Immer am zweiten Sonntag im Januar wird beim „Gröpelinger Neujahr“ im Nachbarschaftshaus Helene Kaisen (Na‘) auf die kommenden zwölf Monate angestoßen: Das hat seit Jahrzehnten Tradition in Bremens ältestem Bürgerhaus, das 1951 gegründet wurde. „Wer die Zukunft gestalten will, der muss auch das Gegenwärtige in die Hand nehmen“, unterstrich dabei in seiner diesjährigen Begrüßungsrede Peter Sakuth, Vorsitzender des Trägervereins Nachbarschaftshaus Bremen, mit Blick auf die Kitas, Schulen und Sportanlagen im Stadtteil.
So kämen immer wieder Eltern in die Kindertageseinrichtung Na'kita, die - teils verzweifelt - nach Betreuungsplätzen fragten. Vor gut acht Wochen war an der Langen Reihe in Walle ein Mobilbau mit 40 Plätzen eingeweiht worden, der als Vorlauf für einen von Na'kita gemeinsam mit dem Turn- und Rasensportverein (Tura) an der Lissaer Straße geplanten Bewegungskindergarten dient.
„Mit diesem Projekt wollen wir wieder einen Teil dazu beitragen, dem Mangel an Kitaplätzen im Stadtteil zu begegnen und durch die Kooperation mit Tura den Kindern ein Bewegungsangebot zu unterbreiten“, sagte Sakuth. Schließlich gehöre Gröpelingen zu den Stadtteilen mit der jüngsten Altersstruktur und den meisten übergewichtigen Kindern. „Da ist dann ein Bewegungskindergarten ein guter Ansatz“, so Sakuth. Die Plätze seien auch schnell vergeben gewesen und der Bedarf ganz offensichtlich da – er habe allerdings den Eindruck, „dass uns bei der Maßnahme, die immerhin 100 Kindern Platz bieten soll, von verschiedenen Behörden Knüppel zwischen die Beine geschmissen werden.“ Im Stadtteil ist nämlich mittlerweile zu hören, dass es bis zur Eröffnung noch Jahre dauern könnte. Zum einen, weil offenbar eine bestimmte Krötenart auf dem Baugrundstück heimisch ist. Darüber hinaus läuft angeblich auch die Zusammenarbeit der beteiligten Ressorts nicht so glatt wie gewünscht.
Absage an überbordende Bürokratie
Anders als es sich Sakuth wohl gewünscht hatte, mochte sich der diesjährige Ehrengast beim Neujahrsempfang, Bremens Senatorin für Kinder und Bildung Claudia Bogedan (SPD), zu Details in dieser Sache allerdings nicht äußern. Motorik sei ebenso wichtig wie Lesen, Schreiben und Rechnen und eine wichtige Grundlage für die Bildungsarbeit, lobte sie stattdessen das Vorhaben: „Es ist wichtig, diese Bereiche früh miteinander zu verkoppeln.“
Von sperriger Bürokratie oder schlechter Zusammenarbeit der Ressorts könne sie nichts erkennen, so die Bildungssenatorin weiter. Sie verwies stattdessen auf die gute ressortübergreifende Zusammenarbeit in 2017, durch die innerhalb von nur acht Monaten an 27 Standorten in der Stadt neue Mobilbau-Kitas errichtet werden konnten: „Das hat vor einem Jahr keiner geglaubt, aber es ist uns gelungen.“ Auch für die Zukunft verströmte Bogedan Zuversicht: So sei es gelungen, in den nächsten Jahren mehr Mittel für Bildung zur Verfügung zu stellen und die politischen Entscheidungen für die Schaffung zusätzlicher Kitaplätze zu fällen. „Dieses Jahr entstehen hier in diesem Stadtteil die meisten neuen Gruppen in der Stadtgemeinde“, sagte sie.
Ihre Bestellliste ab 2020 – ab dann wird der Länderfinanzausgleich neu geregelt – sei groß, betonte Bogedan außerdem. Denn: „Wir haben wachsende Kinderzahlen in allen Altersgruppen.“ Dementsprechend müsse ihr Ressort jeden Monat 70 Kinder in Bremens Schulen integrieren: „Das sind fast drei Klassenverbände und es ist eine wahnsinnig große Herausforderung auf jeder Ebene. Räume und Fachkräfte werden knapp und es muss auch pädagogisch damit umgegangen werden.“
Dafür, dass alle Kinder die gleichen Chancen auf gute Bildung haben, will Bogedan auch weiterhin die Weichen stellen und sich für den Bremer Schulkonsens einsetzen, der dieses Jahr ausläuft. „Es ist gut, dass wir ihn haben. Wenn es nach mir geht, dann tragen wir das so in die Zukunft“, sagte sie. Denn mit dem Schulfrieden habe Bremen ein gutes stabiles Schulsystem und müsse keinen Streit darüber führen, ob das Abitur nach zwölf (G8) oder 13 Jahren (G9) erworben werde: Beides sei möglich.
Im Zusammenhang mit dem Campus Ohlenhof habe ihr kürzlich ein Oppositionspolitiker vorgeworfen, „wir würden Paläste für die Armen bauen“, schilderte die Bildungssenatorin und unterstrich dazu: „Genau! Die schönsten Bildungseinrichtungen brauchen wir dort, wo die Eltern vielleicht nicht so für ihre Kinder da sein können wie anderswo.“ Aus genau diesem Grund seien in diesem Jahr auch bewusst mehr Mittel für Gröpelingen, Bremen-Nord und Osterholz-Tenever vorgesehen und nicht für Schwachhausen oder die Östliche Vorstadt.
Aktuell entwickele sich in Gröpelingen ein zweiter Campus als „Bildungslandschaft, die wir hier unterstützen möchten“, sagte Bogedan weiter. Denn auch die Grundschule an der Humannstraße und die Neue Oberschule Gröpelingen (NOG) rückten zusammen, was hier in Zukunft den Übergang erleichtere. „Gut so“ – denn gerade dort, wo es in den Familien größere Unsicherheiten gebe, müsse das System drumherum besonders stabil sein, so die Senatorin.