Vegesack. Chinesische Wollhandkrabben und pazifische Austern könnten Besucher der Bremer Bootsbau Vegesack demnächst häufiger zu Gesicht bekommen. Die BBV will unter anderem mit dem Bau einer öffentlich zugänglichen Ballastwasser-Aufbereitungs-Testanlage maritimer Forschungsstandort werden. Eingeschleppte Tiere sollen hier aus Schiffswasser gefiltert werden. Die Chancen dafür stünden nie besser als heute, sagt Max Liess (SPD), wirtschaftspolitischer Sprecher der Bürgerschaftsfraktion.
Wie berichtet, haben Wissenschaftler in einer Studie erst Anfang des Jahres darauf hingewiesen, dass sich die Probleme durch mit Handelsschiffen eingeschleppte Tier- und Pflanzenarten oft erst mit großer zeitlicher Verzögerung bemerkbar machen. Sie können heimische Arten verdrängen und erheblichen wirtschaftliche Schäden anrichten. Die Chinesische Wollhandkrabbe etwa konkurriere mit Fischen um Nahrung, die pazifische Auster stelle eine Gefahr für Miesmuscheln dar "und der Schiffsbohrwurm frisst Holzstege", berichtet Ute Hannemann, Prokuristin der Bremer Gesellschaft für Angewandten Umweltschutz und Sicherheit im Seedienst (GAUSS).
Bereits bis 2012 sollen alle Schiffsneubauten mit Wasser-Behandlungsanlagen ausgerüstet sein, damit künftig keine fremden Organismen mehr beim Löschen des Ballastwassers in die Nordsee gelangen, so die Diplom-Nautikerin. Dabei gäbe es mehrere Möglichkeiten, das Ballastwasser aufzubereiten. Eingeschleppte Organismen können herausgefiltert oder mittels UV-Strahlung abgetötet werden, sagt Hannemann. Hersteller von Aufbereitungsanlagen müssten sich derzeit einer langen Testprozedur unterziehen, um ein Zertifikat zu erhalten. Dabei gebe es weltweit nur wenige Testanlagen. Demnächst könnte eine auf dem Gelände der BBV in Vegesack stehen.
Als Dagmar Oldenburg vor vier Jahren als Geschäftsführerin bei der damals insolventen Werft antrat, hatte sie schon die Idee im Gepäck, mit Umwelttechnologien das BBV-Profil zu schärfen. Gemeinsam mit GAUSS entwickelte sie die Vorstellung, dass Hersteller von Ballastwasser-Aufbereitungsanlagen ihre Systeme am Vegesacker Westpier testen. Die BBV-Chefin glaubt, dass die Testanlage internationale Anlagenbauer an die Weser locken würde. "Die Anlage würde die maritime Wirtschaft anschubsen und qualifizierte Arbeitsplätze schaffen."
Der BBV zufolge wird derzeit die Finanzierung mit den Ressorts der Senatoren für Arbeit und Wirtschaft verhandelt. Einen politischen Fürsprecher hat die Werft bereits in der SPD und dem SPD-Wirtschaftsfachmann Max Liess gefunden: "Wir sehen richtig gutes Entwicklungspotenzial - sowohl wissenschaftlich als auch touristisch. Und das Ganze würde die BBV stabilisieren". Bestimmte Bereiche der Anlage könnten nach den Vorstellungen von BBV und SPD öffentlich zugänglich gemacht werden. "Es sollen beispielsweise gläserne Rohre für die Wassertanks gebaut werden", so Liess.
Was noch fehle, sei der Startschuss. Liess weiß, dass die Testanlage schon seit Jahren im Gespräch ist. "Die Idee wurde beraten, aber lange Zeit nicht verfolgt", sagt Liess. Was den Zeitplan für den neuen Forschungsstandort angeht, drückt der Abgeordnete jetzt auf die Tube: "Je schneller wir das machen, je besser sind unsere Chancen, führender Standort zu werden." Gesucht würden jetzt noch Partner aus der Industrie. Die Chancen, diese zu finden seien gut: "Das Interesse ist hoch."