„Wir wollen zeigen, wie sich Beiräte und Träger positionieren“, hat Daniel de Olano (SPD) vom Controllingausschuss der Beiräte Mitte und Östliche Vorstadt auf der gemeinsamen Sitzung im Lagerhaus gesagt. Zusammen mit den sieben Trägern der offenen Jugendarbeit aus den beiden Stadtteilen wollten die Stadtteilpolitiker noch einmal auf die prekäre Finanzsituation dieser Einrichtungen hinweisen. Holger Lauster von der Friese, Henrik Sorgalla vom Bund Deutscher Pfadfinder (BDP), Jana Seemann vom Jugendhaus Buchtstraße, Rolf Hundack vom Sielwallhaus und Ulli Barde vom Sportgarten und andere Träger schilderten die Lage.
Qualifizierte Jugendarbeit kostet Geld. Dabei geht es gar nicht mal um immense Summen, doch selbst ein bescheidener Bedarf kann aus dem Budget nicht ausreichend gedeckt werden. Für 2018 klaffe zwischen den von den Trägern beantragten rund 664.600 Euro und den ihnen zur Verfügung stehenden 448.000 Euro eine Deckungslücke von rund 216.600 Euro, bemängelten die Beiräte. Die finanzielle Lage der Träger sei inzwischen bedrohlich. „Bereits in diesem Jahr scheinen Angebotseinschränkungen unvermeidlich, für die Zukunft dürfte die Existenz einzelner Träger in Gefahr sein“, heißt es in einem Beschlussvorschlag der beiden Beiräte.
Wie sich die Geldprobleme auswirken und wie die Träger dennoch versuchen, kompetente Jugendarbeit anzubieten, davon berichteten Vertreterinnen und Vertreter des Jugendhauses Buchte, des Bundes Deutscher Pfadfinder (BDP) als Träger des Hauses am Hulsberg und des Mädchenkulturhauses Heinrichstraße im Ostertor, des Jugendzentrums Friesenstraße (Friese), des Sielwallhauses, des Sportgartens und der Gemeinde St.-Michaelis-St.-Stephani. Sie zeichneten ein vielfältiges Bild ihrer Arbeit, betonten aber auch, dass das knappe Budget das Angebot mitunter stark einschränkt. Im Jugendzentrum Friesenstraße etwa basiere die Arbeit hauptsächlich auf Ehrenamtlichkeit, sagte Holger Lauster. Der Schwerpunkt liege auf Medienarbeit und Jugendmusikprojekten, es gebe eine offene Tür, das Angebot sei niedrigschwellig. „Wir würden uns eine höhere Personalausstattung wünschen.“
Budget geht für Personal drauf
Auch das Jugendhaus Buchte der Naturfreunde betreibt sein Angebot überwiegend über Ehrenamtliche und Honorarkräfte. Zusammen mit drei Profis, die sich zwei 30-Stundenstellen teilen, veranstalten sie Bildungsreisen und organisieren Jugendkulturarbeit und die Jugendleiterausbildungen. Außerdem hat die Buchte eine offene Tür und eine Beratung für Geflüchtete. Ähnliche Schwerpunkte setzt der BDP, der Fahrten anbietet, Bildungsarbeit leistet und mit Flüchtlingen arbeitet. Dafür reichten die 11.000 Euro Förderung nicht aus, sagt Henrik Sorgalla. „Wir haben keine Angebote oder Stellen, die wir streichen könnten. Schwierig wird es dann, bestimmte Gruppen zu erreichen, wenn ein hoher Teilnahmebeitrag erhoben werden muss.“
Und auch das Mädchenkulturhaus hat große Probleme, mit dem Budget auszukommen: „Zwei Drittel der Personalstellen und ein Teil der Betriebskosten können aus der Stadtteilförderung finanziert werden, alles andere geht über Teilnahmebeiträge oder Drittmittel“, sagte Henrik Sorgalla. Ein Problem sei auch, dass Kostensteigerungen beim Personal und Inflationssteigerungen bei Wasser und Strom durch das Streichen von Angeboten kompensiert werden müssten. „Wir versuchen dann, durch Vermietungen zu reagieren, doch dann steht das Haus für Jugendarbeit nicht zur Verfügung.“ Notwendige Sanierungsarbeiten, wie sie im Mietvertrag festgeschrieben seien, können angesichts der dünnen Finanzdecke nicht in Auftrag gegeben werden.
Großer Bedarf
Darüber klagt auch Rolf Hundack als Vertreter des Sielwallhauses: Dort wird die Jugendarbeit vollständig durch Ehrenamtliche sichergestellt, für die Arbeit gibt es 10.000 bis 12.000 Euro pro Jahr an Fördergeldern und einen Mietzuschuss von 3200 Euro. „Das Haus hat einen hohen Sanierungsbedarf. Immobilien Bremen beziffert die Kosten der Sanierung auf 80.000 bis 90.000 Euro, aber eher noch höher“, sagt Hundack. „Die Gelder, die wir verwalten, sind aber nicht für Sanierung vorgesehen, doch im Mietvertrag steht die Pflicht der Instandhaltung.“
Ulli Barde vom Sportgarten, der die Anlage in der Pauliner Marsch und die Skatehalle im Postamt 5 am Hauptbahnhof betreibt, rechnete vor: 90 Prozent des Budgets wird für Personalkosten gebraucht, dabei ist auch die Instandhaltung der Anlagen teuer.
Holger Ilgner (SPD) vom Controllingausschuss, der für den erkrankten Vertreter der Gemeinde St.-Michaelis-St.-Stephani sprach, betonte die Bedeutung der Einrichtung für die Bahnhofsvorstadt: „Es gibt für die Jugendlichen dort sonst keine Angebote, und es herrscht dort ein großer Bedarf an sozialpädagogischen Angeboten.“ Zusätzlich zum bereits vorhandenen Spielplatz solle daher das Angebot für Kinder und Jugendliche weiterentwickelt werden. 54.000 Euro habe die Kirchengemeinde für ihre Arbeit beantragt, 29.000 Euro seien ihr zugesprochen worden.
"Unbefriedigend"
Siegfried Essmann, der Leiter des Sozialzentrums Mitte/Östliche Vorstadt/Findorff, kam in der anschließenden Diskussion als Vertreter der Sozialbehörde zu Wort. „Wir finden die Angebote seit Jahren gut“, sagte er. Die Stadtteile bekämen jedoch nach einem festen Schlüssel Geld, und da die Stadtteile Mitte und Östliche Vorstadt nicht als sozial benachteiligt gelten, gebe es hier keine Zuschüsse. „Für den Zeitraum 2018 bis 2019 hat die Senatorin 700.000 Euro beantragt und 448.000 Euro bekommen: Das sind die Rahmenbedingungen. Und das ist unbefriedigend. Wir können es aber finanziell nicht umsetzen“, sagte er. „Es ist aber sinnvoll, dort immer wieder hinzuschauen.“
Das weiß auch Daniel de Olano. „Jedes Jahr beschäftigen wir uns mit der Budgetierung. Die Stadt muss akzeptieren, dass es in der Stadtmitte einige Angebote gibt, wo die Bezuschussung nicht reicht. Die Arbeit ist wichtig für die Kinder und Jugendlichen.“
Und auch Holger Ilgner kann aus Erfahrung sprechen: „Seit zehn Jahren bin ich im Controllingausschuss, seitdem reden wir darüber“, sagte er. „Das ist ein Brett, das weiter gebohrt werden muss. Und wir als Beirat bohren das Brett weiter, es ist unsere Aufgabe, das Thema weiter zu begleiten.“
Prioritäten setzen
Das meint auch Anke Meyer (Linke): „Eigentlich sollten alle Einrichtungen das Geld bekommen, das sie brauchen. Das ist billiger, als dass die Jugendlichen später auf die schiefe Bahn geraten und kriminell werden.“ Rainer Ballnus (SPD) sieht in der Misere das Sozialressort in der Verantwortung: „Das hat was mit Prioritätensetzung zu tun.“
Für Michael Rüppel (Grüne) steht fest: „Das darf nicht sein, dass die Jugendlichen merken, dass da nur noch Mangelverwaltung herrscht. Wir müssen unsere Träger erst einmal wieder so ausstatten, dass sie das leisten können, was wir von ihnen erwarten.“
Im einstimmigen Beschluss danken die Beiräte den Trägern der offenen Jugendarbeit für die langjährige Arbeit in den beiden Stadtteilen. Die vorgestellten Angebote der offenen Jugendarbeit seien wichtig für die Förderung des sozialen Zusammenhaltes in den Stadtteilen und notwendig, um den Jugendlichen ein qualifiziertes Angebot für Freizeitgestaltung und soziales und gesellschaftliches Lernen zu machen. „Die Beiräte Mitte und Östliche Vorstadt stimmen dem Budgetvorschlag des Sozialzentrums erneut nicht zu und fordern eine nennenswerte Erhöhung des Stadtteilbudgets für offene Jugendarbeit, die die gestiegenen Kosten berücksichtigt und den Trägern eine zukünftige Perspektive eröffnet.“