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Ernennung zur Fair-Trade-Stadt Brake handelt fair

Die Kreisstadt der Wesermarsch ist jetzt eine Fair-Trade-Stadt. Die Auszeichnung wurde Brake in der vergangenen Woche offiziell verliehen. Im Central-Theater wurde das gefeiert.
17.12.2015, 00:00 Uhr
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Von Bettina Dogs

Die Kreisstadt der Wesermarsch ist jetzt eine Fair-Trade-Stadt. Die Auszeichnung wurde Brake in der vergangenen Woche offiziell verliehen. Im Central-Theater wurde das gefeiert.

Saarbrücken war die erste Stadt im Jahr 2009. Seitdem werden es immer mehr, jedes Jahr mit steigender Tendenz. 389 werden es Ende dieses Jahres sein, und die Stadt Brake ist der jüngste Neuzugang. Seit vergangener Woche ist es offiziell. Die Auszeichnung ist im Central-Theater gefeiert worden, die eigentliche Arbeit aber fängt jetzt erst an. „Die Zertifizierung war nur ein Zwischenziel“, resümiert Tina Wulf, Geschäftsführerin der Touristinfo, die das Projekt federführend in die Wege geleitet hat. Jetzt gilt es, die erforderlichen Kriterien konsequent umzusetzen.

Mit dem Titel Fair-Trade-Stadt verpflichtet sich die Kommune, in den kommenden zwei Jahren den Gedanken fair gehandelter Produkte auf kommunaler Ebene umzusetzen. Konkret heißt das: Im Rathaus werden nur noch Kaffee, Tee und Saft mit einem Fair-Trade-Gütesiegel ausgeschenkt, in den Supermärkten muss ein Teil der Waren fair gehandelt sein, und auch die Restaurants und Cafés verpflichten sich, entsprechende Gerichte bereitzuhalten.

„Fair-Trade-Städte sind das Ergebnis einer erfolgreichen Vernetzung von Personen aus der Zivilgesellschaft sowie der Politik und der Verwaltung, die sich vor Ort für den fairen Handel starkmachen“, sagte Bürgermeister Michael Kurz bei seiner Ansprache während der Feierstunde. In Deutschland wachse zunehmend das Bewusstsein für gerechte Produktionsbedingungen sowie soziale und umweltschonende Herstellungs- und Handelsstrukturen. Dieser Verantwortung sei man sich auch in Brake bewusst.

Und damit will die Seehafenstadt künftig punkten. „Vor drei Jahren haben wir uns gefragt, wo sich Brake hin entwickeln kann“, schildert Tina Wulf. Zu diesem Zeitpunkt sei die Stadt schon gut bestückt gewesen mit Anbietern regionaler Produkte. „Und so sind wir auf Fair Trade gestoßen.“ Drei Jahre hat es dann aber noch gedauert, bis der Antrag auf Fair-Trade-Zertifizierung schließlich abgeschickt werden konnte. „Dabei war der Aufwand, die geforderten Kriterien in Brake umzusetzen, relativ gering“, so Wulf. Die vorgeschriebene Quote von fair gehandelten Produkten in Supermärkten sei durch verschiedene Discounter und Lebensmittelketten bereits erfüllt gewesen, und auch im Rathaus stieß man auf offene Ohren, was den Umstieg von handelsüblichem auf fairen Kaffee anging.

Schulen, Kirchen, Vereine: Wulf holte die die unterschiedlichen Institutionen an einen Tisch und ebnete den Weg für die Auszeichnung. „Das Aufwendigste war, die erforderlichen Unterschriften der großen Einzelhändler zu bekommen“, sagt Wulf. „Das war eine echte Fisselarbeit.“ Als die Unterschriften schließlich alle auf dem Tisch lagen, ging es Schlag auf Schlag. „Sechs Wochen nach Einreichen unseres Antrags kam die Zusage.“ Ausgesprochen vom Prüfungskomitee der „Fair-Trade-Towns“-Kampagne.

Mit der Auszeichnung in der vergangenen Woche liegt nun viel Arbeit vor der Steuerungsgruppe, die in den vergangenen drei Jahren bereits emsig im Hintergrund gewirkt hat. In den kommenden zwei Jahren muss die Stadt Brake beweisen, dass sie den Gedanken des fairen Handels tatsächlich lebt und umsetzt. Unter anderem müssen viermal pro Jahr Aktionen und Veranstaltungen organisiert werden, die der örtliche Presse eine Berichterstattung wert ist.

Im Zuge dessen hat die Grundschule Golzwarden schon einmal zugesagt, jedes Quartal ein gesundes Frühstück mit Fair-Trade-Produkten anzubieten. Dazu soll es Ende Mai einen verkaufsoffenen Sonntag mit Schwerpunkt „Fair Trade“ geben. Und auf dem Schneeflöckchenmarkt, der am Donnerstag, 17. Dezember, beginnt, kann am Stand des Eine-Welt-Ladens fair produzierter Glühwein probiert werden.

Durch die Zertifizierung erhofft sich Wulf nicht nur ein Umdenken der Braker im Umgang mit ihren Nahrungsmitteln, sondern auch mehr Ansehen für die Stadt. „Für viele gehört der faire Handel wie selbstverständlich zum Alltag. Wenn man erst mal Fair Trade im Blick hat, überprüft man das eigene Konsumverhalten“, meint sie. Und werde auch für Touristen attraktiver. „Der internationale Gedanke des Zertifizierungssystems passt zu uns, weil Brake durch seinen Hafen mit der ganzen Welt verbunden ist.“

Tina Wulf selbst sei überrascht gewesen, wie groß die Produktpalette aus dem fairen Handel ist. „In der Regel denkt man immer an Kaffee, Tee und Kakao“, sagt sie. „Man kann aber sogar Fair-Trade-Geschenkpapier bekommen.“ Automatisch teurer seien die Produkte nicht. „Inzwischen bieten ja auch die Discounter etliche Produkte aus Fair Trade an.“ Brake wird nicht die letzte Stadt sein, die sich offiziell gegen Ausbeutung von Kindern, Bauern und Produzenten ausspricht. Am Freitag, 18. Dezember, wird Stuttgart-Mühlhausen offiziell in die Liste der Fair-Trade-Städte aufgenommen.

Vier Kriterien müssen Fair-Trade-Städe erfüllen

Um als Fair-Trade-Stadt anerkannt zu werden, ist erst einmal die Zustimmung des Rates erforderlich. Damit verpflichtet er sich auch, in Sitzungen und Ausschüssen nur noch fair gehandelten Kaffee und Saft auszuschenken. Außerdem muss eine Steuerungsgruppe gegründet werden, die die verschiedenen Aktivitäten vor Ort koordiniert. Ihr müssen Vertreter aus Politik und Verwaltung, dem Einzelhandel und der Gastronomie sowie der Bevölkerung angehören. Je nach Größe der Stadt muss sich dann eine bestimmte Zahl von Einzelhändlern und Gastronomen bereit erklären, Fair-Trade-Produkte anzubieten. In Brake waren das vier Einzelhändler und zwei Gastronomen – eine Anzahl, die problemlos erreicht werden konnte. Viertes Kriterium ist die Veranstaltung von Bildungsaktivitäten rund um das Thema Fair Trade durch öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Kirchen und Vereine. Bei einer Einwohnerzahl von unter 200 000 müssen jeweils eine Kirche, eine Schule und ein Verein einmal im Jahr eine Aktion durchführen. Das auch schon auf dem Weg der Zertifizierung. Am besten so, dass auch die Medien darüber berichten.

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