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Studie des Bremer Bundes für Umwelt- und Naturschutz Bäume leiden auf Baustellen

Bremen. Aus Unwissenheit und Bequemlichkeit werden wertvolle Bäume auf Baustellen so stark beschädigt, dass sie oft eingehen. Das ist das Ergebnis einer Studie des BUND. Lösungen für den Schutz der wichtigen Pflanzen werden gleich mitgeliefert.
16.10.2010, 05:00 Uhr
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Von Elke Hoesmann

Bremen. Die große Buche auf der engen Baustelle trägt eine Schutzmanschette am Stamm, unter ihrer Krone lagern Geräte und Baumaterial, in der Nähe stehen schwere Fahrzeuge. Weil sich so die Bodenstruktur ändert, leidet die Buche, Pilze dringen in ihr Holz. Nach vier Jahren muss sie gefällt werden. 'Unwissenheit und Bequemlichkeit sind oft Gründe für das Eingehen wertvoller Bäume auf Baustellen', sagt Georg Wietschorke vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) in Bremen. Über effektiven Baumschutz beim Bauen informiert jetzt eine neue Studie des Bund.

'Alte Bäume sind total sensibel', weiß Wietschorke. Ein Absenken des Grundwasserspiegels von wenigen Zentimetern reiche, um sie irreparabel zu schädigen. Eine große Buche verdunste 400 Liter Wasser pro Tag; wird die Wasserzufuhr gekappt - etwa durch Wurzelbeschädigung beim Leitungsbau - vertrockne der Baum. 'Die Buche hat einst eine Tonne Staub pro Jahr gefiltert', so Wietschorke. Diese Leistung für das Stadtklima erreichten Ersatzpflanzungen erst nach vielen Jahren.

Mit mehr Sorgfalt auf den Baustellen ließe sich wertvoller Baumbestand retten, findet der Bund. Nicht nur das Ablagern von Material und Baugerät unter der Baumkrone müsse unterbleiben. Auch Abgrabungen im Wurzelbereich oder das Durchtrennen von Wurzeln mit mindestens zwei Zentimeter Durchmesser sollten tabu sein. Doch Bauträgern und Architekten fehle oft das nötige Know-how für ein qualifiziertes Baustellenmanagement. In der Bund-Studie wird deshalb detailliert aufgelistet, welcher Schutz bei welchen Baumaßnahmen nötig ist. Da geht es um feste Zäune in reichlich Abstand zur Kronentraufe, um Rammschutz oder um Baumbewässerung, wenn der Grundwasserspiegel sinkt.

Baumschutz bleibt oft nicht nur beim Bauen auf der Strecke, auch beim Planen geht häufig schon einiges schief. Das zeigt die Studie beispielhaft an der Bebauung des Holdheimparks in Oberneuland. Von 154 geschützten Bäumen im ehemaligen Landschaftspark stehen laut Bund heute nur noch 20. Und auch sie müssten vermutlich demnächst aus Sicherheitsgründen fallen. 'In der Planungsphase des Projekts wurde Baumschutz als nachrangig eingestuft', heißt es in der Studie. Es habe kein vollständiges Baumkataster gegeben, Schutzauflagen seien missachtet worden und die Regelungen der damaligen Baumschutzsatzung unzureichend gewesen.

Um solche Pannen künftig zu vermeiden, so Wietschorke, sollten erhaltenswerte Altbaumbestände bereits im Flächennutzungsplan gekennzeichnet werden. So könne man die Bebaubarkeit einschränken. Baumkataster seien wichtig - aber bei mehreren Hunderttausend Bäumen in Bremen wohl nicht realistisch, räumt der Experte ein. Zumindest für parkähnliche, private Anlagen wie es sie etwa in Bremen-Nord gebe, wären sie jedoch angebracht. 'Ein Blick ins Kataster, und die Baumschutzbehörde kann handeln.'

Für das Gelände am Klinikum Mitte, das bebaut werden soll, ist ein Baumkataster in Arbeit. Das Bauressort habe es in Auftrag gegeben, bestätigte eine Sprecherin. In diesem Fall hätten sich die Stadtplaner früh mit der Naturschutzbehörde abgestimmt, lobt Wietschorke. Nach der 'Holdheim-Panne' gingen die Behörden sensibler vor. Ein grundsätzlicher Zielkonflikt aber bleibe: Einerseits setze die Stadt auf Verdichtung und Lückenbebauung, um den Flächenverbrauch zu stoppen. Denn immer noch würden 100 bis 120 Hektar Fläche pro Jahr in Bremen versiegelt. Andererseits soll alter Baumbestand in städtischen Brachen erhalten bleiben. Jeder Einzelfall müsse deshalb genau geprüft werden.

Nicht nur Investoren und Stadtplaner tun sich häufig schwer mit dem Baumschutz, auch viele Bürger bevorzugen sonnige Balkone oder Terrassen ohne Baumschatten und mit weitem Blick. Laubsammeln und Baumpflege sind aufwendig und manchmal teuer. Wenn Bäume dann noch Fundamente anheben, bedeutet das oft ihr Ende. Hinzu kommt die Tendenz zu kleinen Grundstücken, auf die ein großer Baum keinen Platz mehr findet.

Weitere Konflikte zeichnen sich mit dem Bau von Solaranlagen ab. 'Durch Schattenwurf von Bäumen verringert sich die Wirksamkeit der Anlagen', heißt es in der Bund-Studie. Erste Baumfällanträge habe es bereits gegeben, zumal größere Solaranlagen, etwa auf Schuldächern, meist von gewinnorientierten Investoren betrieben würden. In Bremen seien aber noch keine Fälle gerichtlich entschieden worden.

Noch so viel Mühe beim Erhalt alter Bäume helfe nicht, wenn nicht auch die Bremer Baumschutzverordnung geändert werde, sagt Martin Rode vom Bund. Für alle Neubauten sollte deshalb die Abstandsregelung gestrichen werden, wonach Bäume, die dichter als vier Meter zu Gebäuden stehen, keinen Schutz genießen. Sonst könne der Hauskäufer am Ende der alten Buche doch noch den Garaus machen

Der Bund hat die Studie 'Baumschutz in Baugebieten verbessern' von Katja Stolz inzwischen an Politik und Verwaltung übergeben. Ein Leitfaden für Bauwillige und Architekten soll folgen. Das Umweltressort bietet entsprechende Beratungen an.

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