sprung

Die Jagd nach der Scheibe: 34 Hunde und ihre Menschen sind für dieses Wochenende aus ganz Europa angereist. Der Grund: Die Hundefrisbee-Europameisterschaft fand in diesem Jahr in Oberneuland statt.
11.09.2021, 19:07 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Auf dem Sprung
Von Sara Sundermann

Kurz vor dem Start duckt sich Protein tief ins Gras und lässt sein Herrchen keinen Wimpernschlag lang aus den Augen. Dann heißt es "Go", und Seiya Nakano lässt das Frisbee flach über die Wiese rotieren. Protein schnellt los wie eine Sprungfeder und rast hinterher. Man sieht den Windhund, der ihm in den Genen steckt: Protein ist eine Kreuzung aus Whippet und Border Collie. Er fängt die Scheibe im Flug, mehr als 40 Meter entfernt, in der Bonus-Zone, die viele Punkte bringt. Applaus kommt von einer Handvoll Zuschauer in Camping-Stühlen. Ansonsten sehen vor allem die Linienrichter gut hin.

Oberneuland ist an diesem Wochenende Schauplatz eines speziellen Wettkampfes: 34 Hunde und ihre Menschen sind angereist, um an der Europameisterschaft im Hundefrisbee teilzunehmen. Teams aus Italien, Schweiz, Frankreich, Österreich und Deutschland messen sich in der Jagd nach der Scheibe. Ausrichter ist das Bremer Ehepaar Lina und Patrick Engelken, die beim TV Oberneuland eine eigene Hundesparte aufgebaut haben.

Hundefrisbee entstand in den USA, dort fand 1975 die erste Weltmeisterschaft statt. Die Mensch-Hund-Teams messen sich an diesem Sonnabend in Oberneuland in zwei Disziplinen: erst im Weitwurf mit Fangen (Toss and Catch), danach Freestyle zwei Minuten lang mit neun Scheiben zu Musik. Der Freestyle-Wettkampf erinnert an Zirkusakrobatik. Die Halter erarbeiten eine Choreografie zu einem Song ihrer Wahl. Sie lassen den Hund im Slalom durch ihre Beine laufen und ihn von ihrem Arm, ihrem Bein oder ihrem Rücken abspringen. Manches erinnert auch an Jonglage, zum Beispiel wenn Halter die Frisbees scheibchenweise in ganz kurzer Distanz zu ihrem Hund hinüber hüpfen lassen. Und in den Pausen passen sich ein paar Wettkämpfer lässig untereinander die Scheiben zu.

Seiya Nakano ist mit seiner Frau und ihren drei Kindern aus Frankreich angereist. Wie fast alle auswärtigen Teilnehmer übernachtet die Familie direkt auf der Wiese neben dem Turnier im Camper. Zur Europameisterschaft gibt es frisch gegrillte Bratwürste und Brötchenservice für die Campierenden. Im normalen Leben ist Seiya Nakano Chefkoch in Sterne-Restaurants, "aber momentan bin ich Hausmann, wegen der Kinder", erzählt der 41-Jährige und lacht. Für sein Hobby reist er um die Welt. Im vergangenen Jahr war er in Atlanta in den USA bei der Weltmeisterschaft im "Disc Dogging", wie es dort heißt. Sein Maximum waren 13 Hundefrisbee-Turniere in einem Jahr. "Ich mag Frisbees, und ich mag Hunde, hier kommt beides zusammen", sagt er. Entdeckt habe er den Sport übers Internet.

Inzwischen ist Nakano hochgradig spezialisiert: Protein hat er eigens fürs Hundefrisbee von Züchtern in Japan gekauft und trainiert täglich mit ihm. Viele kurze Einheiten, maximal fünf Minuten am Stück. "Ich möchte den Hund nicht ermüden, es soll ein Spiel bleiben, da gehört viel Psychologie dazu." Dabei nutzt Nakano eine bestimmte Technik, die Yachi Methode. Diese setzt auf sehr kurze Kommandos für den Hund, die oft Wörter durch Gesten ersetzt: "Ich mache eine bestimmte Geste, und Protein legt die Scheibe ab, das spart Zeit – es ist später wichtig, wo der Hund die Scheibe ablegt, sonst muss ich weit laufen und sie wieder einsammeln."

Lesen Sie auch

Beim Frisbee-Wettkampf können alle Hundearten mitmachen, vom Terrier bis zum holländischen Schäferhund. Voraussetzung ist nur, dass die Tiere gesundheitlich fit sind. "Der Ur-Hund beim Disc Dogging war ein Whippet", erzählt Veranstalterin Lina Engelken. Besonders oft werde Hundefrisbee aber mit Border Collies gespielt. "Sie wollen Bewegung, sie sind intelligent, und sie sind schnell." Hier in Oberneuland tritt sie selbst mit einem ganz kleinen Hund an, der Müsli heißt und zur Hunderasse Papillon gehört. "Mit den Kleinen kann man gut Tricks machen, sie können sich gut vom Körper abstoßen", sagt Engelken.

Mit Spannung erwarten einige auf dem Platz die Auftritte des Italieners Adrian Stoica. Dreimal hat er die Weltmeisterschaft gewonnen, er hat auch als Stuntman gearbeitet und besitzt neun Hunde. "Ich trainiere viel allein, um den Hunden dann bei einem kurzen gemeinsamen Training das Beste zu bieten", erzählt der 43-Jährige. Für ihn sei es Arbeit, den Hunden solle es vor allem Spaß machen. Stoica ist Hundetrainer, er unterrichtet Techniken des Dog Frisbee und tritt damit auch immer wieder in Fernsehshows auf. Warum, das kann man sehen: Zum Teil macht sein Hund Icaro bei der Freestyle-Session im Sekundentakt Absprünge vom Körper seines Besitzers. Und während Adrian Stoica ein Frisbee wirft, wirbelt er mal eben selbst in einer Art Salto über das Gras.

Stoica ist einer der wenigen, der den Sport professionell betreibt. Für die meisten ist es einfach ein Hobby. Beim Hundefrisbee gibt es nichts zu gewinnen außer einem Titel: "Man kann damit kein Geld machen", sagt Lina Engelke. "Es geht nur um den Spaß." Die Teilnehmer, die für die Turniere durch die Welt reisen, kennen sich untereinander und treffen sich an verschiedenen Orten der Wettkämpfe immer wieder. "Wir sagen auch: die Frisbee-Familie", sagt Engelke und lacht.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)