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Herbert C. Ordemann: Ein Vertreter der alten Schule Alt-Verleger des WESER-KURIER gestorben

Der langjährige Leiter Finanzen, Prokurist, Geschäftsführer, dann seit 1981 Vorstandsvorsitzender, Aufsichtsratsvorsitzender und Alt-Verleger des WESER-KURIER, Herbert C. Ordemann, ist gestorben.
28.08.2018, 20:18 Uhr
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Von Christian Wagner

Der langjährige Leiter Finanzen, Prokurist, Geschäftsführer, dann seit 1981 Vorstandsvorsitzender, Aufsichtsratsvorsitzender und Alt-Verleger des WESER-KURIER, Herbert C. Ordemann, ist am 23. August gestorben. „HCO“, wie er im Hause kürzelte, war ein Mann, der im Ton und Umgang sehr charmant, in der Sache aber ebenso durchsetzungsstark die Bremer Tageszeitungen AG als Herausgeberin von WESER-KURIER, Bremer Nachrichten und Verdener Nachrichten sowie des KURIER am SONNTAG, über vier Jahrzehnte lang bis zum Juni 2007 prägte wie kaum ein anderer.

Der Sohn eines Kapitäns, geboren am 23. Dezember 1926, trat 1967 in die damalige Weser-Kurier GmbH als Leiter der Finanzen ein. Schon ein Jahr später erhielt er Prokura, 1976 wurde er Geschäftsführer. Er kam in einen Verlag, der große Veränderungen vor sich hatte. Die „graue Eminenz“, Verleger Hermann Rudolf Meyer, packte mit dem damaligen Führungsteam engagiert zu und legte den weiteren Grundstein für einen Erfolg, den Ordemann dann zielstrebig ausbaute: Der Anfang der 70er-Jahre einsetzende Umsiedlungsprozess von Bremen in das niedersächsische Umland führte zu einem WESER-KURIER, der seine Bestimmung als Regionalzeitung mit der Gründung, Übernahme oder Beteiligung von zum Schluss acht Regionalzeitungen fand.

Die Redaktion wuchs wegen der neuen Aufgaben erheblich. Neue Leute mussten damals im Respekt heischenden Ambiente des Vorstands-Sitzungsraums an einem sehr großen Tisch Platz nehmen – in Erwartung des Verlegers. Der nahm dann am Kopfende Platz, zündete sich oft erst einmal eine gute Zigarre an und examinierte dann den Kandidaten. So wie es der Autor dieser Zeilen erlebte, berichteten auch andere von dem besonderen Verlauf solcher Gespräche, die in vielen Fällen nach Klärung der Faktenlage eher väterlich, freundlich, ja unter Umständen auch unterhaltsam enden konnten. Da wurde dann auch schon mal nach einer harten Betriebsratsverhandlung über die rückenschonende Vorrichtung zum Verladen der Fahrräder geklönt, die „HCO“ nur empfehlen konnte.

1982 berief Ordemann zum Chefredakteur der Bremer Nachrichten Dietrich Ide zusammen mit dem später gut zwei Jahrzehnte als WESER-KURIER-Chefredakteur amtierenden Volker Weise. Die Bremer Nachrichten erschienen inzwischen unter dem Dach der Bremer Tageszeitungen AG. Später, erinnerte sich Ide, hätte der Verleger ihnen beiden auf journalistischer Ebene weitgehend freie Hand gelassen, aber ihnen ausgangs auch mit auf den Weg gegeben, dass „alles was Geld koste, ihm zur Genehmigung vorgelegt werden müsse“. Im folgenden Jahr brachte der Verlag dann mit dem KURIER am SONNTAG eine gemeinsame Sonntagszeitung für die drei Haupttitel heraus.

Die journalistische Freiheit der Redaktion war Ordemann sehr wichtig und so gerne er plauderte: Wenn diese angegriffen wurde, dann konnte er auch sehr kurz und klar werden. So beschied er einem Bürgermeister aus dem Norden auf die Forderung nach Abberufung eines Redakteurs in knappen drei Zeilen, „dass Personalentscheidungen immer noch von ihm im Pressehaus getroffen würden“. Und Personalentscheidungen folgten auch unerwarteten Kriterien: Eine Kollegin erhielt Ihren Übernahmevertrag nach dem Volontariat in eine Regionalredaktion mit der Begründung, dort werde sie die erste Frau an Bord sein.

Das redaktionelle Programm wurde kontinuierlich ausgebaut, um Themen wie Häfen, Auto und Verkehr, Jugend, Natur und Technik, Medizin oder Reise und Erholung sowie Verbraucherseiten. Anfang der 80er-Jahre, Ordemann fungierte in gewisser Weise auch als erster EDV-Chef des Verlages, begann der erste Schritt der Digitalisierung in der Produktion: Die Großrechner-Kapazitäten wurden anfangs noch mit einer Bremer Brauerei auf der anderen Weser-Seite geteilt. Das bedeutete teils harte Veränderungen der Arbeitsorganisation im Unternehmen, in denen sich die Durchsetzungskraft von Ordemann zeigte. 1987 wurde im Druckhaus auf das moderne Rollenoffset-Verfahren umgestellt, das eine bessere Druckqualität mit farbigen Bildern ermöglichte. Zu diesem Zeitpunkt beschäftige der Verlag 138 Redakteure sowie im kaufmännischen und technischen Bereich 828 Mitarbeiter sowie 2474 Zeitungszusteller. Während sich durch die technischen Entwicklungen die Zahl der nicht redaktionellen Mitarbeiter in seiner Ägide drastisch reduzierte, wuchs die Redaktion auf fast mehr als 155 Vollarbeitsplätze – eine Größe, die heute noch eine Kennzahl der Redaktionen in der WESER-KURIER Mediengruppe ist.

Herbert C. Ordemann, der 1985 auch Schaffer wurde, privat gerne fotografierte, engagierte sich in seinem publizistischen Wirken stets gegen Faschismus und erneut aufkeimende Rechts-Tendenzen in der Gesellschaft. Dazu nutzte er auch seine sparsam dosierten öffentlichen Auftritte, wie zum Beispiel 2005 als Zeitzeuge vor Lehrern und Eltern. Es sei schaurig, wie Hitlers Schergen die Menschen manipuliert hätten und er als Schüler zum Fähnchenschwenken statt Unterricht abkommandiert wurde. In dem Jahr beendete er ein Editorial als bald 80-Jähriger damals mit seiner Vorstellung des publizistischen Auftrags: „Im Übrigen wird der WESER-KURIER als unabhängige und überparteiliche Tageszeitung Sie in der gewohnten und zuverlässigen Weise mit Informationen versorgen. Modern, aber mit Bewusstsein für Tradition. Unterhaltsam, aber mit dem Bekenntnis zur Seriosität. Forsch, aber mit Augenmaß“.

++ Im letzten Absatz haben wir eine mögliche Fehlinterpretation des Originaltextes angepasst. ++

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