Wenig gemütlich ging es beim Thema Rettungssicherheit zu, das der Beirat Östliche Vorstadt auf der Agenda hatte. Der Fall von Cai Kaiser, Anwohner der Hamburger Straße, ist ein Präzedenzfall. Er will im Dachgeschoss eigentlich das Kinderzimmer seiner Tochter ausbauen. Während für Altbauten noch Bestandsschutz besteht, muss bei Neu- oder Ausbauten ein zweiter Rettungsweg geschaffen werden, beispielweise ein zweites Treppenhaus. "Unser Bauantrag liegt erst einmal auf Eis, weil das Ganze mit extremen, zusätzlichen Kosten verbunden ist", resümierte Kaiser. Lars Lammers von der Architektenkammer Bremen räumte ein, dass es sehr schwierig sei, ein schlankes Verfahren für einen preiswerten Dachausbau unter diesen Umständen zu realisieren. Auf alle Fälle muss gewährleistet sein, dass die Feuerwehr im Brandfall ein Haus anleitern kann. So sind die Vorschriften. Das gestaltet sich aber in vielen Straßen schwierig, weil den Feuerwehrfahrzeugen die Stromleitungen der Bremer Straßenbahn AG in die Quere kommen.
Der Beirat hatte nun Ralf Gießmann von der BSAG eingeladen, um den Sachverhalt zu klären. Zur Überraschung vieler Sitzungsteilnehmer erklärte Gießmann, dass es kein Problem darstelle, rund um die Uhr kurzfristig den Strom abzustellen. Das funktioniere direkt über den Funkwagen von der Leitstelle aus. Sehr wohl aber sei es ein Problem, wenn die noch unter Strom stehenden Oberleitungen mittels Bolzenschneider gekappt werden müssten. Dieser Sachverhalt sei seit mehr als zwei Jahren bekannt.
Imme Koopmann von der Bauordnung Mitte zeigte sich indes überrascht von dieser Neuigkeit: "Es hieß doch immer, dass das im Notfall nicht schnell genug umgesetzt werden könne". Tim Lee schilderte ähnliche Schwierigkeiten, die er beim geplanten Ausbau seines Dachgeschosses an der Parkallee gehabt habe. Die Pläne seien soweit schon von Architektenseite abgesegnet gewesen, als das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) sein Veto einlegte. Das Argument: Wenn ein 40-Tonnen-Feuerwehrzug auf den Bürgersteig fahre, könne der den Belastungen nicht standhalten. Generell sei das Befahren, auch eines zehn Meter breiten Bürgersteiges auf öffentlichem Grund, eigentlich nicht zulässig. "Da ist doch irgendwo ein Twist im System, wenn die Erhaltung des Bürgersteiges wichtiger ist als die Rettung von Menschen. Darüber haben schon viele Leute in meiner Umgebung den Kopf geschüttelt", monierte Tim Lee.
Andreas Eickmann vom Bauressort betonte, dass Rettungsschäden generell von der Gebäudeversicherung des Hauseigentümers übernommen würden, da es sich um einen Katastrophenfall handele. Er will nun mit dem ASV sprechen, um den Sachverhalt zu klären. Er sagte zu, nach der Sommerpause über die Ergebnisse zu berichten. Leiterfahrzeuge könnten bis zur Hochhausschwelle an Gebäuden anleitern, stellte Eickmann ferner fest. Alle Teilnehmenden der Sitzung waren sich darüber einig, einen runden Tisch zu diesem komplexen Thema einberufen zu wollen. Denn es könne nicht angehen, dass die Anwohner allein auf den Kosten sitzen bleiben, so Beiratssprecher Steffen Eilers (Grüne).
Einen Grund zur Freude gab es auch auf der Beiratssitzung. "Das ist ein schöner Tag", sagte Florian Kommer, Geschäftsführer der Grundstücksentwicklung Klinikum Bremen-Mitte. Vor viereinhalb Jahren sei das Grundstück an der Friedrich-Karl-Straße ausgeschrieben worden. Schließlich habe die Baugemeinschaft "Karl solidarisch bauen und wohnen" den Zuschlag erhalten. "Wir sind in der Vergangenheit immer mal wieder gefragt worden: "Kauft ihr ein Haus? Und darauf haben wir dann geantwortet: Nö, ein Grundstück, gemeinsam mit weiteren 60 Leuten, und zwar ein ganz schön teures. Es kostet 2,66 Millionen Euro", erzählte Wiebke Lessin von der Baugemeinschaft.
Nun ist die Beurkundung des Vertrages auf den Weg gebracht worden. Die Bauarbeiten sollen demnächst beginnen. Wiebke Lessin schilderte allerdings auch Probleme für die frisch gebackene Grundstücksbesitzer-Genossenschaft. Mit Bangen beobachten deren rund 60 Mitglieder die coronabedingte Explosion der Baustoffkosten: "Das ist schon eine harte Nuss." Lessin bestärkte den Beirat darin, weiterhin genossenschaftliches Bauen zu unterstützen. Der Beirat Östliche Vorstadt erteilte dem Baugemeinschaftsprojekt jedenfalls seinen endgültigen Segen. Ende des Sommers will man sich der Nachbarschaft vorstellen.