Gut 150 Paletten hat der Bremer Rapper Immo Wischhusen am Ende des Arberger Hafendammes gestapelt. Er baut eine offene Bühne für Musik und Theater, die schon am 7. Mai öffnen soll.
Es ist ein großer Spielplatz für Handwerker. Bretter, Balken, gebrauchte Europaletten, Fensterrahmen, Scheiben und Schilder liegen auf der Wiese am Ende des Arberger Hafendammes. Am Werrahafen wird im Rahmen des „Bay-Watch“-Projekts mit Kunst und Architektur experimentiert. Aus jeder Menge Holz entsteht auf dem halbkreisförmigen Gelände ein offener Schutzraum für kulturelle Aktivitäten aller Art. Das neuste Vorhaben hat der Bremer Rapper Immo Wischhusen angestoßen. Unter dem Titel „Die komplette Palette“ wird eine Bühne gebaut.
Das Ziel: ein temporärer, offener Raum aus Europaletten. Vier Meter hoch, sechs Meter breit und vier Meter tief. Direkt an der Weser. Dafür liegen in der Sackgasse im Gewerbegebiet Hemelinger Hafen mittlerweile gut 150 Paletten. Sie sind aber nur ein Teil von etwa sieben Tonnen Material, das am Ufer zusammengetragen wurde.
"Ich muss jetzt einen Raum schaffen"
Zwischendrin steht Projektleiter Wischhusen, der die vergangenen 14 Jahre in Berlin lebte. Nun ist er wieder in der Hansestadt. „Ich ging als Rapper und komme als Kulturschaffender zurück“, sagt der Butenbremer. Der Grund für seine Rückkehr: Bei einem Auftritt zur Eröffnung der Plantage 9 – eine Mietergemeinschaft von Kreativen und Jungunternehmern in Findorff – hätten ihm viele Menschen die Augen geöffnet, dass „in Bremen etwas los sein kann“.
Seine Idee entstand im Sommer 2015: Der als Flowin Immo auftretende Musiker baute während der Breminale die Dreimeterbretter-Bühne mit auf und ab. Zu seinem 40. Geburtstag im September verfestigte sich der Gedanke, selbst etwas zu errichten. „Ich habe Musik und Alben produziert, Touren organisiert und bin viel rumgereist – jetzt muss ich einen Raum schaffen“, erklärt Wischhusen.
In Basel hatte der Hip-Hopper einen Kubus aus Europaletten gesehen und war begeistert. Bis dahin war ein loser Einfall zu einer Konstruktion mit Schiffcontainern in seinem Kopf herumgeschwirrt. Doch das Holzbauwerk war besser. „Als Musiker dachte ich natürlich nicht an ein Haus, sondern an einen Spielraum, einen Platz zum Spielen und Interagieren“, sagt der Musiker, der 2009 das Bundesland Bremen beim Bundesvision Song Contest vertrat.
Immo Wischhusen verändert sein Schaffen
Als Künstler hat er in letzter Zeit sein Schaffen verändert: Er spielt nicht mehr seine geschriebenen Stücke, sondern improvisiert und lässt auf der Bühne spontan Songs und Texte entstehen. „Ich suche bei Auftritten die Energie, die aus dem Raum, die aus dem Publikum kommt“, erklärt der 40-Jährige.
Bei seinem Bauprojekt vertraut er ebenfalls auf die Energie und Mithilfe aus der interessierten Masse. Im Internet machte er sich über das Arbeiten mit den hölzernen Transportmitteln schlau, kaufte sich Fachbücher und stieß auf zwei Wiener Architekten, die ein Haus aus Paletten gebaut hatten. Mit einem Plan im Kopf sammelte er mit einem befreundeten Tischler die Gedanken und fertigte eine Zeichnung an. Der Bausatz für eine temporäre Bühne stand. „Das Ziel ist es, diese Bühne auch an anderen Orten wieder aufbauen zu können“, sagt Wischhusen.
"Miteinander statt Gegeneinander"

Timo Dibke packt mit an: Er kontrolliert und bearbeitet die gut 150 Europaletten am Arberger Hafendamm, damit sie verarbeitet werden können.
Einen Platz zum Umsetzen seines Plans fand er in dem von André Sassenroth betreuten alternativen Wohnprojekt „Bay-Watch“, bei dem es um das Wohnen und Nutzen auf Flächen ohne Profitorientierung geht. Die Bauten dort sind allerdings mehr als Kunstwerke denn als Behausungen zu verstehen. Seit dem 1. März kann der 40-jährige Musiker nun bis Ende Juni an der Weser seine Ideen umsetzen.
Das Vorhaben „Die komplette Palette“ besteht aus drei Phasen: Zuerst wird das experimentelle Gebäude gebaut. Es folgt der Produktionsabschnitt, in dem künstlerische Workshop-Module für Schulklassen und Schutzsuchende angeboten werden sollen. „An einem besonderen Ort gehen die Köpfe auf“, sagt Wischhusen, der sich für diesen Platz ein Miteinander statt ein Gegeneinander wünscht.
Als dritter Teil steht die Präsentation mit einer Aufführung der Ergebnisse an. Die zweiwöchigen Module sollen voraussichtlich dienstags und donnerstags ab Mittag erfolgen, in der zweiten Woche soll es am Samstag dann die Präsentation geben. Schwerpunkte sind Musik, Theater und Lesungen – das könne Graffiti, Street Art, Poetry Slam, Improtheater, Tanz oder Modenschau sein. Mitglieder der Theatergruppe des Schlachthofes, der „Theater Punk Produktion“ und des „Alsomirschmeckts“-Theaters (AMS) hätten bereits zugesagt.
Bühne soll am 7. Mai eingeweiht werden
Bei der Finanzierung hofft Wischhusen auf Spenden. Bisher trägt er die Baukosten selbst, wer sich an dem Projekt aber beteiligen möchte, kann über die Internetseite dkp.online/ seinen Beitrag mit dem Internet-Bezahlsystem Pay-Pal leisten. Eine extra Crowdfunding-Kampagne hat der Künstler nicht ins Leben gerufen.
Dem Rapper geht es aber nicht nur um Spenden: „Alle Mitwirkenden tragen ihren Teil zum Ganzen bei, die Nutznießer sind dann ebenfalls alle“, sagt Wischhusen. Unterstützung kann er auch durch Mitarbeit am Projekt oder durch Material für Bau und Ausstattung gebrauchen.
Am 7. Mai soll die Bühne mit verschiedenen Programmpunkten eingeweiht werden. Unter anderem die Band „Relaén“ hat ihr Kommen zugesagt, und auch Flowin Immo selbst will als Wortakrobat auftreten.