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Beispiel Nordsee Warum Urlaub in Deutschland so teuer sein kann

Sind 14 Tage Türkei wirklich günstiger als 14 Tage Nordsee? Wir haben mit der Bremer Reisefachfrau Nadine Niron und Hotelbetreiberin Birgit Kolb-Binder aus Langeoog darüber gesprochen.
06.06.2023, 05:00 Uhr
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Warum Urlaub in Deutschland so teuer sein kann
Von Marc Hagedorn

Es ist ein ganz typisches Gespräch, das Nadine Niron an diesem Nachmittag in ihrem Reisebüro führt. Der Kunde, ein Mann, erzählt ihr, dass er seit Jahr und Tag in den Sommerferien mit seiner Familie für 14 Tage Urlaub auf der Nordseeinsel Spiekeroog macht. Jetzt will er von Nadine Niron, die zusammen mit ihrem Mann Engin das Reisebüro Sonnenklar in der Pieperstraße betreibt, wissen, ob ein Sommerurlaub in Südeuropa nicht vielleicht günstiger wäre. „Wenn Sie früh genug buchen, ganz bestimmt“, sagt Niron.

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Der Kunde aus dem Bremer Umland rechnet ihr vor. 2600 Euro zahlt er für die Unterkunft auf Spiekeroog, eine Doppelhaushälfte. Die Überfahrt für fünf Erwachsene kostet ihn 517 Euro inklusive Kurtaxe. Die Strandkorbmiete schlägt für zwölf Tage mit 108 Euro zu Buche, und für das Parken des Autos während der zwei Wochen in den Spiekeroog Garagen in Neuharlingersiel werden 70 Euro fällig. Macht zusammen 3295 Euro; ohne Verpflegung und das ein oder andere Extra, dafür rechnet die Familie erfahrungsgemäß mit 100 Euro am Tag. „Für das Geld“, sagt Niron, „sind 14 Tage türkische Riviera all-inclusive allemal drin.“

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Urlaub in Deutschland wird immer teurer. Erst hat die Corona-Pandemie der Branche das Leben schwer gemacht, jetzt sind es Inflation, Energie- und Personalkosten, die dafür sorgen, dass die Preise steigen. Seit März 2022 gilt der neue Tarifvertrag für Hotellerie und Gastronomie in Niedersachsen, der bis zum 1. Januar 2024 in vier Stufen eine Gehaltserhöhung von 588 Euro vorsieht. „Die Umstände zwingen uns dazu, die Preise anzupassen“, sagt Birgit Kolb-Binder, „von Corona bis heute dürften die Preise zwischen 15 und 20 Prozent gestiegen sein.“

Kolb-Binder ist Vorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga für den Bezirk Ostfriesland und betreibt vier Hotels bezeigungsweise Inselchalets auf Langeoog. Bei den Gästen macht sie seit geraumer Zeit eine Verunsicherung aus. „Man merkt, dass die Menschen gezwungen sind, mehr auf ihr Geld zu schauen“, sagt sie.

Die Gäste bleiben nicht mehr so lange, im Schnitt sind es eineinhalb bis zwei Tage weniger.
Birgit Kolb-Binder betreibt Hotels auf Langeoog

In den Urlaub fahren die Deutschen trotzdem, wie zum Beispiel die Tourismus-Analyse 2023 zeigt. Dafür schränken sie ihre Ausgaben vor Ort ein. Tatsächlich sind die Inseln und die Nordseeküste in den Sommermonaten nach wie vor ausgezeichnet besucht. „Aber die Gäste bleiben nicht mehr so lange“, sagt Kolb-Binder, „im Schnitt sind es eineinhalb bis zwei Tage weniger.“ Auch beim Verzehr in den Restaurants sei eine gewisse Zurückhaltung spürbar. Das gilt auch für Tagesgäste. Eine stichprobenartige Durchsicht der Speisekarten von guten Restaurants in Cuxhaven zum Beispiel zeigt, dass eine Nordseescholle mit Speckstippe und Bratkartoffeln oder ein Fischerfrühstück mit frischen Nordseekrabben, Rührei, Salatbeilage und Bratkartoffeln um die 23 Euro kosten.

Weitere Preise sind gestiegen. Beispiel Überfahrt: Vor zehn Jahren haben Erwachsene für die Fahrt mit der Fähre von Neuharlingersiel nach Spiekeroog 65,20 Euro inklusive Kurtaxe für 14 Tage bezahlt. Heute sind es 108,40 Euro, also 43,20 Euro mehr.

Beispiel Parken: Bis zum vergangenen Sommer hatte der Tagessatz in Cuxhaven für einen strandnahen Parkplatz in Duhnen, Döse oder Sahlenburg zehn Jahre lang bei vier Euro gelegen. Im vergangenen Jahr hat die Stadt ihn auf acht Euro verdoppelt. Eine Begründung für die Erhöhung waren die 19 Prozent Umsatzsteuer, die Kommunen mittlerweile auf Parkgebühren an das Finanzamt abführen müssen. Am Parkplatz Seedeich, der aufgrund seiner Lage gut für einen Tagesausflug geeignet ist, liegt die Gebühr sogar bei zehn Euro. Von hier ist es nicht weit zur Aussichtplattform Alte Liebe oder zur Fähre nach Helgoland.

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Werden Urlaube und Tagestrips in Deutschland zum Luxus? „Sagen wir mal so“, sagt Reisefachfrau Nadine Niron, „Sie können im Winter eine Wellness-Woche in Antalya im Fünf-Sterne-Hotel für 300 bis 400 Euro bekommen. Das bezahlen Sie um die Zeit im Harz für ein Wochenende.“

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