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Blackout Was tun, wenn der Strom doch länger ausfällt?

Ein Blackout gilt als eher unwahrscheinlich, aber die Folgen eines länger als 24 Stunden andauernden, großflächigen Stromausfalls wären gewaltig: Wie können sich Haushalte vorbereiten?
17.09.2022, 05:00 Uhr
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Was tun, wenn der Strom doch länger ausfällt?
Von Timo Thalmann

Herbert Saurugg wählt drastische Worte, um die Folgen eines großflächigen Stromausfalls auszumalen. „Nach einer Woche sind zwei Drittel der Bevölkerung im Überlebenskampf“, sagt der Präsident der Gesellschaft für Krisenvorsorge in Österreich. Er stützt sein düsteres Szenario auf eine Umfrage im südlichen Nachbarland. Demnach haben nur rund 30 Prozent der Bevölkerung in Österreich genügend Vorräte, um wenigsten eine Woche ohne Einkäufe zu überstehen. „Das wird in Deutschland ähnlich aussehen.“

Saurugg warnt seit 2012 vor den Folgen eines sogenannten Blackouts und geht angesichts der aktuellen Entwicklungen von einem gestiegenen Risiko in diesem Winter aus. „In der Risikoethik gilt außerdem, dass man sich auch auf ein unwahrscheinlicheres Ereignis vorbereiten muss, wenn es im Eintrittsfall extreme Auswirkungen hat.“ In dieser Hinsicht sieht Saurugg die Gefahr von Stromausfällen als unterschätzt an. „Deren Folgen dauern länger als der eigentliche Stromausfall.“

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Saurugg warnt vor allem vor dem Zusammenbruch von Versorgungsketten. Ohne Strom fährt kein Zug, kein Flugzeuge wird starten, kein einziges Fahrzeug kann betankt werden, weil ohne Strom auch die Zapfsäulen an den Tankstellen nicht mehr laufen. Auch Wasserhähne und Heizungen versagen ihren Dienst. Die komplett ausgefallene Kommunikation verschärft die Lage. „Spätestens nach 24 Stunden sind die Folgen so groß, dass es selbst nach Wiederherstellung der Stromversorgung ein bis zwei Wochen dauern kann, bis wieder eine normale Versorgung denkbar wird.“

Das ist auch der Hintergrund für die Empfehlung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Krisenvorsorge (BBK) in Bonn, sich im eigenen Haushalt einen Lebensmittel-Notvorrat für zehn bis 14 Tage anzulegen plus sinnvoller Ergänzungen für eine stromlose Zeit wie etwa Campingkocher, Taschenlampe, Batterien und Kerzen.

Der Bremer Jan Reinhardt ist nicht nur selbst dementsprechend ausgestattet, er bietet auch Workshops und Kurse dazu an, wie man sich auf Notlagen vorbereitet. „Um es gleich vorweg zu sagen: Mit Überlebenstraining hat das nichts zu tun.“ Reinhardt will sich bewusst von der sogenannten Prepper-Szene distanzieren, die aus seiner Sicht übertriebene Untergangsszenarien beschreibt. Für den Ernstfall werden Bunker gebaut oder Waffen gehortet, um Saatgut-Vorräte und Wasseraufbereiter zu verteidigen.

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Für Reinhardt ist das völlig überdimensioniert. „Es geht bei vernünftiger Vorsorge darum, Zeit zu gewinnen und eine Mangelsituation zu überbrücken, um nicht sofort auf Hilfe von außen angewiesen zu sein, die wahrscheinlich Zeit braucht.“ Auch Saurugg sieht das so: Vorsorge brauche keine Spezialartikel, sondern meist nur etwas Überlegung und einen normalen Einkauf, sagt der Experte.

In Reinhardts Workshops stehen daher ganz praktische Fragen im Vordergrund: Was gehört in den Notvorrat? Was ist überflüssig? Wie und wo kann man die Sachen lagern, wenn die Wohnung klein ist? „Zum Beispiel lässt sich ein ungenutzter Koffer prima dafür verwenden. Er nimmt problemlos Lebensmittel, Kocher und Gaskartuschen für eine Person und eine Woche auf.“

Reinhardt empfiehlt auch, den Alltag in der Notlage zu testen. „Das kann eine Familie etwa an einem Sonnabend durchspielen, einen Tag ohne Strom zu überstehen.“ Nach seinen Erfahrungen ist das Mittagessen vom Campingkocher dabei noch die kleinste Hürde. „Wirklich kompliziert ist eigentlich das Trinkwasser.“ Den wenigsten Bürgern sei klar, dass ohne Strom keine Pumpe laufe und die Wasserhähne schnell ihren Dienst versagen. Die vom BBK empfohlene Vorratsmenge von einem halben Liter pro Tag und Person in Form von Wasserkisten decke eigentlich nur den Bedarf für Essen und Trinken. „Achten Sie mal darauf, wie oft Sie am Tag Hände waschen oder anderweitig Wasser verbrauchen. Das ist tatsächlich eine Herausforderung.“

Anders als die Lebensmittelversorgung ist das Trinkwasser bei einem Stromausfall qua Gesetz weiterhin Sache des örtlichen Versorgungsunternehmens. Die SWB hat eine Notversorgung aus 143 Einzelbrunnen vorbereitet. Sie sind nicht mit dem Trinkwassernetz verbunden. Das Wasser kann ohne Strom über Motor- oder Handpumpen gefördert werden. Die Kapazität der Notbrunnen soll für einen Zeitraum von zwei Wochen 15 Liter je Bremer Einwohner pro Tag sichern. Weil es ein paar Tage dauern kann, bis dieses Wasser im Ernstfall zum Beispiel per Tankwagen in den Wohnquartieren angekommen ist, schadet der eigene kleine Vorrat trotzdem nicht.

Damit ein Tankwagen fahren kann, braucht er Treibstoff, und das ist bei der für den Katastrophenschutz in Bremen zuständigen Innenbehörde derzeit noch ein ungelöstes Problem. Aktuell ist offenbar keine Tankstelle in Bremen ohne Strom aus dem öffentlichen Netz arbeitsfähig. „Es wird gerade mit Nachdruck ein Notstromkonzept für Tankstellen erstellt“, sagt Karen Stroink, Sprecherin der Innenbehörde – auch mit Blick auf die Einsatzfähigkeit von Polizei, Rettungsfahrzeugen und Feuerwehr.

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