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Aktion „Bitte Weg frei!“ macht auf Probleme aufmerksam / Passanten testen mit weißem Stock das System für Sehbehinderte Blinde verärgert über Hindernisse auf Leitstreifen

Bremen. Wenn Jürgen Karbe mit seinem Blindenstock auf den Hauptbahnhof zugeht und sich dabei auf die Leitstreifen im Boden verlässt, stößt er des öfteren gegen ein Fahrrad. Und auf den Bahnsteigen im Bahnhof stehen mitunter Koffer auf den weißen, gerippten Platten, die ihm den Weg weisen sollen.
16.10.2014, 00:00 Uhr
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Von Karina Skwirblies

Wenn Jürgen Karbe mit seinem Blindenstock auf den Hauptbahnhof zugeht und sich dabei auf die Leitstreifen im Boden verlässt, stößt er des öfteren gegen ein Fahrrad. Und auf den Bahnsteigen im Bahnhof stehen mitunter Koffer auf den weißen, gerippten Platten, die ihm den Weg weisen sollen. „Es ist keine böse Absicht“, sagt der blinde Bremer. „Die Leute wissen es nicht.“ Damit die Bedeutung des Blindenleitsystems in der Stadt bekannter wird, hat der Blinden- und Sehbehindertenverein Bremen am Mittwoch die Aktion „Bitte Weg frei!“ veranstaltet.

Rund 15 blinde und sehbehinderte Menschen fanden sich dazu vor dem Hauptbahnhof ein. Anlass war der 50. Tag des weißen Stockes, der an 14 bundesweiten Bahnhöfen mit Aktionen gewürdigt wurde. Viele hatten einen weißen Stock bei sich, und diesen sollten die Passanten testen. Der Blinden- und Sehbehindertenverein lud sehende Menschen ein, sich mit einer Augenbinde und einem Langstock in die Situation eines Blinden zu versetzen.

Der neunjährige Jonathan Schnackenburg war einer derjenigen, die den Umgang mit einem Blindenstock wagten. „Es war schwer“, kommentierte er nach dem Selbstversuch. „Ich habe es nicht ganz geschafft, die Rillen im Leitstreifen zu treffen. Aber wenn man merkt, dass etwas Glattes kommt, weiß man, dass man falsch ist.“

Dass es nicht einfach ist mit der Orientierung, weiß auch Renate Scheller-Stöber, Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenvereins Bremen. Wie viele Menschen in der Stadt einen Blindenstock benutzen, kann sie nicht sagen. Nicht jeder habe den Mut, sich mit dessen Hilfe zu bewegen. „Viele Menschen erblinden erst im Alter. Die haben dann nicht mehr die Traute, einen Blindenstock zu benutzen.“

Marion Kohlheim, seit ihrer Kindheit blind, fordert weitere Leitstreifen in Bremen. „Am Hauptbahnhof könnten mehr sein, und auf der Strecke von den Bushaltestellen zu den Ampeln.“ Sie hat im Bahnhof gute und schlechte Erfahrungen mit dem Blinden-Leitsystem gemacht: „Manche Leute sind stur, bleiben auf den Leitlinien stehen oder lassen ihre Koffer dort. Sie sagen, ich solle außen herum gehen. Aber dann kann ich ins Gleisbett stürzen. Manche haben Verständnis und gehen beiseite.“ Marion Kohlheim möchte ihre Selbstständigkeit bewahren. „Ich bewege mich überwiegend selbstständig durch Bremen. Dabei erleichtern mir der Blindenstock und die Leitstreifen die Orientierung.“

Die Blindenleitstreifen sind in den Boden eingelassene weiße Platten mit Noppen oder Rippen. Sie zeigen Sehbehinderten und Blinden eine sichere Strecke an. „Manche halten sie für ein Motiv“, vermutete Marion Kohlheim. „Aber die Leitstreifen müssen immer frei bleiben.“

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